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Zehn Jahre Familienbüro

Leiterin Jutta Wagner nimmt sich viel Zeit für die Gespräche mit den Bürgern

Jutta Wagner packt im Haus der Begegnung eine der beliebten „Hallo Baby“-Taschen und freut sich über das Jubiläum des Bad Vilbeler Familienbüros. Foto: Privat
Jutta Wagner packt im Haus der Begegnung eine der beliebten „Hallo Baby“-Taschen und freut sich über das Jubiläum des Bad Vilbeler Familienbüros. Foto: Privat

Jutta Wagner ist eine Pionierin: Im Bad Vilbeler Rathaus eröffnete sie vor zehn Jahren das erste Familienbüro in der Wetterau. Bis heute ist es im Landkreis das einzige seiner Art und war Vorbild für viele Gründungen von Familienbüros in Städten von der Größe Bad Vilbels. Wie alles begann, und welche Aufgaben das Familienbüro übernimmt, erklärt sie im Interview.

Wie ging es seinerzeit los mit der Idee des Familienbüros?

JUTTA WAGNER: Vor genau zehn Jahren erhielt unsere Stadt leider nicht den Zuschlag für das Landesprojekt „Familienstadt mit Zukunft“. Das spornte uns trotzdem an, einige Visionen aus unserer Bewerbung umzusetzen. Wir haben noch im gleichen Jahr das Familienbüro gegründet. Nach 7-jähriger Tätigkeit im Seniorenbüro schenkte man mir das Vertrauen, die Leitung des Familienbüros zu übernehmen.

Wieso empfehlen Sie anderen Gemeinden ein solches Büro nach dem Bad Vilbeler Vorbild?

WAGNER: Wir sind eine kompetente Anlauf- und Servicestelle für Familien, so dass ich direkt an die zuständigen Einrichtungen weiterverweisen kann. So verkürzen sich die Laufwege für die Bürger.

Skizzieren Sie doch einmal Ihre Aufgaben und die des Familienbüros.

WAGNER: Vorrangig arbeite ich beratend und als Koordinatorin. Das heißt, ich höre gut zu und führe die Gespräche diskret. Ich nehme mir Zeit für die Anfragen der Bürgerinnen und Bürger. Es gibt kaum ein Thema, welches Betroffene nicht ansprechen. Ich bin über deren Offenheit und Vertrauen sehr dankbar. Nur so kann ich mir ein Bild über die Situation von Familien machen und an die richtige Einrichtung und Behörde weiterverweisen. Die Themen umfassen Fragen wie „Wir erwarten ein Kind, an was ist zu denken?“, „Wo und wie beantrage ich Elterngeld?“, „Welche Angebote gibt es bei der Kindererziehung für Familien?“ oder „Wie finde ich eine Tagesmutter?“. Aber auch Trennung und Scheidung, Krankheit, Todesfall oder Arbeitslosigkeit sind Themen. Außerdem bin ich für den Sozialkompass Bad Vilbel zuständig. Ferner ist das Familienbüro Kooperationspartner für das „Welcome-Projekt“ in Bad Vilbel. Viel Freude bereitet mir auch die Leitung eines Elterntreffs im Haus der Begegnung.

Mit wem arbeiten Sie als städtische Angestellte für das Familienbüro zusammen und welche Kooperationen haben sich in den Jahren entwickelt?

WAGNER: Wir haben in Bad Vilbel ein gut funktionierendes Netzwerk. Die Arbeit mit den Kollegen der sozialen Einrichtungen in Bad Vilbel wie die Nachbarschaftshilfe, Bürgeraktive, Kinderschutzbund, Kitas, Kirchen, AWO und viele mehr klappt hervorragend. Auch das Netzwerk mit dem Wetteraukreis und den überregionalen Stellen, die für Bürger in Bad Vilbel zuständig sind, funktioniert gut.

Sie bieten wöchentliche Sprechstunden im Haus der Begegnung an. Welche Themen fallen dort typischerweise oft an und wer nimmt diese Sprechstunden wahr?

WAGNER: Die Sprechstunde wird gerne von Bürgern wahrgenommen, die zentral in Bad Vilbel wohnen und nicht mobil sind oder eine gewisse Anonymität wünschen. Manche scheuen sich immer noch, zu einem Amt oder einer Behörde zu gehen und wählen lieber unser Beratungsangebot. Die Tür zum Beraterbüro steht für alle offen. Die Themen umfassen die gesamte Bandbreite familienrelevanter Angelegenheiten.

In zehn Jahren Ihrer Arbeit ist bestimmt viel passiert. Welche Erlebnisse haben das Familienbüro geprägt und was waren Meilensteine in dieser Dekade?

WAGNER: Es ist tatsächlich einiges passiert. Das Angebot wurde von Anfang an so rege angenommen, dass meine Wochenarbeitszeit nach einem Jahr bereits von 25 auf 30 Wochenstunden kletterte. Wir haben Vorträge und Informationsabende wie „Der Familienrat“, „Unerfüllter Kinderwunsch“, „Trennung–Scheidung“, „Wenn die Nerven blank liegen“ und „Erste-Hilfe-Kurse am Kind“ organisiert. Auch ein Familientag im Wald und Ausflüge zu Spielplätzen und zum Dottenfelder Hof wurden unternommen. Das Welcome-Projekt, die Verteilung von Willkommenstaschen und weitere Sprechstunden kamen hinzu. Unser Familienbüro gehörte auch von Beginn dem Netzwerk Frühe Hilfen Wetteraukreis an.

Lustig finde ich immer wieder, dass fast alle Gespräche und Telefonate der Ratsuchenden mit dem Satz anfangen „Ich weiß nicht ob ich bei Ihnen richtig bin.“

Ich hoffe, dass ich diese Unsicherheit den Bürgern im Laufe der Gespräche nehmen konnte. Besonders dankbar sind die Betroffenen, dass sich jemand Zeit nimmt und zuhört und schnell handelt. Ich beende meine Gespräche immer mit der Frage: „Waren das Gespräch und die Beratung für Sie so in Ordnung oder gibt es noch Unklarheiten?“ und überreiche meine Visitenkarte. Erst dann ist auch für mich das Gespräch gut gelaufen.

Für alle Neugeborenen gibt es in Bad Vilbel ein „Hallo Baby“-Paket, welches mittlerweile wirklich sehr beliebt ist. Was ist darin enthalten und wie kam es zu dieser Idee?

WAGNER: Die Idee stammt von unserem früherer Abteilungsleiter Herrn Jäger. Darin sind ein Baby-T-Shirt mit der Aufschrift „Bad Vilbeler Junge/Mädchen“, ein Spielzeugauto aus Holz von den Praunheimer Werkstätten, eine Willkommenstasche, welche die Stadtwerke Bad Vilbel sponsern. In der Umhängetasche sind außerdem aktuelle Infos für Eltern und der Willkommensbrief unseres Bürgermeisters.

Was motiviert Sie Tag für Tag neu, sich für Bad Vilbeler Familien einzusetzen und dem Familienbüro ein Gesicht zu geben?

WAGNER: Ich weiß am Beginn des Tages nie, welche Fragen auf mich zukommen. Mal gibt es Tage, die verlaufen entspannt – dann folgen solche mit Anfragen, die besonders komplex sind. Besonders wenn Kinder betroffen sind, ist es für mich nicht immer einfach. (red)


Jutta Wagner ist telefonisch unter (0 61 01) 60 22 77 erreichbar. Die Servicezeiten sind montags bis donnerstags von 7 bis 12 Uhr sowie donnerstags zusätzlich von 13 bis 17.30 Uhr. Im Haus der Begegnung, Marktplatz 2, ist sie mittwochs von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr anzutreffen.