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Anfang mit Zwillingen-Die Vilbeler Schriftstellerin Jasmin P. Meranius (27) veröffentlichte ihren ersten Roman „Wachkoma“

Bad Vilbel. Die unterhaltsame Erzählung „Wachkoma“, die stilistisch wie ein Roman aufgebaut ist, beschäftigt sich mit der Frage, ob es möglich ist, Karriere zu machen, ohne sich und seine Werte aufzugeben. Für Protagonistin Beata dreht sich seit Jahren alles nur um ihre Karriere. Zeit für sich, Beziehungen, Freunde oder Familie gibt es in ihrem prall gefüllten Terminkalender schon lange nicht mehr. „Höher, schneller, weiter“, lautet das Diktat, dem sich die Karrierefrau mittleren Alters, unterworfen hat.

Auf 144 Seiten stellt die Autorin die Frage, ob dies der Sinn des Lebens sein kann. Gibt es noch einen Raum für den Einzelnen, sich und seine Bedürfnisse, wenn er zwischen die Mühlen einer immer brutaler werdenden Wirtschaftsgesellschaft gerät? Ein existenzielles Erlebnis zwingt Beata, die seit Jahren keinerlei Rücksicht auf ihre Gesundheit nimmt, zum Innehalten und Nachdenken. Dabei sorgt Jasmin P. Merianus mit Perspektivwechseln für Spannung. Überraschende Wendungen im Handlungsverlauf werfen immer wieder neue Konstellationen und Fragen auf. Die Autorin kennt den Konflikt, den ihre Protagonistin durchlebt, teilweise aus eigener Erfahrung. Nach dem Abitur an der Kurt-Schumacher-Schule studierte Jasmin P. Meranius an der Hessischen Berufsakademie Betriebswirtschaftslehre.

„Nach meinem Studium habe ich bei einem großen Makler als Referentin der Geschäftsführung gearbeitet. Das war ein rund um die Uhr Job“, berichtet Jasmin, die mit Mädchenname Bresser heißt. „Gefangen in der täglichen Tretmühle spürte ich immer stärker wie der Rollenkonflikt zwischen der privaten und beruflichen Jasmin ständig größer wurde.“ Im Gegensatz zur Figur in ihrer Erzählung zog Jasmin rechtzeitig die Notbremse. Sie wollte keine gut funktionierende Wirtschaftsmarionette mehr sein, sondern ihre kreative Seite ausleben und entsprechend ihrem Biorhythmus leben. Das dies möglich ist, ohne ihre beruflichen Ziele aus den Augen zu verlieren, praktiziert sie gerade.

Vom internationalen Konzern wechselte sie als freiberufliche Immobilienmaklerin ins väterliche Unternehmen. „Ich habe eine sieben Tage-Woche mit freier Zeiteinteilung. Abends und am Wochenende gehe ich meinem Brotberuf nach. Morgens zwischen halb acht Uhr und elf Uhr schreibe ich. Da habe ich die besten Einfälle.“

Schreiben und Formulieren sei ihr schon immer leicht gefallen, sagt die junge Frau. Unvergessen ist ihr und ihren Mitschülern bis heute der Eintrag ihres früheren Deutschlehrers Holger Gronau. Der schrieb ihr unter eine Arbeit, dass „sie starke Formulierungsschwierigkeiten habe“. Dieser „running gag“ landete im Abi-Buch und wird bei jedem Klassentreffen kolportiert.

Ihre erste 60 Seiten lange Geschichte über Zwillinge in einem Internat schrieb sie bereits als Zehnjährige auf. „Da ließen Hanni und Nanni grüßen“, schmunzelt sie heute. Ihr Erstlingswerk „Wachkoma“ hat sie ihrer Mutter gewidmet. „Ohne sie wäre mein Lebensweg nicht der gewesen, der mich zum Schreiben gebracht hat. In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Die kreative Seite habe ich von meiner Mutter, einer Erzieherin, die aus einer mittelhessischen Pfarrerfamilie stammt. Die rationale, geschäftsorientierte habe ich von meinem Vater, einem knallharten Manager, geerbt. Aus seiner Familie kommen Berufsboxer.“

Die Tantiemen aus ihrem Buch spendet Jasmin P. Meranius an das Kinderhospiz Bärenherz in Wiesbaden (www.baerenherz.de).

Das Cover ihrer Erzählung gestaltete Ehemann und Grafik-Designer Michael Meranius, mit dem die Autorin seit letzten Sommer verheiratet ist. „Ich hatte zwar immer eine eins in Kunst, mein eigenes Buch zu illustrieren fiel mir schwer. Ich male am liebsten gegenständliche Motive in Acryl und Öl. Vorbild beim Schreiben und Malen ist Jasmins berühmte Großtante Hilde Heyduck-Huth.

Mit Kunstwerken, der einer international erfolgreichen Kinder- und Bilderbuchautorin, und den Bildern ihres Bruders Eckhart Huth, Jasmins Opa, ist die junge Vilbelerin groß geworden. Natürlich kennt sie auch alle Bücher ihrer Großtante. Ihr zweites Buch hat Jasmin P. Meranius inzwischen fast fertig. „Ich muss nur noch den Schlussteil schreiben. Das ist der Knackpunkt. Ich muss warten bis ich in der richtigen Stimmung bin.“

In ihrem zweiten Buch schildert sie die Geschichte einer jungen Frankfurterin, die als verurteilte Mörderin nach zehn Jahren Haft versucht, ihre Unschuld zu beweisen. Die Erlöse aus diesem Buch will sie ebenfalls einer sozialen Einrichtung spenden. Bereits entworfen hat die Autorin auch „Die Schneckenkönigin“, eine Geschichte für Kinder. „Eine kleine Schnecke ist links herum statt wie alle anderen Schnecken rechts herum gewunden. Sie leidet unter ihrem Andersein. Bis sie auf einem ihrer vielen Abenteuer eine weise Eule trifft. Diese erzählt ihr, dass sie nicht anders, sondern besonders ist. Eine von 100 Schnecken sei genauso wie sie linksherum gewunden. Diese werden Schneckenköniginnen genannt.“

Die Autorin sagt, dass am Anfang einer jeder ihrer Geschichten eine Botschaft steht, die ihr wichtig sei, die sie ihren Lesern mitteilen möchte. Dann fange sie an zu recherchieren und zu überlegen wie sie ihre Botschaft am besten zum Ausdruck bringen könne. „Ich entwerfe einen roten Faden, doch beim Schreiben bekommt die Geschichte eine Eigendynamik. Die Charaktere nehmen Gestalt an.“

Jasmin P. Meranius: „Wachkoma“, Erzählung, Verlag Kern Bayreuth, 142 Seiten, ISBN 978-3-939478-27-0, Preis 15,90 Euro.