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Pläne durchkreuzen

Stadt signalisiert Widerstand gegen Baugebiete in Nieder-Erlenbach

Arbeiten Hand in Hand: Nieder-Erlenbachs Ortsvorsteher Yannick Schwander (links) und Bad Vilbels Stadtrat und Stadtwerke-Chef Klaus Minkel. Foto: Kopp
Arbeiten Hand in Hand: Nieder-Erlenbachs Ortsvorsteher Yannick Schwander (links) und Bad Vilbels Stadtrat und Stadtwerke-Chef Klaus Minkel. Foto: Kopp

Schon seit längerer Zeit sucht Bad Vilbels großer Nachbar Frankfurt nach neuen Baugebieten. Große Ackerflächen gibt es noch rund um Nieder-Erlenbach, auch in direkter Angrenzung zu Dortelweil. Doch hier will Bad Vilbel zur Not auf die Barrikaden gehen.

Bad Vilbel. Eifrig arbeiten die Frankfurter Stadtplaner am Konzept „Frankfurt 2030“. Damit will man der immer größeren Wohnungsnot in der stark wachsenden Stadt entgegnen. Während einzig der Grüngürtel um die inneren Stadtbereiche tabu ist, rückt das eher ländlich geprägte Nieder-Erlenbach in den Fokus der Planer. Doch nicht nur dort ist der Widerstand gegen eine Trabantenstadt für 8000 bis 10 000 Einwohner – verdichtet gebaut sogar für bis zu 20 000 Menschen – groß. Auch Bad Vilbel bereitet sich für einen möglichen Sturm auf den Römer vor.

Bereits in den 90er-Jahren gab es Planungen, zwischen Nieder-Erlenbach und Nieder-Eschbach einen neuen Stadtteil für bis zu 50 000 Menschen aufzuschlagen. Die derzeitige Kenia-Koalition im Römer aus CDU, SPD und den Grünen erwähnt die Bebauung des dortigen Pfingstberges nach Widerstand von CDU und Grünen im Koalitionsvertrag nicht. Doch ganz aus der Diskussion scheint es nicht zu sein. Yannick Schwander, Ortsvorsteher von Nieder-Erlenbach (CDU) richtet sich ganz klar gegen diese Planspiele. Und auch der Bad Vilbeler Stadtwerke-Chef und Stadtrat Klaus Minkel (CDU) sieht hierin keinen Sinn. „Die Abmessungen übertreffen das Doppelte der bisherigen Größe Nieder-Erlenbachs.“

Schwander hat zudem noch ganz praktische Gründe, die gegen das Baugebiet sprechen. So sollte das Gebiet mit der U-Bahn über Nieder-Eschbach erschlossen werden. „Doch der Pfingstberg liegt deutlich höher. Die Bahn bewältigt Steigungen bis zwei Prozent, hier wären teilweise über zehn Prozent zu überwinden.“

Doch die verkehrlichen Auswirkungen wären noch viel größer. Denn ein großer Teil des Autoverkehrs würde über die L 3008 geleitet, der in der Bad Vilbeler Nordspange mündet. Die ist bereits jetzt völlig überlastet.

Leben wird ungesund

Nicht nur der Verkehr ist ein Problem: „Der Pfingstberg bildet eine Kaltluftschneise für Bad Vilbel, die Taunuswinde sorgen für einen Luftaustausch. Das Leben in Bad Vilbel würde deutlich ungesünder“, gibt Minkel zu bedenken. Auch der Klimaatlas für Frankfurt besage, das Gebiet müsse unbedingt freigehalten werden.

Weil die Frankfurter SPD das Thema vor der Kommunalwahl im vergangenen Jahr aufgemacht hatte, wurde sie nach Schwanders Auffassung dafür auch „deutlich abgestraft“, vor allem in Nieder-Erlenbach und Harheim. „Trabantenstädte gehören nicht mehr in diese Zeit“, unterstreicht er diesen Wählerwillen und nennt andere Projekte wie Mehr-Generationen-Wohnen, Wohnen auf dem Main oder einfach Baulücken in der Innenstadt schließen und vorhandene Gebäude aufzustocken. Auch Wohngemeinschaften mit kleinen Räumen für den Eigenbedarf, aber großen Sozialbereichen seien bei den vielen Singles und Studenten in Frankfurt gefragt.

Doch ist der Pfingstberg nicht die einzige Fläche Nieder-Erlenbachs, die die Planer im Visier haben. „Noch extremer ist der Frankfurter Vorschlag, an der Grenze zu Dortelweil-West und Kloppenheim im Norden von Nieder-Erlenbach ein neues Baugebiet für mehrere tausend Bewohner zu schaffen“, sagt Minkel. Dieses Areal schmiegt sich in Form eines Bumerangs direkt in Verlängerung des Lupinenkreisels in Dortelweil-West nach Norden hin an. Minkel erahnt schon jetzt, dass es auch zum politischen Bumerang für die Planer werden könnte. „Dieses schmale, rund zweieinhalb Kilometer lange Baugebiet hätte alle Merkmale einer isolierten Splittersiedlung, die städtebaulich unerwünscht ist und gegen alle Regeln einer geordneten städtebaulichen Entwicklung verstoßen würde“, ist er sich sicher.

Ein Problem auch hier ist der Verkehr. Die B 3 ist nur einen Steinwurf entfernt. „Doch rund zehn Meter gehören hier Bad Vilbel. Ohne uns geht da gar nichts mit einem Anschluss“, macht Minkel Entschlossenheit klar, sich gegen derartige Pläne zu stellen. Denn ein Anschluss an das Schienennetz sei hier noch unrealistischer als am Pfingstberg.

Bereits jetzt haben sich laut Schwander die Einwohnerzahlen von Nieder-Erlenbach, Harheim und Nieder-Eschbach seit der Eingemeindung 1972 fast verdoppelt. Im direkten Stadtgebiet seien hingegen im proportionalen Vergleich nur 40 000 Einwohner in dieser Zeit hinzugekommen.

Zehn Meter Schutz

„Ohne den Riedberg wäre hier gar nichts passiert“, sagt Schwander. Nieder-Erlenbach selbst hat rund 4700 Einwohner. „Wir sind ein Dorf und leben das auch so aus“, sagt er voller Überzeugung.

Das wird wohl auch vorerst so bleiben. Die Frankfurter Koalitionäre haben sich darauf geeinigt, einen neuen Stadtteil zwischen Praunheim, der Nordweststadt und Steinbach an der A 5 zu planen. Damit ist der Pfingstberg mindestens bis zur nächsten Kommunalwahl vom Tisch. Ganz Aufgeben will Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) die Idee aber nicht.

Klaus Minkel gibt sich vorbereitet: „Wir wollen keinen Zoff ohne Not, profitieren auch von der Nähe zu Frankfurt. Doch keine Stadt in dieser Region leidet so sehr unter Verkehrsdruck wie Bad Vilbel.“