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Vilbel – die Wiege der Allianz – Wilhelm von Finck – eine glänzende Karriere: Vom „Vilbeler Bub“ zum Weltbanker und bayrischen Adligen

Bad Vilbel. Dass Bad Vilbel Spitze ist, gilt bei der quellenstädtischen CDU als unumstößlicher Konsens, aber so Spitze, das hätte selbst CDU-Chef, Ehrenstadtrat und Geschäftsführer der Stadtwerke, Klaus Minkel, nicht gedacht. Bauklötze staunte er, als ihm dieser Tage ein Papier mit der Biographie einer berühmten Persönlichkeit des deutschen Wirtschaftslebens in die Hände fiel. „Die Wiege der Allianz in Bad Vilbel!“, kommentierte Minkel erstaunt, aber breit lächelnd, denn nie und nimmer wäre er auf solch eine Idee gekommen.

Wilhelm Peter von Finck, bedeutender Wirtschaftler und Bankier, wurde am 6. Februar 1848 in Vilbel geboren und starb am 8. April 1924 in München. 1880 gründete er die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft und 1890 die Allianz Versicherungs-AG.

Sein Großvater Burkhard Finck (geb. 1768, gest. 1848) betrieb mit Peter Schäfer etwa seit 1790 in Vilbel, in der Frankfurter Straße 27, einen Einzel- und Großhandel für Spirituosen, Öl, Essig, Seife, Kolonialwaren und eine eigene Fabrikation für Apfelwein, Essig und Branntwein. Burkhard Finck war 1803 Bürgermeister in Vilbel und hatte zwei Söhne: Heinrich Finck, Pfarrer in Trebur, und Wilhelm Finck (geb. 1810, gest. 1883), Kaufmann in Vilbel und hier Bürgermeister im Jahre 1859.

Wilhelm Finck errichtete zur Erinnerung an seinen Vater und seine Mutter kurz vor seinem Tode die Finck-Schäfer-Stiftung. Wilhelm Finck hatte drei Kinder: Den bereits genannten Allianz-Gründer Wilhelm, dann August (geb. 1850 in Vilbel, gest. 1903), und Marie, (geb. 1853 in Vilbel, verheiratet mit Dr. Wilhelm Kern, gest. 1935 in München).

Der älteste Sohn Wilhelm besuchte in Frankfurt eine Privatschule, absolvierte seine Lehre und Gehilfenzeit im Bankhaus Phil. Nic. Schmidt, ging dann nach London und trat 1870 zunächst als Prokurist in das Bankhaus Merck, Christian & Co. in München ein. 1872 wurde er Teilhaber des Bankhauses, dessen Name 1879 geändert wurde, in „Merck, Finck & Co., München“, was bis heute so blieb. Teilhaber wurden unter anderem die beiden Brüder Wilhelm und August Finck mit je 250 000 Mark, insgesamt betrug das Kapitalvermögen der Bank damals drei Millionen Mark. Der Vilbeler Wilhelm Peter von Finck war außer an der besagten Gründung der Münchener Rück und der Allianz Versicherungs-AG auch an der Münchener Trambahn AG sowie an der Aktiengesellschaft Bürgerliches Brauhaus München und der Isarwerke GmbH beteiligt, schließlich – in der Hochphase der Industrialisierung des Deutschen Kaiserreichs – auch am Ausbau des Eisenbahnnetzes und der Wasserkraftwerke.

Am 21. Mai 1905 wurde Wilhelm Finck mit Immatrikulation bei der Ritterklasse am 10. Juni als Chef des Bankhauses Merck Finck & Co und königlich bayerischer Kommerzienrat in den bayerischen persönlichen Ritterstand erhoben. Am 1. März 1911 mit Immatrikulation am 21. April bei der Adelsklasse wurde er als Gründer und Besitzer des Wilhelm v. Finck’schen Fideikommiss und lebenslänglicher Reichsrat der Krone Bayerns in den bayerischen erblichen Adelsstand erhoben.

Wilhelm (von) Finck war seit 1886 verheiratet und hatte zusammen mit seiner Frau Marie vier Kinder. Sein Nachfolger als Bankier war sein Sohn August von Finck senior, sein Enkel ist August Baron von Finck junior. Der Sohn verlegte 1999 seinen Wohnsitz in die Schweiz, auf Schloss Weinfelden, im Kanton Thurgau, und liegt mit einem geschätzten Vermögen von rund sieben Milliarden Euro auf Platz 8 des Forbes-Ranking 2006 für Deutschland.

Wilhelm von Finck wird als einer der wichtigsten Wirtschaftler aus der Zeit von 1879 bis 1924 eingestuft. Und er dürfte in der Tat auch „eine außergewöhnliche Persönlichkeit“ so Minkel, gewesen sein, wie überlieferte Äußerungen beweisen. In Zusammenhang mit Bankgeschäften präzisierte er mal: „Die Solidarität und der tadellose Charakter der Geschäfte, welche wir machen, schließen größeres Risiko aus, erfordern allerdings eine unendlich größere Arbeitskraft und Umsicht sowie persönliches Eingreifen, als dies bei anderen konkurrierenden Firmen und Banken der Fall zu sein pflegt“. Und im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung schrieb er: „Das Recht, meine Meinung frei herauszusagen und so abzustimmen, wie ich es im Interesse der Gesellschaft für geboten erachte, werde ich mir niemals und von niemanden verkümmern lassen.“ Das waren aufrechte und mannhafte Worte vor 75 Jahren, die heute noch ihre Mustergültigkeit bewahren. Eine ausführliche Biografie würdigt sein Leben und sein Wirken.

Literatur-Hinweise zu Wilhelm Peter von Finck: • Hoffmann, Bernhard: Wilhelm von Finck 1848-1924. Lebensbild eines deutschen Bankiers, Verlag Beck, München 1953. • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band III, Band 61 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1975, ISSN 0435-2408