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Gebühren steigen – Sozialausschuss stellt Weichen für automatische Anpassung der Kita-Beiträge – Martin Gecks blockiert Oppositions-Chance

Den Eltern reicht’s: Dem unbefristeten Streik wollen sie ein Ende setzen. Doch erstmal müssen sie wohl bald höhere Gebühren bezahlen. Archivfoto: Kopp
Den Eltern reicht’s: Dem unbefristeten Streik wollen sie ein Ende setzen. Doch erstmal müssen sie wohl bald höhere Gebühren bezahlen. Archivfoto: Kopp

Wer soll für Kindergärten Gebühren zahlen? Eltern und Steuerzahler gemeinsam – wobei die Eltern dann in beiden Gruppen wären – oder alle Steuerzahler zu gleichen Teilen? Zu einer Grundsatzdiskussion artete das Thema der anstehenden Gebührenerhöhung im Sozialausschuss aus. Das Rennen verlor dabei die Opposition. Obwohl sie rechnerisch seit kurzem über die Mehrheit im Ausschuss verfügt.

Bad Vilbel. „Es ist eine Schande, was hier in Bad Vilbel passiert.“ So manch ein Elternteil kann sich nicht mehr zurückhalten, nachdem die Abstimmung gelaufen ist. Zahlreiche Eltern haben mit ihren Kindern die Sitzung verfolgt, auch danach verwickeln sie einzelne Abgeordnete in Diskussionen über etwaige Ungerechtigkeiten. Denkbar knapp geht die Abstimmung für die Erhöhung der Gebühren aus. Die Opposition aus SPD, Grünen und DNF stimmt geschlossen gegen die Vorlage. Das Zünglein an der Waage bildet Martin Gecks von den Freien Wählern. Pro forma Teil der Opposition stimmt er mit der CDU und verhilft ihr so zur Mehrheit.

Dabei haben ihn die anderen Oppositions-Fraktionen bekniet, seinen Standpunkt zu überdenken. Immerhin, so Jens Matthias (Grüne), habe er sich im Parlament immer wieder gegen Gebührenerhöhungen auf Kosten der Steuerzahler – und hier der Eltern in doppeltem Maße – ausgesprochen. Jüngst, als er beim Thema Straßenbeitragssatzung total blockierte und die anderen Parteien dazu aufgefordert hatte, in Wiesbaden und Berlin Druck zu machen, um derartige Vorschriften abzuschaffen.

Doch Gecks bleibt bei seiner Haltung. Die Ausgestaltung der Gebührenerhöhung hält er für sinnvoll. Demnach werden Tariferhöhungen für Erzieherinnen zu drei Vierteln den Eltern angelastet, die Inflation zu einem Viertel. Den Rest trägt die Stadt – und damit alle anderen Steuerzahler sowie die Eltern zum zweiten Mal.

Verantwortung

Dabei richtet Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP) zu Beginn der Sitzung ausdrückliche Dankesworte an die Eltern, ohne deren Hilfe und Engagement die derzeitige Streik-Situation nicht so zu überstehen sei. In den ersten zwei Wochen hätten alle Kinder ohne elterliche Betreuung einen Platz gefunden, in der dritten Streikwoche sei dies leider nicht mehr so. Von derzeit 125 Erzieherinnen in den kommunalen Kitas seien 53 im Streik, 31 im Urlaub oder krank und 41 im Dienst.

Zur geplanten Gebührenanpassung sagt sie, dass die Stadt flexibel auf Veränderungen im Tarif und der Inflation reagieren wolle. „Wir könnten alle paar Jahre per Beschluss erhöhen oder wie andere Kommunen eine Automatik anbauen.“ Das allerdings betrachtet die Opposition als Verdrängungsmechanismus. „Dieses hochpolitische Thema wollen Sie nun aus dem Parlament entfernen“, wirft Michael Wolf (SPD) der CDU vor. Diese Kritik teilen auch Christopher Mallmann (DNF) und Hannelore Rabl (Grüne).

„Wir verpassen den Eltern jetzt die bittere Pille und ziehen uns dann für alle Zeiten aus diesem Thema zurück“, bewertet Mallmann die Vorgehensweise und bringt gleich einen Änderungsantrag ein. Demnach sollen die Gebühren zum 1. August eines jeden Jahres neu festgelegt werden – allerdings per ausdrücklichen Beschlusses des Parlaments. Den Abgeordneten seien dafür neben der Entwicklung der Kosten, etwa durch Tariferhöhungen, auch ein Bericht über die tatsächliche Betreuungssituation (Gruppengröße, Verhältnis der Erzieherinnen zur Gruppenzahl) vorzulegen. Nur so sei der Verantwortung des Parlaments Rechnung zu tragen.

Das ist den Grünen noch zu wenig. Sie halten laut Kathrin Anders an ihrer Kernforderung fest, langfristig Eltern komplett von Kita-Gebühren zu befreien und die Kita kostenlos anzubieten. Dem pflichtet Isil Yönter (SPD) bei. Die Politik der kleinen Schritte sei jetzt nachvollziehbar, doch die Vision, dass Bildung nichts kosten dürfe, bleibe. Nicht realistisch, urteilt die CDU. „Die Stadt trägt bei dem jetzigen Modell den wesentlichen Teil der Kosten“, meint dazu Sebastian Wysocki.

Darüber, wie hoch dieser Anteil und jener der Eltern ist, entbrennt noch ein heftiger Disput. Während Michael Wolf je nach Einkommensklasse beim gestaffelten System von 19 bis 32 Prozent spricht, sieht die CDU den Elternanteil deutlich geringer, laut Irene Utter (CDU) im Mittelfeld der Kommunen bei etwa 18 bis 20 Prozent. Am Ende setzt sich die CDU dank der Hilfe von Gecks durch. Was jenem vom Grünen Jens Matthias den Vorwurf des Opportunismus einbringt. Das Parlament stimmt am 9. Juni ab.