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Gequälte Schönheit atonaler Herzinfarkte – Das Trio Lieto spielte in der St.-Michaelis-Kirche

Karben. Schubert, Beethoven und Schönberg standen auf dem Programmzettel des jüngsten Konzerts in der Kirche St. Michaelis KleinKarben. Ernste Musik ist die Spezialität dieser von Professor Hubert Buchberger mit jungen Talenten versorgten Kammermusikreihe in der 500 Jahre alten Kirche. Aber sollte es überhaupt keine Rolle spielen, dass dieses Konzert für den Abend des Fastnachtssamstag angesetzt war?

Doch! „Trio Lieto“ nennen sich Elena Graf (Violine), Peijun Xu (Viola) und Arthur Hornig (Cello) und übersetzt heißt das italienische Wort lieto so viel wie fröhlich oder glücklich. Die drei jungen Leute, keine und keiner ist älter als 23 Jahre und seit Jahren mit dem Streichinstrument vertraut, spielten ihr „Wiener Programm“ mit staunenswerter Meisterschaft. Und die Tempobezeichnung Allegro nur in diesem ersten Satz des Streichtrios B-Dur von Franz Schubert bedeutet bekanntlich lustig, heiter, munter und fröhlich. Diese Stimmung teilte sich ohne Weiteres dem Publikum mit.

Bevor das Trio aber nach der Pause mit Ludwig van Beethoven einen zweiten „Wiener“ zu Gehör brachte, also auch ein leichtes und eingängiges Werk, kam das Streichtrio von Arnold Schönberg aus dem Jahr 1946 zur Aufführung. Hier erachtete es Mentor Buchberger für geboten, das an Klassisches gewöhnte Publikum schonend auf das Werk vorzubereiten. Das Trio spielte einzelne Passagen an, um die innere Struktur dieses atonalen Stücks ein wenig deutlich zu machen.

Dieses Streichtrio sei eigentlich gar nicht spielbar, sagte Buchberger, selbst Violinvirtuose. Kleine Motive, mal zart und an einen Walzer erinnernd, wechseln sich mit kaum erträglich dissonanten Passagen ab. Die Instrumente werden nicht nur konventionell gespielt. Kratzlaute, Quietschen, piccicati, tremoli oder die gequälten Töne des ungewöhnlichen „colendo tracto“ (zu deutsch „die Stange werfen“) wollen nicht nur gespielt, sondern vom Hörer auch ausgehalten sein.

Auch so ein Werk passt in gewisser Weise zur Fassenacht. Schönberg selbst hat es nach einer Überlieferung von Thomas Mann als „humoristische Darstellung meiner Krankheit“ bezeichnet. Er meinte keine banalen Zahnschmerzen, die man sich beim Hören der Musik ohne Weiteres vorzustellen vermag. Schönberg hat vielmehr einen Herzanfall musikalisch verarbeitet, der ihn mitten in der Kompositionsarbeit im August 1946 ereilt hatte. (hgm)