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Krank von zuviel Traurigkeit – „Leer wie ein ausgeblasenes Ei“

Bad Vilbel. Was Martin Luther und Robbie Williams mit Abraham Lincoln und Romy Schneider, aber auch mit Wilhelm Busch und Hannelore Kohl sowie rund fünf Prozent aller Menschen in Deutschland gemeinsam haben, ist eine immer noch häufig verkannte Krankheit: die Depression.

Nicht jede traurige Stimmung, jeder Durchhänger oder eine vorübergehende Niedergeschlagenheit ist damit gemeint. Diese Gefühle kennt jeder. Doch wenn sie längere Zeit anhalten, besteht die Gefahr, dass „Traurigkeit zur Krankheit wird“. Diesem Themahat sich die „Kirche anders“ der Christuskirchengemeinde mit fachmännischer Unterstützung von Martina Neumeier von der Psychiatrischen Klinik Hohemark in Oberursel angenommen.

Ein Zeichentrickfilm mit dem traurigen Esel I-Aaaah und drei Szenen, in denen Christian Brück mit drei Nachbarn und Freunden zusammentrifft, die alle auf andere Weise depressiv sind, führten die rund 150 Besucher im Gemeindesaal der Christuskirche zum Thema hin. Über körperliche Schmerzen klagte der abgemagerte Frank Sarker, völlig überfordert und hektisch traf er Ilona Krause an und absolut antriebslos und unfähig etwas zu essen, öffnete ihm Klaus Neumeier im Schlafanzug die Tür. „Was ist denn mit all den Leuten los? Da werd ich ja selbst noch depressiv“, stellte der ratlose Brück fest.

Weil die Übergänge von völlig normaler, vorübergehender Traurigkeit und Niedergeschlagenheit fließend seien, falle es schwer, eine Depression zu erkennen. „Leer wie ein ausgeblasenes Ei“ hat ein Darsteller seine Empfindungen beschrieben. Bei einem solchen Verlust der Fähigkeit, weder Freude noch Trauer zu empfinden, sei dringende Hilfe von außen zu suchen. Einfach ein Freund, eine neutrale Person, sei gut, der Hausarzt besonders, der den Menschen kennt und beurteilen kann, ob Krankheiten oder Medikamente die depressive Stimmung auslösen. Aber auch ein Seelsorger, der dafür ausgebildet ist, erste Anlaufstation in der Not zu sein, oder das Gebet, das Gespräch mit Gott als neutraler Instanz. Neumeier unterstreicht, dass gläubige Christen weniger von schweren Depressionen betroffen seien und weniger an Selbstmord dächten. „Im Gespräch mit Gott Verantwortung abgeben“, nennt es Utter.

Das Publikum stellte vor allem Fragen nach dem Umgang mit den Betroffenen. „Es hat sich noch niemand umgebracht, weil er darauf angesprochen wurde“, versuchte Neumeier die Scheu zu nehmen. (bep)