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Martin Luther rockt

Eine Inszenierung der Superlative für die Christuskirchengemeinde mit fünf ausverkauften Vorstellungen

Wow, Gänsehaut pur! Was für eine beeindruckende Klangkulisse – auf die Bühne gebracht von der evangelischen Christuskirchengemeinde. Martin Luther rockt als Anti-Held in einem Musical 500 Jahre nach dem Anschlag seiner 95 Thesen in Wittenberg das Publikum im Kulturforum Dortelweil. Fünf Vorstellungen, fünfmal voll besetzt.

Bad Vilbel. Der Andrang ist so groß, dass die Premiere überbucht ist, dass Zuschauer gebeten werden, ihre Karten für eine der folgenden vier Aufführungen umzutauschen. Das Interesse am Querdenker und Reformator Martin Luther ist ungebrochen.

Seit 500 Jahren stellen Menschen aller Generationen immer wieder die Frage: „Wer ist Martin Luther?“ Eine Antwort geben Autor Michael Kunze und Komponist Dieter Falk mit ihrem „Pop-Oratorium Luther – Das Projekt der tausend Stimmen“. Das Duo bringt die Lebensgeschichte des Reformators Martin Luther (1483-1546) im Musical-Sound auf die Bühne. Der Mix aus mitreißenden Liedern, orchestraler Popmusik und spannender Geschichte, in einem alle Sinne ansprechenden Bühnenwerk, beeindruckt und begeistert.

In Bad Vilbel stehen 120 Aktive auf und vor der Bühne, 20 sorgen hinter den Kulissen für einen reibungslosen Ablauf des 60 000 Euro-Projektes der evangelischen Christuskirchengemeinde. Auf der Bühne stehen nach einem Dreivierteljahr intensiver Proben 23 Laien-darsteller, die Sänger der Gemeinde-Chöre Gospeltrain und New Generation, sieben Bandmusiker und das Kur- und Sinfonieorchester Bad Nauheim.

In zwei Akten und 20 beeindruckenden Szenen zeigen sie Episoden aus Luthers Leben und tragen seine Botschaften wie „Selber denken!“ und „Wir sind alle Gottes Kinder“ in unsere Zeit. Die Rahmenhandlung bildet der Reichstag zu Worms 1521. Dort weigert sich Martin Luther (Gerald Wollmann) vor Deutschlands Fürsten, dem jungen Kaiser Karl V. (Lena Mebus) und dem kaiserlichen Gesandten Faber (Sebastian Zipp) seine kirchen-kritischen Schriften zu widerrufen.

In Rück- und Vorausblenden wird von Luthers Jugend unter einem strengen Vater (Hartmuth Schröder), seinem einschneidenden Erlebnis als Jurastudent, während eines Gewitters, seinen Zweifeln und Ängsten und der Übersetzung der Bibel ins Deutsche berichtet. Mit Luther werden seine Zuschauer daran erinnert, wie wichtig es ist, selbst zu denken, sich eine Meinung zu bilden und diese mit anderen zu diskutieren. War dank Gutenbergs Buchdruck damals „Multiplikation die Zukunft“, droht der Mensch heute in einem Meer aus Informationen zu versinken. Zeitgenössische Einflüsse werden mit der Musik und Songs aus Pop, Jazz, Rock und Gospel transportiert. Mit steppenden Ablasshändlern, Kostümen und Requisiten werden Brücken gebaut.

Der junge Kaiser ist selbstverliebt und oberflächlich. Er mag Selfies, Handys, Machtspiele, seine goldene, glitzernde Baseballkappe und hört auf die Einflüsterungen seiner Berater. Optisch bildet der ganz in Schwarz gekleidete Luther einen Gegenpol zum funkelnden Kaiser. „Bruder Martin“ nennt ihn das Volk, das ihn verehrt. Doch Luther will nicht ihr Held sein.

Sein Widerstand entzündet sich am florierenden Handel der Kirche und des Staates mit Ablassbriefen „Schuld wird dem erlassen, der bezahlt“. „Die Wahrheit ist ein scharfes Schwert“, weiß der Reformator, der sich auf sein von Gott gegebenes Gewissen und seinen Verstand beruft, als er vor seinen Widersachern stehend verkündet: „Hier stehe ich, ich habe mich entschieden, ich kann nicht anders.“ In Bad Vilbel kommt die Botschaft beim jubelnden Volk an.