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Eisern schwitzen

Triathlon unter erschwerten Bedingungen: Ironman-Sportler wetteifern bei heißen Temperaturen

Rund 700 Zuschauer und Fans säumten beim Ironman European Championship am Sonntag die Radrennstrecke allein am so genannten Heartbreak Hill, dem Schöllberg. Ein Spektakel mit der Atmosphäre einer Tour de France. Und auch in Karben war entlang der Strecke trotz der Hitze einiges los.

Bad Vilbel/Karben. Das Thermometer steht gegen Mittag auf 31 Grad, später sogar auf 37 Grad. Kein Windhauch geht und die Sonne brennt gnadenlos auf den Asphalt. Mit rund 2,3 Kilometern zählt der Heartbreak Hill zwischen der Kasseler Straße und der Vilbeler Höhe an der Stadtgrenze zu Frankfurt zu den spektakulärsten Streckenabschnitten.

Zweimal muss diese auf 190 Höhenmeter ansteigende Rampe überwunden werden. Rund 3000 Athleten sind es in diesem Jahr, die sich dieser sportlichen Grenzerfahrung stellen. Ein ganztägiges Happening indessen mit Volksfestcharakter für die Fans und Zuschauer. In Gruppen bilden sie Stimmungsnester und angereiste Fan-Gruppen treiben ihre Favoriten zu Höchstleistungen an.

Da ist beispielsweise der 25-jährige Matthias „Matze“ Junghans aus Eschwege, dessen Familie und Freundeskreis aus dem hohen Norden Hessens eigens an den Heartbreak Hill schon in den frühesten Morgenstunden angereist sind, um ihrem Idol die heimatliche Unterstützung „Matze Du schaffst das!“ mit auf den Weg zu geben. Weniger stark vertreten die kleine Freundesgruppe von Niklas. „Halt durch, Niklas!“ – so die mit auf den Weg gegebene Hoffnung.

Die einst beschworene Partymeile ist indessen weniger zahlreich angenommen worden. DJ „bob“ von HR 3 sorgt dennoch für gute Laune unter den Anwesenden. „Bei dieser Witterung sind wir trotzdem Weltklasse“, sagt er. Gemeint ist die Hitzeschlacht, die wohl so manchen Zuschauer abgeschreckt hat. Gleichwohl ist es die „dollste Party in Bad Vilbel“, ruft er unerschrocken, und lässt die Bässe wummern.

Gefährlich nah dran

Der Anstieg selbst ist ein Publikums-Spektakel – und erinnert an die Tour de France. In dichten Spalieren bilden die Fans für die Triathleten enge Gassen. Einige laufen in gefährlicher Nähe neben den Athleten her, feuern ihre Favoriten an. Mitunter bahnt ein begleitendes Motorrad den Weg.

Die Triathleten haben Mühe, Kollisionen mit ihren Fans zu vermeiden. Ihre Fahrt geht auf Sicht in einem sich verengendem Flaschenhals. Meter für Meter stemmen sie sich mit festem Pedaltritt durch die Publikumsmassen bis zum Scheitelpunkt an der Vilbeler Höhe.

Dann beginnt ein kilometerlanges Abrollen in die Hochhausschluchten nach Frankfurt hinein, eine kurze Verschnaufpause nach 180 Kilometern Radrennen, an das sich noch einmal eine 42 Kilometer lange Marathonstrecke anschließt. Der Ironman ist nichts für Zauderer.

Selbst für den jungen Polizeibeamten, der am Biwerkreisel die Verkehrssicherheit der Schleuse in Obhut hat, ist der Ironman kein Sport, „den er sich privat vorstellen kann.“ Und Plessuren, Kreislaufprobleme wie Überforderung kommen immer vor.

Auch in Karben knallt die Sonne erbarmungslos vom Himmel. Die Radler kommen die Homburger Straße herangeschossen, nehmen etwas Tempo runter und biegen um die Kurve in die Bahnhofstraße. An der Gehspitze, dem traditionellen Stimmungsnest der TG in Groß-Karben, drängen sich die Zuschauen auf engem Raum. Sie feuern die eisernen Männer und Frauen an, beugen sich nach vorne, klatschen, jubeln. Tische und Bänke sind aufgestellt im Schatten von Bäumen. Hier sitzen die Zuschauen in der ersten Reihe.

Andere sind lieber mobil. „Wir fahren die ganze Strecke in Karben mit dem Rad ab“, sagt Ingo Reddig und hat Sohn Lennard (2) im Fahrradsitz dabei. Auch Familie Schinz ist mit dem Fahrrad da. Sie drücken einer Freundin die Daumen, die beim Ironman mitfährt. „Das ist eine Brasilianerin, die ist Hitze gewöhnt.“

Im Hitzestress sind auch die Streckenposten an der Gehspitze. Sie halten eisern die gelbe Fahne hoch und signalisieren damit den Gefahrenpunkt Kurve und Kreuzung. „Ich ziehe den Hut vor jedem Ironman-Teilnehmern, der das Ziel erreicht“, sagt Sandra Vorwerk (41). Sie gehört zur Läufergruppe der TG Groß-Karben, die 15 ehrenamtliche Helfer stellt.

Die Verpflegungsstation für die Fans besorgt die TG Groß-Karben ebenfalls. Am Grill steht Kalle Fünfinger und wendet die Würstchen. „Es hat heute Morgen etwas schleppend angefangen, aber jetzt gegen Mittag kommen die Leute“, sagt er und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Musik schallt herüber, aber was fehlt, ist eine Ansage vom Geschehen auf der Rennstrecke. „Das hat dieses Jahr nicht geklappt, unser versierter Sprecher wurde als Streckenposten gebraucht“, bedauert Fünfinger.

200 Meter weiter sind die Verpflegungsstationen für die Ironman-Teilnehmer. Die Helfer strecken weit die Arme vor und halten den Sportlern die Flaschen entgegen. „Wasser, Wasser“ rufen sie, oder Iso, Cola, Banane, Riegel, Schwamm. Genau in dieser Reihenfolge sind alle Verpflegungsstationen aufgebaut. „Die Sportler wissen das“ sagt Wolfgang Meiselbach vom TV Windecken.

Um 6 Uhr aufgebaut

Mit einem nassen Schwamm erfrischt sich Achim Neun, der mit 20 Helfern der Freiwilligen Feuerwehr Gedern-Wenings die Verpflegungsstation unterstützt. „Um 6 Uhr morgens haben wir angefangen aufzubauen.“

Das gibt es noch, das Stimmungsnest am Rewe-Markt Fuchs in Klein-Karben, auch wenn es kleiner ist als in den Vorjahren. Gut für die Ironman-Teilnehmer, die den schweißtreibenden Weg von Rendel nach Klein-Karben geschafft haben.

Tische und Bänke sind am Parkplatz aufgestellt, Sonnenschirme bieten Schutz und Marktleiter Jörg Freier grillt die Würstchen. „Als wir hörten, dass der KSV Klein-Karben das Stimmungsnest nicht organisieren kann, sind wir spontan eingesprungen!“