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Guten Tag, Herr Tod!

Heitere, besinnliche und ironische Gedanken zum Thema Tod aus der Feder bekannter Autoren wurden den Besuchern der Lesung der Hospizgruppe präsentiert.

Bad Vilbel. In einer Kooperation haben der Kunstverein Bad Vilbel, das städtische Seniorenbüro und die Hospizgruppe der Nachbarschaftshilfe zur szenischen Lesung „Gestorben wird immer: Über Tod und andere Befindlichkeiten“ ins Haus der Begegnung eingeladen. Den rund 70 Zuschauern werden nachdenkenswerte, heitere, humorvolle bis hin zu ironischen Texten und Gedichte zum Thema Tod und Sterben präsentiert.

Der Theater-Grundkurs des Vilbeler Kunstvereins in Kooperation mit dem städtischen Seniorenbüro unter Leitung von Regisseurin Anne Georgio hat sich für seine Premiere anspruchsvolle Kost vorgeknöpft. Die Idee, ein Stück für die Hospizgruppe zu machen sei im Kurs entstanden, erzählt die Regisseurin Georgio. Sie hat bereits andere Theatergruppen in Bad Vilbel geleitet und mehrfach bei den Burgfestspielen Regie geführt.

Autoren wie Eugen Roth, Wilhelm Busch, Christian Morgenstern, Kurt Tucholsky, Robert Gernhardt und andere haben sich in Texten und Gedichten mit Fragen beschäftigt wie „Was bleibt von einem übrig über den Tod hinaus?“, „Trifft man nach dem Tod Freunde wieder?“ oder „Wer bestimmt den Zeitpunkt des Todes?“

Renate Brinkmann, Irmine Kästner, Beate Ochs, Barbara Opitz und Ingrid Phillip vom Theatergrundkurs tragen die Texte und Gedichte vor oder präsentieren sie in kurzen Szenen. Dazwischen wird Musik gespielt von Mozart, Bach, Vivaldi sowie italienische Serenaten. Für Ton und Licht sorgt Björn Hartenstein.

Nach Begrüßung durch Dr. Uta Zierz von der Hospizgruppe der Nachbarschaftshilfe legen die Frauen los. Im „Trauerzug Hugo“ schlüpfen die Darstellerinnen – zur schwarzen Trauerkleidung tragen sie kleine Blumensträuße – in die Rollen der trauernden Frauen. Bei der Auswahl des Grabschmuckes sei zu berücksichtigen, dass der Verstorbene allergisch gegen Fresien gewesen sei und darauf mit Juckreiz reagiert habe, gibt eine zu bedenken.

Bei den „Stehcafe-Gesprächen“. tauschen sich die Frauen am Stehtisch über „Befindlichkeiten“ wie Bluthochdruck aus. Andere machen sich Gedanken über die Frage, ob der Zeitpunkt des Sterbens vorbestimmt oder beeinflussbar ist. Dass eine Bekannte kürzlich in der Quellenstraße überfahren wurde, sei doch Zufall gewesen, meint die eine. „Nein“, hält die andere entgegen, „wäre sie nicht durch die Quellenstraße gegangen, wäre sie jetzt nicht tot“. Robert Gernhardt beschreibt in „Ach – noch in der letzten Stunde!“, wie sich der Sterbende bis zuletzt bemüht, höfliche Konversation im Gespräch mit dem Sensenmann zu betreiben und dabei an seine Grenze stößt.

„Interessant so eine Sanduhr. (…) Ja, die Uhr ist abgelaufen. Wollen Sie die jetzt zurück? Gibts die irgendwo zu kaufen? Ein so ausgefall’nes Stück findet man nicht alle Tage, womit ich nur sagen will – ach! Ich soll hier nichts mehr sagen? Geht in Ordnung! Bin schon“, und damit endet nicht nur die Konversation mit dem Sensenmann, sondern auch das Leben. Ohne Hemmungen beschreibt Kurt Tucholsky in seinem Gedicht“ „Letzte Fahrt“, wie er sich seine letzte Reise vorstellt, bei der auch Frauen eine Rolle spielen: „Am Todestag – ich werd’ ihn nicht erleben – da soll es mittags Rote Grütze geben (…). Und hinterm Sarg mit seinen Silberputten, da schreiten zwoundzwonzig Nutten – sie schluchzen innig und mit viel System. Ich war zuletzt als Kunde sehr bequem“.

Richtiger Zeitpunkt

In „So“ hat sich Robert Gernhardt mit dem „richtigen Zeitpunkt“ des Eintritts des Todes auseinandergesetzt. „Der Tod? Eigentlich kommt er niemals passend, nicht im Oktober, da will man nochmal wandern gehen, nicht im November, da möchte der Mensch nochmal trauern, nicht im Dezember, da möchte man „einmal noch feiern“, nicht im Januar, „einmal noch Schnee sehn“, nicht im April, „noch einmal der Erde Geruch und das Versprechen der Blüten“ und so weiter. „Das ist sehr menschlich, dass es nie passt“, sagt Zuschauerin Gisela Nagler. Die Veranstaltung habe ihnen samt Auswahl der Musik gut gefallen, sagen Nagler, Gabi Rützel und Hilde Schmidt.