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Nah bei den Menschen

Ehrenbürgermeister Detlev Engel gestorben – Allseitiges Lob für herausragende Arbeit

In zwölf Jahren auf dem Chefsessel im Rathaus prägte er Karben als soziale und grüne Stadt: Ehrenbürgermeister Detlev Engel ist nun gestorben. Archivfoto: Niehoff
In zwölf Jahren auf dem Chefsessel im Rathaus prägte er Karben als soziale und grüne Stadt: Ehrenbürgermeister Detlev Engel ist nun gestorben. Archivfoto: Niehoff

Er hat Karben sozial gestaltet, und das prägt die Stadt bis heute: Detlev Engel (75), zwölf Jahre lang Karbens Bürgermeister, ist nach langer, schwerer Krankheit gestorben. Lob für das Wirken des Sozialdemokraten kommt von allen Seiten.

Karben. „Ich laufe nicht als Heiliger durch die Welt.“ Mit diesen Worten beschrieb sich Detlev Engel vier Tage nach seinem Amtsantritt als Karbener Bürgermeister im Jahr 1992 im Interview. Nach zwölf Jahren Amtszeit war klar: Mit Schwerpunkt auf die Sozialpolitik hatte Detlev Engel der wachsenden Stadt seinen Stempel aufgedrückt. Er sorgte dafür, dass das Zusammenleben der Stadtbewohner funktionierte.

Der Ehrenbürgermeister aus Klein-Karben ist am Mittwoch der Vorwoche nach langer, schwerer Krankheit gestorben. Das wurde am Donnerstag bekannt.

„Das trifft mich sehr“, erklärt der frühere Wetterauer Europaabgeordnete Willi Görlach (SPD) aus Butzbach. Engel hatte als persönlicher Referent Görlachs gearbeitet, als dieser in Wiesbaden Landwirtschaftsminister war. „Detlev Engel war ein ganz großartiger Kumpel“, bemerkt Görlach. Engel habe mitgedacht und sei „ein ehrlicher Ratgeber“ gewesen. „Detlev Engel hat nie mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten“, sagt Görlach, „aber er hat seine Entscheidungen stets abgewogen.“

Sich hochgearbeitet

Geboren in Frankfurt in einem „erzkonservativen Elternhaus“, so Engels eigene Worte, brachte er es vom Arbeiter bis zum Bürgermeister. Der Sozialdemokrat auf dem Rathaus-Chefsessel setzte seinen Schwerpunkt in der Sozial- und Umweltpolitik: Er rief die Schulsozialarbeit der Kurt-Schumacher-Schule ins Leben, war mit dem Start des ersten Kinderhorts kreisweit führend, gründete im Rathaus das Umweltamt, lehnte den B3-Ausbau ab. Die Stadt kaufte den Selzerbrunnenhof, richtete darin das Jugendkulturzentrum ein. Selbst im Ruhestand kümmerte sich Engel weiter um seine Stadt, etwa als Chef des Fördervereins der Kurt-Schumacher-Schule.

Der heutige Bürgermeister Guido Rahn (CDU) ist überzeugt: „Engels Wirken, das er mit Leib und Seele betrieb, wird in unserer Stadt lebendig bleiben.“ „Ein über die Maßen sozial eingestellter Mensch“ sei Engel gewesen, erinnert sich Hans Puchtinger, der als Erster Stadtrat lange Jahre mit ihm zusammenarbeitete. Das sieht auch Engels Amtsnachfolger Roland Schulz (SPD) so: „Er ist immer sehr nah bei den Menschen gewesen und hat genau verstanden, wo ihre Sorgen und Ängste sind.“

Charismatisch

Mit Menschen umzugehen, habe er von Engel gelernt, erklärt Schulz, der Bürgermeister von 2004 bis 2010 war. Als es von Anwohnern in Klein-Karben Beschwerden über junge Leute gab, die lautstark von der Disco nach Hause liefen, habe Engel die Halbstarken nachts abgepasst und angesprochen. „Die haben völlig verdattert geschaut“, erinnert sich Roland Schulz. „Sie räumten ein, dass sie sich noch nie Gedanken gemacht hätten, dass sie mit ihrem Lärm schlafende Kinder aufwecken, und waren dann leise.“

„Er war immer für die Menschen da“, sagt die langjährige SPD-Vorsitzende Christel Zobeley. „Wenn er jemandem helfen konnte, der Hilfe brauchte, hat er das auch gemacht.“ Sie selbst und die ganze Partei seien sehr betroffen über Engels Tod, sagt Zobeley. „Karben verliert einen ganz großen Politiker.“ Auch mit politisch Andersdenkenden sei er stets respektvoll umgegangen, erinnert sich Hans Puchtinger. Das bestätigt der CDU-Grande Otmar Stein. Inzwischen Ehrenstadtrat, fungierte er unter Engel als ehrenamtlicher Stadtrat. „In dieser langen Zeit hat sich eine Verbindung entwickelt, die von Respekt und persönlicher Anerkennung geprägt war“, sagt Stein. Ihm gehe Engels Tod sehr nahe: „Er war ein guter Politiker und für Karben ein erfolgreicher Bürgermeister.“

Engels „Sachverstand und sein sozial geprägtes, menschliches Wesen machten ihn über die Grenzen seiner Partei hinaus zu einer geschätzten und beliebten Persönlichkeit“, findet Guido Rahn, der zu Engels Zeiten als ehrenamtlicher Stadtrat politisch aktiv war.

Mit starker Hand

Dass Engel auch streitbar war, hat Rolf Gnadl erlebt. Lange Zeit arbeitete er als Wetterauer SPD-Vize mit Engel zusammen, der Parteigeschäftsführer war. „Mit starker Hand“ habe er „solide gearbeitet“, lobt Gnadl. Imponiert habe ihm, dass Engel Konflikte sofort löste.

„Schnell ist bei ihm der Blutdruck angestiegen, wenn etwas nicht so lief, wie er wollte“, erinnert sich Gnadl. „Dann stand er gleich auf der Matte“, kämpfte für Karben. Selbst im Streit habe Engel sein Gegenüber stets mit Respekt behandelt, sei auch nie nachtragend gewesen. Gnadl: Engel war eine kraftvolle und charismatische Bürgermeisterfigur.“ (den)


Zum Tod von Ehrenbürgermeister Detlev Engel (SPD) hat die Stadt Karben ein Kondolenzbuch im Foyer des Bürgerzentrums, Rathausplatz 1, ausgelegt. Bürger könnten darin ihrer Anteilnahme Ausdruck verleihen, erklärt Stadt-Sprecher Hans-Jürgen Schenk.



16. Mai 1942: Geburt in Frankfurt

Ab 1958 Lehre zum Schlosser bei der Bundesbahn in Frankfurt-Nied

Fortbildung auf zweitem Bildungsweg zum Bautechniker

1966 Eintritt in die SPD, später Geschäftsführer der SPD Wetterau und des SPD-Bezirks Hessen-Süd

1968 heiratet er seine Frau Inge, die Kinder Katja und Kai-Uwe kommen zur Welt, die Familie wohnt in Klein-Karben

Arbeit als Gewerkschaftssekretär, ab 1979 persönlicher Referent des hessischen Landwirtschaftsministers Willi Görlach (SPD), danach Leiter von dessen Ministerbüro in Wiesbaden

1970 bis 1985: jüngster Stadtverordneter in Karben

1986 bis 1992: Erster Stadtrat

1992 bis 2004: Bürgermeister

1991 bis 1993 und 2006 bis 2011: Abgeordneter im Kreistag

2011 bis 2016: Kreisbeigeordneter in der Kreis-Regierung

2011: Verleihung des Hessischen Verdienstordens am Bande und Willy-Brandt-Medaille der SPD (den)