Veröffentlicht am

Nebel gegen Spinner – Eichen-Schädlinge werden in Karben und Bad Vilbel in Schach gehalten

Eine Sisyphusarbeit: Hunderte Eichen in der Region werden in diesen Wochen eingenebelt. Eine gefräßige Raupe, der Prozessionsspinner, soll in Schach gehalten werden. Denn seine Gifthaare sind gefährlich für Menschen und können schwere Allergien auslösen.

Karben. Das Rauschen der Blätter, das Zwitschern der Vögel, das Tackern der Spechte. Idylle im Klein-Karbener Wald. Doch nicht am Mittwoch der Vorwoche.

Mit lautem Brummen pumpt das Ungetüm auf dem blauen Schlepper am Waldrand einen feinen Nebel ins Blattwerk der grünen Riesen. Kann das gut sein? Ja, und zwar sehr gut für Eiche und Mensch.

Harald Kindler (46) aus Friedberg sorgt im Fahrersitz des riesigen New-Holland-Schleppers für den Radau in der Stille. Er arbeitet für die Bad Vilbeler Grünpflege-Firma Landau, ist seit Anfang des Monats jeden Tag im Nebel-Einsatz. Denn Landau ist der größte Auftragnehmer für solche Eichenprozessionsspinnereinsätze in der Region: 4000 Bäume von Gelnhausen bis Wiesbaden nebelt sie ein.

Langfristiges Problem

Wegen der Kälte im Frühjahr und des vielen Regens danach ging die Nebel-Saison erst sehr spät los, berichtet Geschäftsführer Thilo Landau. Seitdem werden die Eichen wieder mit dem Pflanzenschutzmittel Dipel ES eingenebelt. „Rein pflanzlich“, erklärt Landau, sei das Bakterium, „für Menschen völlig harmlos.“ Die Larven aber fressen es, der Magen wird danach zerstört. Damit ist dann Ruhe. Allerdings nicht für lange, sondern meist bloß eine Saison. Denn wenn sich die übrigen Raupen im Sommer zu Faltern entwickeln, sind diese im Schnitt 20 Kilometer weit unterwegs, um ihre Eier zu legen.

„Der Eichenprozessionsspinner ist unglaublich resistent“, sagt Landau. Kälte, Hunger, nichts stoppt ihn. „Wir werden wohl dauerhaft mit dem Schädling leben müssen.“ Verantwortlich dafür, den Schädling in Schach zu halten, sind die Besitzer der Grundstücke, auf denen die Eichen stehen. Das sind Privatleute, im großen Stil aber die öffentliche Hand.

Die Kommunen gehen sehr unterschiedlich heran: Bad Vilbel lässt zum Beispiel den gesamten Bestand von 550 Eichen behandeln. „Karben macht das nur an Spotpunkten“, erklärt Thilo Landau. Sprich: „Bäume in von Menschen stark frequentierten Bereichen werden eingenebelt“, sagt Stadtsprecher Ekkehart Böing: Eichen an Kindergärten in Petterweil, Kloppenheim und Groß-Karben, einem Spielplatz sowie rund um den Grillplatz. Einzelne Bäume könnten noch folgen. Der Waldkindergarten Matsche Pampe am Klein-Karbener Wald hatte bereits im vergangenen Jahr die Folgen des Schädlings zu spüren bekommen: Die Kinder mussten Hals über Kopf mit ihrem Bauwagen wegziehen. Inzwischen sind sie auf einer Wiese ein Stück weg vom Waldrand untergebracht. Dafür, dass sie bald möglichst gefahrlos wieder in „ihrem“ Wald spielen können, sorgt nun Harald Kindler. Mit einem Knopfdruck setzt er sein Höllengerät in Gang. Aus dem 600-Liter-Tank spritzen feine Düsen das Insektizid in den Luftstrahl. „Dabei wird es statisch aufgeladen“, sagt Kindler, „damit es besser an den Blättern haftet.“

Fast bis in die Krone der Eichen kann er den Spinnertod blasen. Aus seinem Führerhaus heraus steuert er die Richtung des Nebelstrahls. Und genießt, einen wunderschönen Arbeitsplatz zu haben. (den)