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Die Wunde Kurhaus

Debatte ums „Volkshaus“ – Mit Hessentag die Riesenchance vergeigt

In Bad Vilbels Kurhaus ist immer was los. Nun wird sich am denkmalgeschützten Gebäude alsbald etwas tun. Eine Sanierung wird angepeilt. Foto: Deul
In Bad Vilbels Kurhaus ist immer was los. Nun wird sich am denkmalgeschützten Gebäude alsbald etwas tun. Eine Sanierung wird angepeilt. Foto: Deul

Noch laufen die Umbauarbeiten für das Bürgerbüro im Kurhaus, doch die eigentliche Frage ist seit 2012 weiter offen. Damals sollte mit den Geldern für den Hessentag auch das ehemalige Volkshaus zur 800-Plätze-Stadthalle ausgebaut werden. Inzwischen ruht die Debatte. Nur eine kühne Idee ist vom Tisch, die Entwidmung vom Denkmalschutz und der Komplett-Umbau.

Bad Vilbel. Es hätte alles so schön sein können: Mit der später geplatzten Bewerbung für den Hessentag 2015 wollte die Stadt auch ein lange anstehendes Problem lösen, die Kurhaus-Sanierung. Das 1927/28 als Volkshaus errichtete Gebäude wurde damals von dem örtlichen Arbeiterverein nahe stehenden Bürgern errichtet, sollte aber eine Begegnungsstätte für alle werden. Bereits 1985 erarbeitete die Stadt Pläne, das Gebäude wieder zum „Schmuckstück“ werden zu lassen, das es, so damals Ehrenstadtrat Helmut Lehr (SPD), noch bis in die 60er Jahre gewesen sei.

Endlich barrierefrei

Heute beklagt Lehr, er habe seit einem Jahr darum gebeten, dass die Stadt wenigstens die Fassade anstreiche, „aber es ist noch nichts passiert.“ Dafür sei zwischenzeitlich für acht Millionen Euro ein neues Rathaus gekauft worden. In diesem Zusammenhang wird das ehemalige Restaurant zum Bürgerbüro umgebaut. Bis 2008 war dort das Restaurant „Tafelfreuden“ untergebracht, das vom Gesundheitsamt nach einem Gammelfleischskandal geschlossen wurde.

In Abstimmung mit dem Denkmalschutz soll es dort erstmals auch einen barrierefreien Zugang geben, so Bauamtsleiter Erik Schächer. Bislang experimentierte man bei Veranstaltungen im Kurhaus unter anderem mit einer einer Sackkarre ähnlichen Steighilfe für Rollstühle. Der Zugang soll über die Terrasse an der Niddaseite erfolgen. Auch die Fassade solle instandgesetzt werden, „aber wir leisten uns nicht die große Kurhaus-Sanierung, die irgendwann ansteht“, so Schächer.

Er erteilt Überlegungen eine klare Absage, wonach es günstiger würde, wenn man das Kurhaus aus dem Denkmalschutz herauslösen und komplett neu planen könnte. Schon bei den Überlegungen im Zusammenhang mit dem Hessentag war eine Entkernung im Gespräch, um die Gebäudefläche besser nutzen zu können. „Das Kurhaus steht vollkommen zu Recht unter Denkmalschutz“, betont Schächer. Es sei „eines der wenigen Bauwerke Bad Vilbels, das über eine dörfliche Struktur hinausreicht“. Als es erbaut wurde, habe Vilbel gerade einmal 6000 Einwohner gehabt. Das Volkshaus sei neben dem Bau der Main-Weser-Bahn ein Punkt, „wo die Moderne anfängt“.

Eine Sanierung des Kurhauses dürfe aber nicht losgelöst von zwei Fragen betrachtet werden, erläutert Schächer. Was soll die zukünftige Nutzung sein? Und welche finanziellen Mittel sind dafür erforderlich? Das könne etwa eine zentrale Stadthalle sein, denn „das Kulturforum in Dortelweil ist nicht zentral“. Auch die Anforderungen an einen Umbau, etwa von der Statik her, müssten geklärt werden: „Sie ändern sich alle paar Jahre.“ Jetzt, wo die Entscheidung schon so lange ansteht, rät Schächer, dennoch nicht zum Schnellschuss. „Wir müssen es ordentlich machen.“

Vorausschauend

So wie bei der Europäischen Schule oder der Stadtbibliothek gelte es, vorausschauend zu planen und „auch am Kurhaus Maßstäbe zu setzen“. Das erfordere erst einmal eine inhaltliche Diskussion in den Parteien und der Stadtverordnetenversammlung. Und dann eine Klärung der Finanzierung. Da sei Ehrenstadtrat Klaus Minkel (CDU) sehr engagiert. Das Kurhaus könne „ein krönender Abschluss“ sein, meint Schächer.

Minkel übt sich derweil in Zurückhaltung: „Das Kurhaus wird erst in der nächsten Wahlperiode aufgerufen, nachdem uns die Roten und Grünen die Finanzierung durch den Hessentag vermasselt haben“, erinnert an die vergebene Riesenchance.

Bei dem dafür zuständigen Wetteraukreis ergänzt Pressesprecher Michael Elsaß: „Wir müssen jetzt erst einmal sehen, was es an Anträgen gibt.“ Das Gebäude sei jedenfalls „kulturgeschichtlich und auch städtebaulich ein zu erhaltendes Denkmal“.

Eine Entwidmung, heißt es bei einem Mitarbeiter des Landes-Denkmalschutzes in Wiesbaden, „sei eine schwierige Sache, für eine Kommune fast nicht möglich“. Andererseits betont der Denkmalpfleger, dass die Substanz denkmalgeschützter Gebäude am besten erhalten werde, wenn diese gebraucht werden: „Es gibt nichts Schlimmeres als keine Nutzung.“