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Stromlücke wird geschlossen – Die Stadtwerke verhandeln mit dem Energieversorger E.on über den Kauf des Netzes in Gronau

Bad Vilbel. Schon bald soll zusammenwachsen, was zusammengehört: Die Bad Vilbeler Stadtwerke wollen dem Energieversorger E.on das Gronauer Stromnetz abkaufen.

Dass Gronau als einziger Bad Vilbeler Stadtteil nicht zum Stromnetz der Stadtwerke gehört, ist ein Anachronismus, der aus dem Mittelalter stammt. Gronau kam im 15. Jahrhundert zur Grafschaft Hanau. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) und den Napoleonischen Kriegen (1803 – 1815) wurde Gronau im 19. Jahrhundert in die preußische Provinz Hessen-Nassau eingegliedert. Erst 1971 wurde Gronau durch die Gebietsreform, gemeinsam mit Dortelweil und Massenheim, nach Bad Vilbel eingemeindet. Deswegen wird Gronau noch immer von dem Energielieferanten EAM (Energie AG Mitteldeutschland) versorgt, der zu Netzbetreiber E.on Mitte gehört.

Doch das soll sich bald ändern. Er sei optimistisch, dass die Stadtwerke noch in diesem Jahr das Netz von der E.on übernehmen könnten, sagt Ralph Franke, Geschäftsführer der Stadtwerke. Eine Entscheidung könne gar schon bis zur Jahresmitte fallen. Dennoch sei es bis dahin noch ein weiter Verhandlungsweg.

„Es sind erste Gespräche geführt worden – wie beim Kauf eines Gebrauchtwagens.“ Man habe diesen nur von außen begutachtet, weder Motor noch Kofferraum gesehen. Auch sei unklar, ob er einen Austauschmotor habe.

Damit umschreibt der Stadtwerke-Chef, dass ihm konkrete Daten über den Zustand des Gronauer Stromnetzes bislang fehlten. Auch zum möglichen Kaufpreis gebe es noch unterschiedliche Erwartungen, deswegen könne er über mögliche Kosten noch nicht spekulieren. Es handele sich jedoch um eine sechsstellige Summe, „die die Stadtwerke nicht überfordern“ würde. Gegebenenfalls werde man auch Fremdkapital einbringen. Einen Zusammenhang mit dem geplatzten Engagement für das nicht in Bau gehende Kohlekraftwerk in Lubmin (die FNP berichtete) sieht Franke für das neue Vorhaben nicht: „Jedes Investment muss für sich wirtschaftlich sein.“ Die Netzerweiterung rechne sich, weil dann auch Netzentgelte flössen. Es gebe für beide Verhandlungspartner das klare Ziel des Verkaufs, betont Franke. Die Verhandlungen seien jedoch zeitlich nicht zu kalkulieren – für die E.on Mitte sei der Stadtteil Gronau „ein eher kleines Netzgebiet“, so Franke. Es habe auch schon Fälle gegeben, in denen sich Verhandlungen über mehrere Jahre hingezogen hätten. Erst seit dem Herbst hätten die Stadtwerke überdies die Konzession zur Nutzung und so erst die Gelegenheit, den Erwerb praktisch durchzuführen, erläutert Franke. Für den Kauf sprächen auch Aspekte der Stadtentwicklung, so Franke. Wenn die Stadtwerke als Netzbetreiber nicht nur für Gas und Wasser, sondern auch für den Strom zuständig seien, könne, wie in den anderen Ortsteilen, auch in Gronau aus einer Hand geplant werden. Straßen müssten dann nicht mehr zu verschiedenen Zeitpunkten aufgerissen werden.

Im restlichen Stadtgebiet bewirtschaften die Stadtwerke das 170 Kilometer lange Stromnetz, das sie 1999 vom Friedberger Versorger Ovag übernahmen – für die Summe von 22 Millionen D-Mark.

Nach dem Kauf des Mainova-Gasnetzes auf dem Heilsberg und dem Erwerb des Ovag-Stromnetzes wäre der Gronauer Netzkauf der letzte Baustein, um zu einem lupenreinen Vilbeler Netz zu gelangen, erklärte vor Jahren der einstige Stadtwerke-Geschäftsführer Klaus Minkel.

Als die Stadtwerke das Ortsnetz 1999 von der Ovag kauften, sei dies nicht möglich gewesen, da die Forderung der E.on viel zu hoch gewesen sei. Doch seit einigen Jahren liege ein Urteil vor, das den Kaufpreis auf den Ertragswert begrenze.

Obwohl das Gronauer Netz noch zur E.on gehöre, seien bereits 250 der 1100 Haushalte in den Stadtwerke-Tarif gewechselt, so die Stadtwerke. Bei einem Haushalts-Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden ergebe sich bereits im allgemeinen Tarif eine Ersparnis von jährlich 33,83 Euro, kalkulieren die Stadtwerke. Beim Vergleich des E.on-Tarifs „Strom optimal“ mit dem Wahltarif der Stadtwerke käme eine Ersparnis von 43,03 Euro zustande. Bei einem Wechsel im Januar sei aber frühestens zum März der neue Tarif wählbar – es müsse mindestens ein Monat dazwischenliegen, erläutert Franke.