Veröffentlicht am

Eine blühende Fantasie – Ein Gespräch mit der Bad Vilbeler Autorin Hanna Winter, die es auf die Bestsellerlisten geschafft hat

Bad Vilbel. Rund hunderttausend neue Bücher werden jedes Jahr in Deutschland veröffentlicht. Aus dieser Flut heraus zu stechen und mit dem ersten eigenen Buch einen Platz auf der Bestsellerliste zu ergattern, das gelingt nicht vielen. Die Bad Vilbeler Buchautorin Hanna Winter (28) schaffte genau diesen Sprung: Mit ihrem Werk „Die Spur der Kinder“ stieg sie auf Platz 27 der Spiegel-Bestseller ein. Mit unserer Mitarbeiterin Jana Kötter traf sich die junge Frau an Orten, an denen sie ihre Kindheit verbrachte – und kramte dabei in Bad Vilbeler Erinnerungen.

Frau Winter, nach dem Besuch des Georg-Büchner-Gymnasiums haben Sie ihre Heimatstadt Bad Vilbel sehr bald verlassen. Was führte Sie zu dieser Entscheidung?

HANNA WINTER: Das war nie eine Entscheidung gegen Bad Vilbel. Für mich ergab sich aus meiner beruflichen Entwicklung keine andere Alternative. Ich studierte in Hamburg und begann kurz danach ein Praktikum bei einem großen deutschen Society-Magazin in Berlin, wo ich kurz darauf eine Redakteursstelle antrat. Deshalb zog es mich in die Hauptstadt.

Wie wurde aus der Journalistin die Buchautorin Hanna Winter?

WINTER: Ich wechselte schließlich als Textchefin zum Deutsch-Magazin. Als die Redaktion später aber nach Köln verlegt wurde, hatte ich mich bereits in Berlin eingelebt. So entschied ich mich, in der Hauptstadt zu bleiben und den ersten Thriller zu schreiben (schmunzelt). Meine Eltern haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.

Wie kamen Sie auf die Idee, einen Roman zu schreiben?

WINTER: Ich hatte schon immer eine blühende, manchmal vielleicht zu blühende Fantasie. Für mich ist ein Waldspaziergang nie nur ein Waldspaziergang – mehr unwillkürlich laufen da parallel immer schon etliche düstere Geschichten in meinem Kopf ab. In solchen Momenten ist mein Leben ein einziges Kopfkino, in dem es auch gerne mal blutrünstig zugehen kann. (lacht). Als Journalistin stand ich der Sprache schon immer sehr nahe, gepaart mit – nicht immer nur vorteilhafter – überschwänglicher Fantasie lag das mit dem Schreiben schließlich nahe.

Wenn Sie zurückdenken an Ihre Jahre in Bad Vilbel, welche Bilder und Erinnerungen werden da in Ihnen wach?

WINTER: Natürlich ist die Zeit der Kindheit eine besonders prägende. Und ich habe ja nicht nur meine Kindheit in Bad Vilbel verbracht, sondern auch die Pubertät. Wenn ich an Bad Vilbel denke, denke ich auch an Turteleien im Freibad, die erste Liebe und heimliche Küsse in den hintersten Reihen des Open-Air-Kinos.

Was ist Ihr persönlicher Lieblingsort in Bad Vilbel?

WINTER: Die „Alte Mühle“ mochte ich immer schon sehr gerne. Da gehe ich heute noch mit alten Freunden hin, genauso wie zu den Burgfestspielen. Ich finde es klasse, dass sich Bad Vilbel kulturell so mausert!

Welches Verhältnis haben Sie heute zu Ihrer Heimatstadt?

WINTER: Ich bin immer wieder gerne in Bad Vilbel, besuche mehrmals im Jahr meine Eltern und meine lieben Großeltern, die auf dem Heilsberg wohnen. Genau wie ich sind viele meiner ehemaligen Schulkameraden inzwischen weggezogen. Trotzdem treffe ich immer wieder alte Bekannte, wenn ich hier in Bad Vilbel zu Besuch bin. Darüber freue ich mich jedes Mal sehr. Nicht zuletzt sehne ich mich im stressigen Alltagszirkus einer Großstadt wie Berlin öfters auch mal nach Ruhe und Idylle, wie man sie etwa im Vilbeler Kurpark findet.

Finden sich in Ihrem Roman Parallelen zu Ihrer Kindheit, zu Ihrem Heimatort?

WINTER: In „Die Spur der Kinder“ habe ich keine Kindheitserinnerungen oder Bilder aus meiner alten Heimat einfließen lassen – das wäre ja auch schlimm (lacht). Zurzeit schreibe ich bereits an meinem nächsten Thriller, der nächsten Sommer erscheinen wird. Für eines der nächsten Projekte kann ich mir dann durchaus vorstellen, die Handlung mal in Frankfurt spielen zu lassen.

Wer liest Ihre Entwürfe als erstes?

WINTER: Mein Partner Alex. Er schreibt selber Drehbücher. Das passt super, weil wir den gleichen Hintergrund haben. Da versteht man die Arbeit des anderen und kann manchmal wertvolle Tipps geben. Eine objektivere Meinung ist wichtig, denn nur weil ich eine Szene spannend finde, heißt das ja noch lange nicht, dass das auch die anderen tun.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten?

WINTER: Ich lese selber sehr gerne, gehe oft ins Theater und höre klassische Musik. Ich bin kein Mensch, der großes Entertainment braucht. Daheim habe ich auch keinen Fernseher. Gemeinsam mit Alex reise ich sehr gerne. Es ist sehr praktisch, dass wir mit unseren Laptops quasi von überall aus schreiben können, obwohl ich mich manchmal auch nach den geregelten Strukturen in der Redaktion zurücksehne. Wir haben zuletzt vier Monate in Südafrika und lange Zeit in Tokio gelebt. Mich hält es nie lange an einem Fleck. Sogar in Berlin bin ich schon sechs Mal umgezogen.

Führt Ihr Weg denn irgendwann zurück nach Bad Vilbel?

WINTER: Ich bin kein Mensch, der gut planen kann. Es kann auch sein, dass ich in fünf Jahren etwas völlig Anderes mache. Mir ist sehr wichtig, mich stetig weiterzuentwickeln. Die nächsten Thriller sind geplant, aber ich könnte mir auch gut vorstellen, mich irgendwann einmal in der Belletristik auszuprobieren. Wer weiß, vielleicht schreibe ich die ja dann auf dem Heilsberg? Bei mir weiß man das nie so genau.

Hanna Winters Thriller „Die Spur der Kinder“ ist im Ullstein Verlag erschienen (ISBN 978-3-548-28255-8), 338 Seiten, Taschenbuch, für 8,95 Euro im Buchhandel erhältlich.