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Privatwiesen gemäht – „Verschwundene“ Flächen kostenlos abgegeben und Pflege übernommen

Nach vielen Monaten Recherche hat die Verwaltung alle „verschwundenen“ Grundstücke der Stadt Karben wiedergefunden. Was manchem Nassauer wohl nicht gefallen dürfte und den Betrachter staunen lässt.

Karben. Der Dienstantritt von Bürgermeister Guido Rahn (CDU) im April 2010 hatte nicht nur eine politische Dimension, denn Rahn ist der erste Chef im Karbener Rathaus, der nicht der SPD angehört. Die weitere Dimension ist die des Aufräumens.

Dass das in der Verwaltung der städtischen Liegenschaften nötig würde, hatten vorher schon zwei Akteneinsichtsausschüsse des Parlaments zutage gefördert. Die Zusammenarbeit funktionierte weder zwischen Umweltamt, Liegenschaftsamt und Bauhof, noch zwischen Liegenschaftsverwaltung und Kämmerei. In letzterem Fall arbeiteten beide beim Verwalten der Bürgerhaus-Gaststätten oft nebeneinander her, was den Steuerzahler nach Einschätzung der Parlamentarier mindestens zehntausende Euro kostete.

Als Rahn als erstes die Mitarbeiter daran setzte, Jahre nach der Umstellung auf die doppelte Haushaltsführung endlich eine Eröffnungsbilanz zu erstellen, wurden sie bald erneut fündig. „Größere Differenzen“ zeigten sich laut Rahn, als sie die Flächen, die im Anlagevermögen der Stadt verzeichnet sind, mit den Pachtverträgen für städtische Äcker und Wiesenflächen verglichen.

Bekannt ist: Besonders das Umweltamt hatte Flächen für den Umweltschutz aus der Verpachtung herausgenommen. Ein Schwerpunkt war hier die Niddarenaturierung am Einsiedel-Wäldchen westlich von Burg-Gräfenrode. Die Methode: Das Amt gab neuen Nutzern mündliche Zusagen, meldete dies aber nicht an das Liegenschaftsamt zurück, berichtet Guido Rahn als Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Parlament.

Betroffen davon seien Flächen im gesamten Stadtgebiet. „Diverse Streuobstwiesen sind noch zuzuweisen“, sagt der Bürgermeister, ebenso rund zehn Hektar Wiesenflächen. Hier fehlten oftmals bislang Pachtverträge. Noch schlimmer: Teilweise kümmerte sich sogar die Landschaftspflegegruppe der Stadt um die an Privatleute vergebenen Areale. Stadt-Leute machten Pflegeschnitte, mähten das Gras!

Allein in der Nachbargemarkung Rodheim habe sich durch die Recherche herausgestellt, dass die Stadt dort 2,5 Hektar Flächen besitzt, berichtet Guido Rahn. „Für diese existierten keine Pachtverträge und wurden folglich auch keine Pachterlöse vereinnahmt.“

Mit derartigem Nassauern hat es inzwischen ein Ende. „Im Rahmen der Etatkonsolidierung werden zukünftig alle Flächen soweit irgend möglich gegen Entgelt verpachtet und nicht mehr kostenfrei überlassen“, sagt der Bürgermeister, „oder sogar teuer durch eigene Mitarbeiter gepflegt.“

Seit dem Pachtjahr 2010/11 und teilweise auch rückwirkend seien die Flächen nun den bisherigen oder neuen Pächtern in Rechnung gestellt worden. Wirklich teuer wird es für den Einzelnen zwar nicht, verlangt die Stadt doch gerade einmal einen Euro pro Streuobstbaum und Jahr – verlangt aber vertraglich eine ordentliche Pflege. Dennoch: „Hieraus resultieren Mehrerträge von rund 3200 Euro pro Jahr“, sagt der Bürgermeister.

Im Fall Rodheim ist die Summe noch beachtlicher: Dort seien nicht nur Pachtzahlungen soweit möglich nachgefordert, berichtet Rahn. sondern die Flächen danach verkauft worden – mit 120 000 Euro Einnahmen für die Stadt. (den)