Veröffentlicht am

Viel Kaufkraft fließt ab

Karbener lassen ihr Geld lieber in den Läden der Nachbarstädte

Mit einer Veranstaltungsreihe zur Stadtentwicklung lud der Magistrat kürzlich die Bürger zur Mitsprache, zu Anregungen und Wünschen ins Bürgerzentrum ein. Zur Diskussion standen Themen des Einzelhandels, der Versorgung, der lokalen Ökonomie sowie der sozialen Infrastruktur.

Karben. Zu Beginn der Diskussionsrunde umriss Heiko Heinzel, Fachbereichsleiter Stadtplanung und Verkehr, mit einem kurzen Vortrag das angegebene Thema und gab einen Überblick zur Situation in den Stadtteilen. Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl des Forums bündelte Moderatorin Kristina Oldenburg die Fragestellungen zu einem Gruppen-Thema, das sogleich als eines der wichtigsten Themen zur Stadtentwicklung kontrovers diskutiert wurde.

Kritik an mangelnder Nahversorgung und fehlendem Einzelhandel in den Stadtteilen sei nicht allein ein Karbener Problem. Der Kunde entscheide die Standortfrage. Discounter und Einkaufszentren auf der grünen Wiese bestimmten das Einkaufsverhalten. Wenn auch Karben vom Regionalverband noch als Unterzentrum eingestuft werde, so verfüge die Stadt doch über „eine gute Kaufkraft“, betonte Heinzel. Nur „das Geld fließt in die Nachbarstädte Bad Homburg, Hanau oder nach Frankfurt ab“. Ein lokales Quartier von Geschäften im Einzelhandel gehöre der Nostalgie an.

Mobilität bestimmt

Je nach Mobilität und Arbeitsplatz werde das Einkaufsverhalten bestimmt, habe das Dorf oder der abseits gelegene Stadtteil als Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ausgedient. Doch sei auch wieder ein Gegentrend feststellbar, wandte Bürgermeister Guido Rahn (CDU) ein: „Die Leute orientieren sich wieder vermehrt an wohnortnahen Zentren, doch die Stadt selbst könne weder das Einkaufsverhalten ändern noch den Einzelhandel zwingen, neue Geschäfte zu eröffnen.

Seitens der Stadtplanung bestehe zwar die Möglichkeit, über das Satzungsrecht Bauvorhaben festzuschreiben, „aber so groß sind die Möglichkeiten nicht, und wir haben keinen Einfluss auf die privaten Geschäfte und Ketten“. Verlierer hierbei seien die Menschen in den Stadtteilen, wie Herbert Helfrich am Beispiel von Burg-Gräfenrode beschrieb. „Die Leute ziehen sich ins Private zurück, was bleibt, sind soziale Tristesse und kulturelle Ödnis, sagte Helfrich.

Was Helfrich beschrieben habe, finde auch in den anderen Kommunen auf dem Land statt, die nicht nur einen Einwohnerrückgang und mindere Steuereinnahmen beklagten, sondern auch Leerstände bei den Immobilien, erklärte Fritz Amann. „Den Kommunen fehlt schlichtweg das Geld, um Alternativen zu entwickeln“, sagte er . So werde die Stadtentwicklung vermehrt von Investoren bestimmt, und dies nach Quadratmetern an Verkaufsfläche, nicht an der räumlichen Entwicklung einer sozialen Infrastruktur. Doch gäbe es auch Gegenbeispiele, wie etwa in Okarben. Dort betreibt die Lebensmittelkette Tegut gemeinsam mit dem Berufsbildungswerk im Sinne der Ausbildung einen Dorfladen.

Ein Projekt, das auch Rewe-Filialleiter Michael Fuchs „für kleine Lokalitäten gut“ findet. Doch seien dies „halbe Non-Profit-Läden“, bei denen die Jugendlichen vom Staat gefördert und deren Lohn nicht mit eingerechnet werde. Andere Probleme sah die Kauffrau Heidrun Roßmus: „Ladenschlusszeiten im Einzelhandel, Sonntagsverkaufsverbot und Internethandel machen dem Einzelhandel zu schaffen. Eine Tankstelle habe 24 Stunden geöffnet, auch sonntags. da können wir nicht mithalten.“

Was als Resümee der zweiten Gesprächsrunde bleibt, sind Wünsche an eine Stadtentwicklung in Karben mit Geschäften, Cafés und kleinen lokalen Märkten der Lebensmittelversorgung in den Stadtzentren, die zu Fuß zu erreichen sind. Wohnortnahe Versorgung eben.