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Als jüdische Freunde verschwanden

Karben. Der Deutsch-Ausländische Freundschaftskreis (DAF) und die evangelische Kirchengemeinde Klein-Karben hatten zum Gedenken an die Opfer der Novemberpogrome von 1938 in die St. Michaelis-Kirche eingeladen. Judith Schwarzenberg aus Bad Nauheim, Journalistin, Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Bad Nauheim und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, erzählte vor rund 25 Zuhörern aus ihrem Leben.

Sie wurde in Dresden geboren, kam mit einem Jahr nach Leipzig. Die Familie war evangelisch, und bereits als Kind habe sie jüdische Freunde gehabt, auch ihre Eltern hätten jüdische Bekannte gehabt. Nach den Deportationen jüdischer Menschen hieß es, sie seien verreist. „Wir haben uns nie getraut zu fragen, wohin meine Klassenkameraden verschwunden sind.“ Nach Bad Nauheim sei sie aus gesundheitlichen Gründen gekommen, dort habe sie am Theater und im politischen Kabarett gearbeitet und nach dem Krieg die Kultur wieder mit aufgebaut.

Vor einiger Zeit ist Schwarzenberg im Alter von 78 Jahren zum jüdischen Glauben übergetreten. Sie bezeichnet sich als liberale Jüdin. „Ich war 17 Jahre lang mit einem sehr orthodoxen Juden liiert, der Auschwitz überlebt hat. Bei ihm habe ich erstmals eine auf dem Arm eintätowierte Nummer gesehen und ganz naiv gefragt, was es damit auf sich hat.“

Schwarzenberg gab Einblicke in die Aufgaben der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die zum besseren Verständnis der Religionen beitragen möchte. Zu diesem Zweck habe man Journalisten aus Israel und jüngst eine Abgeordnete der Knesset, des israelischen Parlaments, nach Bad Nauheim eingeladen. Zu ihrem Besuch seien NPD-Demonstranten aufmarschiert.

Im „Cafe Abraham“ träfen sich mehrfach im Jahr Vertreter der katholischen, evangelischen, griechisch-orthodoxen, muslimischen und jüdischen Religionen und tauschten sich aus. Das Miteinander-Reden sei wichtig. (kre)