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Der Name der Möhre – Nussig, verlockende Aromen und unterschiedlichste Geschmacksvarianten

Bad Vilbel. Es roch nussig und vollmundig, rübig, möhrig. Im Arbeitsraum des Dottenfelderhofes erhielten Teilnehmer eines Seminars Einblick in die Möhrenzüchtung. Nach der Theorie ging’s zur Möhrenbewertung, sieben Sorten wurden gekostet. Für die „Möhrenschmecker“ schnitt Gärtnermeisterin Barbara Ott, die seit neun Jahren auf dem Hof die Saatzucht betreut, 21 Möhren in Scheiben und richtete sie auf Tellern an.

Beim Schmecken durch die verlockend aromatische Möhrenreihe wurden die Geschmacksvarianten rasch deutlich. Leicht kratzig und rau schmeckten nur wenige Scheiben des Doldenblütlers. Bei einigen hielt der Geschmack nicht lange an. Bei einer Sorte, waren sich die meisten einig, fielen das nussige, anhaltende Aroma auf, die knackige Frische und gute Durchfärbung. „Leira“ entpuppte sich als Lieblingsmöhre der kritischen Tester.

Landwirt und Züchter Dieter Bauer zeigte sich von dem Urteil sehr erfreut, doch wenig überrascht. „Es ist eine typische Möhre für Kinder, die schmeckt einfach“, bestätigte er. Während eines zweiten Durchganges, bereits sensibilisiert für die Geschmacksnuancen des Selleriegewächses, hatten die Teilnehmer noch mit Erde behaftete, ungeschnittene Möhren zu testen. Ott: „Diese Möhren sollen weiter gezüchtet werden. Es dürfen allerdings nur die zur Blüte kommen, die auch gut schmecken. Deshalb wird jede Möhre auf Geschmack getestet, bevor sie blüht. Das untere Drittel wird mit einem Tuch gesäubert und in Scheiben geschnitten. Diese werden beurteilt“, sagte Ott und schnitt eine Möhre an. Der Rest der Möhre wird erneut in die Erde gepflanzt. Die Möhre schlägt dann wieder aus und bildet Samen. Dabei blüht keine einzige Möhre, die nicht getestet wurde und in die finale Auswahl kam. Mit viel Glück ergibt sich nach fünf bis sechs Generationen daraus eine neue Sorte.

Bisher sind die Möhrensorten „Rodelika“ und „Rolanka“ als Neuzüchtungen entstanden. Das Saatgut dieser Sorten steht für biologisch-dynamischen und biologischen Gemüseanbau zur Verfügung.

„Die Möhren des Dottenfelderhofes schmecken besonders gut. Meine Frau und ich kaufen seit 40 Jahren hier ein“, berichtete der 71-jährige Hermann Mindermann aus Oberursel. Auch Lilli Grunwald (73) aus Karben ist von der Qualität, besonders jener der Möhren, überzeugt. Sie ist seit 1984 gemeinsam mit Ehemann Wolfgang Mitglied der Landwirtschaftsgemeinschaft. Den theoretischen Ausflug in die Möhrenzüchtung verfolgten beide mit großem Interesse. Gelernt haben sie, dass Doldenblütler stark und schnell in den Blütenstand gehen und im ersten Jahr eine Sprossstauchung erfolgt. Erst im zweiten Jahr bildet sich die Möhrenfrucht aus.

Ein typisches Merkmal eines Doldenblütlers ist das mehrfach gefiederte Blatt. Ätherische Öle sind bei Doldenblütlern stark verbreitet. In der Möhre kommen mehr als 100 dieser Öle vor. „Wir bauen seit 40 Jahren Möhren an“, informierte Bauer. Seit 1990 wird auf dem Hofgut konsequent auf Geschmack gezüchtet. 2002 / 03 wurden Aroma-Analysen vorgenommen. Damit eine Möhre gut schmeckt, muss ein ausgewogenes Verhältnis von Süße und Aroma vorhanden sein. Bereits im Mittelalter gab es die Möhre als Kulturpflanze. Damals war sie noch gelb. Erst 1880 war sie erstmals mit Carotin durchgefärbt und orange. So wie sie sich auch in den Einkaufstüten der Teilnehmer präsentierte, die eine Kostprobe mitnahmen.