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Fischer und kein Ende? – Jahrhundertprozess zwischen Millionär und der Quellenstadt schwelt weiter

Bad Vilbel. Ein Damoklesschwert mit ganz scharfer Klinge hing seit 2004 über der Quellenstadt, berichteten wir im Juli dieses Jahres. Der Bundesgerichtshof hatte zwei Klagen mit einem Streitwert samt Zinsen in Höhe von nahezu 100 Millionen Euro des ehemaligen Bad Vilbeler Bürgers und Inhabers der Firma Hessol, Dr. Claus Fischer, gegen die Stadt Bad Vilbel endgültig zurückgewiesen. Bereits das Landgericht und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatten zuvor die Klagen in ungewöhnlich schnell geführten Verfahren als unbegründet verworfen. Es gibt inzwischen Hinweise, dass der „Fischer-Prozess“ weiter schwelt, dass dieser Streit zwischen dem Multimillionär Fischer und der Quellenstadt noch nicht zu Ende sein könnte, weil Fischer um die Zulassung einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ringen soll.

Nach allem, was man inzwischen über Dr. Claus Fischer wisse, könne es „keinen Zweifel daran geben, dass der Jahrhundertprozess um rund 90 Millionen Euro noch nicht ausgestanden ist“, glaubt Ehrenstadtrat Klaus Minkel. Desto unverständlicher sei es, dass in dieser Lage die SPD unfähig sei, „den Burgfrieden zu halten“, kritisiert er, denn durch deren „Missbilligungsantrag wird unserem Bürgermeister in den Rücken gefallen. Der Genosse Kühl brachte zudem im Sachkern eine von A bis Z erlogene Darstellung in die Öffentlichkeit (wir berichteten, Anm. d. Red.), die er als Märchenerzählung tarnen will, um sich vor den juristischen Konsequenzen davonzuschleichen. Das alles wird dem Ernst der Bedrohung unserer Stadt nicht gerecht“, so Minkel.

Im Rückblick auf den „Jahrhundertprozess“ seien die „Energie, Brutalität, Hinterhältigkeit und Durchtriebenheit unvorstellbar, mit der jahrelang versucht worden ist, zum eigenen finanziellen Wohle eine Stadt mit 31.000 Menschen finanziell zu ruinieren, obwohl gerade diese Stadt diesem Mann wie keinem anderen zu einer unvorstellbaren Vermögensvermehrung geholfen hat“, gibt Minkel zu bedenken. Das alles werde sich für die Öffentlichkeit dann erschließen, wenn die Gerichtsakten in Kopie im Stadtarchiv liegen.

Es zeuge „von wenig Orientierung am Gemeinwohl, wenn dieser Kern des Streites verdrängt wird, als habe hier niemand diese Stadt vernichten wollen“, so Minkel. Ein größerer Mangel an Bürgergesinnung sei kaum noch vorstellbar. „Hier wird nicht der Stadt Bestes gesucht, sondern Egoisten kochen ihr eigenes Süppchen. Die res publica, die öffentliche Sache, wird nicht mehr gesehen, ein Fall von Blindheit“, nimmt sich der Ehrenstadtrat kein Blatt vor den Mund.

Hintergrund des „Jahrhundertprozesses“ war der Landankauf der Stadt Bad Vilbel für den neuen Stadtteil Dortelweil-West in den neunziger Jahren. Fischer hatte damals von der Stadt für den Verkauf der bis dahin als Äcker und Wiesen genutzten Flächen den stolzen Kaufpreis von rund 26,3 Millionen Mark erhalten. Das schien ihm irgendwann nicht genug. Vor Gericht forderte er folglich rund zehn Jahre später – kurz vor Verstreichen der Verjährungsfrist – weitere 73 Millionen Euro (also zirka 143 Millionen Mark), zuzüglich Zinsen. Fischer machte unter anderem vor Gericht geltend, die Stadt hätte bei Abschluss der Verträge mit ihm gegen die guten Sitten verstoßen. Der zwischen ihm und der Stadt vereinbarte Kaufpreis – er belief sich damals auf rund 120 Mark pro Quadratmeter – sei viel zu niedrig gewesen. Er, Claus Fischer, hätte nur einen Bruchteil des wahren Grundstückswerts bekommen, sei quasi enteignet worden. Die Stadt hätte auf seine Kosten Gewinne von mehreren hundert Millionen Euro erzielt, weil sie mit dem Abschluss der Verträge gegen eindeutige Verbote verstoßen habe. Bei korrekter Erfüllung seiner Verträge mit der Stadt müsse sie ihm noch rund 73 Millionen Euro (also zirka 143 Millionen Mark) nachzahlen, zuzüglich Zinsen, versteht sich, von den Prozesskosten, die der Verlierer zu tragen hat, ganz zu schweigen. Sie belaufen sich heute auf 4,6 Millionen Euro, zu bezahlen von Fischer.

Trotz mehrfacher Anfragen war von Dr. Claus Fischer zu dem Sachverhalt keine Stellungnahme zu erhalten. (sam)