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Heimatliebe in Gefahr – Roggauer Gesangsverein fehlt im 125. Jahr seines Bestehens der Nachwuchs

Karben. „Ich schenke dir ein Lied. . .“ Die wehmütig anmutenden Töne des musikalischen Einstiegs zur Jahreshauptversammlung des Gesangsvereins Heimatliebe Burg-Gräfenrode sprachen Bände am Dienstagabend. Denn kurz vor ihrem 125-jährigen Bestehen blickt die Heimatliebe wegen Nachwuchsmangels einer unsicheren Zukunft entgegen. Lichtblick: Der Verein ist immerhin nicht mehr führungslos: Der zweite Chorleiter Werner Sirsch ist neuer Chef.

Gleich kam Interims-Vereinschefin Inge Otto zur Sache: „Wie stellt ihr euch das weiter vor? Wie soll es mit uns weiter gehen?“ Sie hatte seit dem Abschied des Vorsitzenden Winfried Danz im Dezember das Vereinsschiff gesteuert. Und die Wellen schlagen hoch um den traditionsreichen Verein, der am kommenden zweiten Weihnachtsfeiertag seit 125 Jahren besteht.

Von Nachwuchsmangel, Mitgliederschwund und zu wenig aktiven Sängern ist die Rede. Den Kinderchor löste der Verein bereits im Januar auf, weil nicht genug Kinder mitsangen. Die verbleibenden 25 aktiven und rund 80 passiven Mitglieder bescheren der Roggauer Sängerschar einen Altersdurchschnitt von immerhin Mitte 50.

Reinhold Kötter, selbst seit 1949 aktives Chormitglied – er war bei seinem Beitritt 14 Jahre alt –, stimmt das traurig: „Das Vereinsleben stirbt aus. In anderen Stadtteilen gibt es schon lange keine Gesangsvereine mehr. Mal sehen, was nun mit uns geschieht.“ Für den 72-Jährigen entstünde ein „Loch“, wenn die wöchentlichen Proben bald nicht mehr wären.

Doch bevor sich die trübsinnige Stimmung weiter ausbreiten konnte, nahm der Abend eine positive Wendung: Hörbar erleichtertes Aufatmen ging durch die Reihen der 18 Anwesenden, als Chorleiter Sirsch die einstimmige Wahl zum neuen Vorsitzenden annahm. „Jetzt sind wir endlich wieder was wert. Wir haben wieder einen Hirten“, entwich es Schriftführerin Magdalena Moes erlöst. Bis zum Jahresende wird Sirsch nun das Geschick der Heimatliebe lenken. 2008 steht dann die komplette Neuwahl des Vorstands an.

Damit es aber überhaupt dazu kommt, richtete Sirsch schon an diesem Abend einen visionären Blick nach vorn: „Wir sollten einen Kinder- und Jugendchor sowie den Bestand unseres Vereins neu andenken.“ Dazu brauche es kurze Wege und rasche Entscheidungen. Deshalb will er künftig nicht mehr nur alle ein bis zwei Monate Vorstandssitzungen einberufen, sondern etwa eine Viertelstunde vor den Proben für aktuelle Themen reservieren. Bereits beim nächsten Treffen sollen Ideen für die Gestaltung des gemeinsamen Standes mit dem Schützenverein beim Frankfurter Ironman einfließen. Außerdem, so der Mut machende Ausblick des neuen Vorsitzenden: „Macht euch schon mal Gedanken, wie wir unseren 125. Geburtstag feiern wollen!“

Den Realitäten blickt Sirsch trotzdem ins Auge. Als erstes will er nun die vor etlichen Jahren einmal konzipierte Satzung der Heimatliebe wieder herauskramen: „Für den Fall einer Auflösung des Vereins.“