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Die Drillinge sind da!

Bad Vilbeler Bürger besprechen Möglichkeiten, wie man den Flüchtlingen in der Quellenstadt am allerbesten bei deren Integration helfen kann. Foto: Brings
Bad Vilbeler Bürger besprechen Möglichkeiten, wie man den Flüchtlingen in der Quellenstadt am allerbesten bei deren Integration helfen kann. Foto: Brings

Als Susanne Förster, Leiterin der städtischen Koordinierungsstelle für Flüchtlinge, nach einem anstrengenden Arbeitsalltag am Nachmittag ins Flüchtlingscafé im Vilbeler Haus der Begegnung kommt, hat sie zwei Gründe zum Strahlen: Zum einen ist das HdB-Bistro mit rund 40 Gästen gut besucht, zum anderen kann sie frohe Kunde verbreiten – „die Drillinge sind da“.

Bad Vilbel. Über drei gesunde Knaben freut sich seit dem vergangenen Wochenende das junge Paar aus Äthiopien, das seit einigen Monaten in Vilbel lebt und für das im Vorfeld schon eifrig Baby-Ausstattung gesammelt wurde.

Zum Verschnaufen bleibt den städtischen Verantwortlichen und den vielen ehrenamtlichen Betreuern allerdings wenig Zeit: 93 Flüchtlinge leben derzeit in der Quellenstadt, mehr als 70 sollen noch in diesem Quartal kommen. Wo unterbringen? „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, so Förster, zumal Bad Vilbel in den nächsten Quartalen erneut mit Zuweisungen rechnen muss. Die Erstaufnahme-Standorte in Gießen haben mit derzeit 4400 Flüchtlingen ihre Kapazitätsgrenzen schon überschritten, rund 300 Menschen sind dort schon in Zelten untergebracht.

Im Bistro sind derweil die Tische besetzt: Die Stimmung ist gut, bei Kaffee und Kuchen kommen sich Einheimische und die Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea und Afghanistan schnell näher, auch wenn die Kommunikation noch begrenzt ist, denn die Sprach-Kenntnisse der Neuankömmlinge sind meist noch bescheiden. Als Dolmetscher hat sich seit Monaten der in Dortelweil lebende Musiker und DJ Mohamed Birgani aus dem Sudan bewährt, der auch die arabische Sprache beherrscht und von einem Tisch zum anderen wechselt, um zu übersetzen.

Das Engagement der Vilbeler ist groß: Roswitha Theiß beispielsweise kümmert sich am Tisch um Nahid Hashemi aus Afghanistan, die nur einen afghanischen Farsi-Dialekt spricht, Ingrid Diemel um Dona Mohamad und ihre Tochter Dayana aus Syrien, die seit drei Monaten mit Ehemann und zwei Brüdern in Bad Vilbel leben. Vor allem bei der 19jährigen Dayana zeigen sich die Erfolge des von ehrenamtlichen Lehrern im Alten Rathaus angebotenen Sprachunterrichts schon recht deutlich.

Einen anderen Weg, um den Flüchtlingen die deutsche Sprache näher zu bringen, demonstriert eindrucksvoll Peter Basfeld. Der Eurythmie-Lehrer schafft es, dass sich nach einigem Zögern ein Dutzend der Besucher auf die Bewegungskunst einlassen. Mit Arm- und Bein-Bewegungen sowie Gebärden lassen sich Worte und Stimmungen deutlich machen. „Man bekommt ein Gefühl für die Sprache“. Basfeld will die in der Anthroposophie gepflegte Lehre bei Bedarf auch in einem größeren Rahmen in Bad Vilbel anbieten.

Juristische Fragen

Wichtig sind auch die juristischen Fragen, die an den Tischen besprochen werden: Nicht selten werden Flüchtlinge beispielsweise mit überteuerten Handy-Verträgen über den Tisch gezogen, weiß die Vilbeler Rechtsanwältin Annette Schlenke. Zwar gelinge manchmal gegen Schadenersatz eine Stornierung, „aber meist holen sich die Gläubiger einen Titel und wollen die Vollstreckung“. Oder sie beauftragten eine Inkassofirma. Deshalb mahnt die Juristin die Flüchtlinge, aber auch alle anderen Verbraucher, nie an Ort und Stelle etwas zu unterscheiben, sondern sich die Verträge mitzunehmen und gegebenenfalls Rat einzuholen.

Beim Thema Beschäftigung für die Flüchtlinge ist man seit dem letzten Runden Tisch noch nicht weiter gekommen, sagt Pastor Clemens Breest, der Susanne Förster unterstützt. Vor allem viele männliche Flüchtlinge haben aber durch den Sport Anschluss gefunden: Christoph Schlenke beispielsweise lädt mit Freunden wöchentlich zum Fußballspielen, das werde bislang von zehn Flüchtlingen „gerne angenommen“.

Womöglich ist für einen Vilbeler Verein sogar eine attraktive Verstärkung in Sicht: Der 22jährige Syrer Mohamed Koreya sucht verzweifelt einen Fußballclub, um zu trainieren und, wenn möglich, auch regelmäßig zu spielen. Immerhin sei er in Syrien in der dortigen Zweiten Liga erfolgreich gewesen, berichtet der 22jährige stolz.

Bis Ende Juli stehen schon zehn weitere Termine für das Flüchtlingscafé fest: Der nächste ist am Montag, den 9. März, wieder vom 15.00 bis 17.00 Uhr im Vilbeler Haus der Begegnung (HdB), Marktplatz 2.