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Bürger bezahlen

Risiko Straßenbeiträge: Stadt und Kreis streiten vor Gericht

Frisch saniert ist ein erster Teil des ersten Bauabschnitts der Ortsdurchfahrt Groß-Karben, der Heldenberger Straße. Doch das Risiko ist hoch, dass die Anwohner für die Sanierung vor ihrem Grundstück kräftig mitzahlen müssten – Rechnungen von bis zu 40 000 Euro drohen. Dem will der Bürgermeister nun vorbeugen. Foto: den
Frisch saniert ist ein erster Teil des ersten Bauabschnitts der Ortsdurchfahrt Groß-Karben, der Heldenberger Straße. Doch das Risiko ist hoch, dass die Anwohner für die Sanierung vor ihrem Grundstück kräftig mitzahlen müssten – Rechnungen von bis zu 40 000 Euro drohen. Dem will der Bürgermeister nun vorbeugen. Foto: den

Auf die Karbener könnten doch Straßenbeiträge zukommen. Diese will die Stadt wohl einführen – allerdings erstmal nur pro forma. Denn vor Gericht wehrt sie sich noch gegen die Pflicht, die Bürger für Straßensanie- rungen mitbezahlen zu lassen.

Karben. Die Karbener müssen womöglich ab dem nächsten Jahr Straßenbeiträge zahlen. Das könnte entweder sofort ab dem Jahreswechsel gelten oder, ab einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zum 1. Januar 2018.

Gültige Satzung?

Eine entsprechende Satzung vorzulegen kündigt Bürgermeister Guido Rahn (CDU) für die Dezember-Sitzung des Parlaments an. Eigentlich kämpft er seit Jahren gegen Straßenbeiträge. Doch nun will er selbst dem Stadtparlament vorschlagen, eine Satzung zu beschließen, die wiederkehrende Beiträge für die Bürger vorsieht.

„Das ist mein Vorschlag zur Sicherheit“, erklärt Rahn. Denn die Fachleute stritten sich derzeit darüber, ob Karben eine gültige Straßenbeitragssatzung hat oder nicht. Hintergrund: Die Stadt hatte die Straßenbeiträge abgeschafft, weil sie genug Geld hat, um die Sanierungen von Straßen aus dem Stadtsäckel zu bezahlen. Zuvor war die Satzung jahrzehntelang nicht angewendet worden. Anlieger von Straßen, die saniert wurden, mussten keine Straßenbeiträge zahlen.

Doch Landrat Joachim Arnold (SPD) als offizieller Aufseher der Kommunen im Kreis stoppte das Streichen der Satzung – weil eine Kommune, die im Defizit wirtschafte, alle denkbaren Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen müsse.

Gegen dieses Nein klagte die Stadt. Sie hatte Erfolg: Vor einem Jahr kassierte das Gießener Verwaltungsgericht die Anordnung von Arnold. Damit aber war der Landrat als Kommunalaufseher nicht einverstanden: Er ging in Revision. Der Fall liegt nun beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel.

Ob die Stadt dort gewinnt oder nicht? Guido Rahn hofft zwar weiterhin auf einen Sieg. Doch auch für den Fall einer Niederlage müsse die Kommune vorsorgen. „Das Risiko ist zu groß“, warnt er.

Denn wenn die Kasseler Richter die vom Landrat zwangsweise wieder eingeführte Satzung als rechtens ansehen, könnte es für die Anwohner der Ortsdurchfahrt in Groß-Karben sehr unangenehm werden. Rechnungen von bis zu 40 000 Euro drohten dort, warnt Rahn. Derzeit und noch bis 2019 läuft die Sanierung von Bahnhof-, Heldenberger-, Ludwig- und Burg-Gräfenröder Straße als Abschluss der Dorferneuerung.

Würde man ausgerechnet jene Anwohner, die jahrzehntelang massivem Verkehrslärm ausgesetzt gewesen seien, nun abkassieren, „das wäre sehr ungerecht“, findet der Rathauschef. Zumal die Anwohner ja nicht die Schäden an der Straße verursacht hätten, sondern der erhebliche Verkehr von auswärtigen Fahrzeugen.

Deshalb will Rahn vorsorglich die vom Landrat verordnete Zwangssatzung ändern. Denn diese sieht bisher vor, dass nur die jeweils betroffenen Anwohner die Sanierung der Straße vor ihrem Grundstück mitbezahlen müssen – mit einmaligen, aber sehr hohen Beiträgen. Um das zu verhindern, sollen die Kosten auf alle Bürger umgelegt und jedes Jahr kassiert werden.

Die Beiträge einziehen will die Stadt nach Möglichkeit nicht, selbst wenn sie die Satzung pro forma einführt. Greifen würde sie nur, falls die Kasseler Richter das Gießener Urteil kassieren und die Stadt doch dazu verdonnern, dass sie die Straßenbeiträge erheben muss. (den)


Mit Straßenbeiträgen können Anlieger einer Straße an den Kosten für eine Sanierung beteiligt werden. Dabei fällt der auf die Anlieger umgelegte Anteil danach aus, wie die Straße genutzt wird.

An Durchgangsstraßen mit viel „auswärtigem“ Verkehr zahlen die Anlieger weniger, die Kommune mehr. Der Anliegeranteil liegt dann bei 25 Prozent.

Sind in Wohnstraßen vor allem Anlieger unterwegs, zahlen diese eine hohen Anteil von bis zu 75 Prozent der Kosten. (den)