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Viele schöne Lieder ohne Gema-Gebühren

Bad Vilbel. In dem Heft stehen 49 Kinderlieder, die nicht nur gesungen, sondern auch kopiert werden dürfen. Die Drei- bis Sechsjährigen zählten auf, welche Lieder sie kennen. Dazu gehörten „Backe, backe Kuchen“, „Die Vogelhochzeit“, „Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann“, „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ oder „Hoppe, hoppe Reiter“. Zum Beweis stimmten einige der Mädchen und Jungen sofort eins der Lieder an.

„Das ist aber ein schönes Geschenk“, freute sich Erzieherin Alexandra Erbes. „Das Liederheft ist für uns sehr gut, weil wir viele Lieder nicht mehr vervielfältigen dürfen. Schön ist, dass auch die Noten dabei sind.“ Auch die Leiterin der Gronauer Kita „Löwenburg“ Alice Löw freute sich über das unerwartete Geschenk des Frankfurter Vereins „Musikpiraten e. V.“.

Peter Ringel wird je ein Exemplar des durch Spenden finanzierten Liederbuches an jede Kindertagesstätte in Bad Vilbel verteilen. Gedruckt wurden nach Angaben des Vereins fast 55 000 Bücher mit gemafreien Kinderliedern, die kostenlos an alle 50 299 Kinderbetreuungseinrichtungen Deutschlands verteilt werden sollen. Zweck des gemeinnützigen Vereins „Musikpiraten“ ist „die Förderung freier Kultur mit Schwerpunkt Musik als künstlerischem Ausdrucksmittel.“ Hintergrund der bundesweiten, am 1. Dezember 2010 angelaufenen Aktion ist, dass seit Ende 2010 die Träger von Kindergärten und Kindertagesstätten Verwertungsgebühren für kopierte Notenseiten an die GEMA und die VG Musikedition bezahlen sollen.

In der Pressemitteilung der VG Musikedition heißt es: „Der neue Präsident der VG Musikedition, Dr. Axel Sikorski, betonte, er sehe in der Bekämpfung des illegalen Fotokopierens, das für die Musikverlage jährlich Umsatzverluste in zweistelliger Millionenhöhe bedeute, die größte Herausforderung der nächsten Jahre. Von besonderer Bedeutung sei dabei, dass öffentliche wie private Musikschulen zukünftig endlich eine angemessene Vergütung für das massenhafte Kopieren von Noten zahlen.“ Neben den Musikschulen wurden als lohnenswertere Quelle Kindergärten entdeckt. Die VG Musikedition hat mit allgemeinbildenden Schulen einen Pauschalvertrag abgeschlossen. Die Trägergesellschaften von vorschulischen Einrichtungen haben eine solche Vereinbarung bisher abgelehnt.

Die GEMA schrieb im Auftrag der VG Musikedition im Januar 2010 rund 30 000 Kindergärten an, um ihnen mitzuteilen, dass es nun endlich möglich sei, legal Noten zu kopieren. Und berief sich auf Paragraf 53 des Urheberrechtsgesetzes: „Die Vervielfältigung […] graphischer Aufzeichnungen von Werken der Musik […] ist, soweit sie nicht durch Abschreiben vorgenommen wird, stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig[…].“ Die VG Musikedition bot als Lösung für dieses Problem an, dass für 56 Euro ein Kindergarten in einem Jahr bis zu 500 Kopien anfertigen darf. Nicht erwähnt wurde, dass dies nur für Werke gilt, deren Urheber von der VG Musikedition vertreten werden.

Die rund 30 Vereinsmitglieder suchten auf ihrer Website ab Februar 2011 Sponsoren, die den Druck finanzierten, Helfer für den Notensatz und die Verteilung der Bücher. Positiv wie die Aufrufe verlief auch die Prüfung der Lieder auf Gemeinfreiheit. „In Deutschland gilt das Urheberrecht bis 70 Jahre nach dem Tod eines Urhebers oder 70 Jahre nach Veröffentlichung, falls der Urheber unbekannt ist.“

Laut Peter Ringel ist das Liederbuch nicht im Handel erhältlich, kann aber als pdf-Datei kostenlos von der Musikpiraten-Webseite www.musikpiraten-ev.de oder www. musik.klarmachen-zum-aendern.de/kinderlieder gedruckt, heruntergeladen und vervielfältigt werden.

Als gedrucktes Buch „Book-on-demand“ist „Kinder wollen singen“ bei epubli www.epubli.de/shop/buch/Kinder-wollen-singen-Christian-Hufgard /7091 zu beziehen.