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Getarnt als Junker Jörg

Luthers Weg im Jahr 1521 führt durch Bad Vilbel in Richtung Worms und Wartburg

Vor der Info-Tafel im Berkersheimer Weg (von links): Rudolf Marx, Vorsitzender des Vereins Lutherweg in Hessen, Günter Hinkel, Seniorchef von Hassia, Rudolf Beckmann, Vereinsvorstand Lutherweg, und Kurt Liebermeister vom Stadtmarketing Bad Vilbel. Foto: Kopp
Vor der Info-Tafel im Berkersheimer Weg (von links): Rudolf Marx, Vorsitzender des Vereins Lutherweg in Hessen, Günter Hinkel, Seniorchef von Hassia, Rudolf Beckmann, Vereinsvorstand Lutherweg, und Kurt Liebermeister vom Stadtmarketing Bad Vilbel. Foto: Kopp

Auf den Spuren der Weltgeschichte pilgern kann man nun auch in Bad Vilbel. Denn der Weg Martin Luthers zum Reichstag nach Worms führte den Reformator vor fast 500 Jahren durch die Quellenstadt und die Wetterau. Dazu gibt es jetzt Wegweiser und auch eine informative Tafel.

 

Bad Vilbel. „Hier stehe ich und kann nicht anders“ soll Martin Luther bei der Verteidigung seiner als ketzerisch ausgelegten Thesen, die er am 31. Oktober 1517 an die Wittenberger Schlosskirche angeschlagen hat, vor Kaiser Karl V. gesagt haben. Auch wenn dies inzwischen wissenschaftlich widerlegt ist, gehört dieser Satz zu jenen, den die meisten mit jenem Mann verbinden, der sinnbildlich die Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit überschreitet und den Weltreligionen eine weitere Strömung hinzufügt.

Als „weltgeschichtliches Ereignis“ bezeichnet dann auch Gerold Beckmann das Wirken Luthers. Und deswegen ist er auch stolz darauf, dass der Verein „Lutherweg in Hessen“ bereits Anfragen aus den USA und Japan für dieses Jahr erhalten hat. Pünktlich zum 500-jährigen Jubiläum des Thesenanschlags ist der Lutherweg 1521 nun begehbar.

Unter kirchlicher Acht

Während es zum Hinweg Luthers im April 1521 von Wittenberg nach Worms einige Unwägbarkeiten gibt, ist der Rückweg historisch doch einigermaßen gesichert, schildert Beckmann. Und so führen die rund 360 Kilometer Wegstrecke von Worms bis zur Wartburg bei Eisenach zum größten Teil durch Hessen. Dass der Lutherweg nun für Pilger aus aller Welt begehbar ist, liegt an langer Vorbereitung. Beckmann vom Vereinsvorstand skizziert, dass sich bereits in den Jahren 2010 und 2011 „ein paar Idealisten“ in Romrod und Herborn zusammengefunden haben, um das Projekt Lutherweg 1521 in Angriff zu nehmen.

Daraus entstand 2012 der Verein, der heute rund 100 Mitglieder hat, darunter Kommunen, Firmen und Gastronomie, aber auch Privatleute. „Es gibt nur wenige Pilgerwege in Hessen, den Bonifatiusweg, ein kleiner Teil des Jakobsweges und etwas zu den Hugenotten und Waldensern. Von Luther war nichts zu sehen“, schildert Beckmann.

Das wollten die Idealisten ändern. Denn während es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einige Lutherwege gibt, sei der hessische doch etwas Besonderes. „Dort hat man nur Städte, an denen Luther gewirkt hat, miteinander verbunden. Auf diesem Weg hier ist er wirklich gegangen, und das unter großen Gefahren.“ Denn schließlich stand Luther nach dem Reichstag unter kirchlicher Acht, musste als „Junker Jörg“ reisen.

Doch der Verein brauchte Geld, rund 500 000 Euro. „Die alten Heer- und Handelsstraßen „Die Kurzen Hessen“ – die damals kürzeste Wegeverbindung durch Hessen – waren vorhanden, doch brauchten wir Schilder, Info-Tafeln und auch etwa alle zehn Kilometer Rastplätze“, sagt Beckmann. Bei den Wegen habe man manchmal Kompromisse eingehen müssen, sagt der Vereinsvorsitzende Rudolf Marx. Doch seien die Gemeinden, durch die Luther kam, klar dokumentiert. So führt die Etappe von Friedberg nach Bad Vilbel, durch Ober- und Nieder-Wöllstadt, durch Okarben, Petterweil, Nieder-Erlenbach und Massenheim.

Im Heu schlafen

Das Land Hessen sicherte zwei Drittel der Summe zu, den Rest musste der Verein auftreiben. Für Bad Vilbel kommt hier Hassia ins Spiel. 3000 Euro hat das Unternehmen beigesteuert, aber bei weitem nicht alles im Lutherjahr, wie Seniorchef Günter Hinkel erläutert. So übernehme das Unternehmen auch die Hälfte der Finanzierung für ein Luther-Musical durch die Christuskirchengemeinde. Doch Hassia finanziert eben auch einen Teil des Weges. Und so ist am Berkersheimer Weg an der Fußgängerunterführung nun eine Info-Tafel zu finden. Diese geht auf den Weg Luthers ein, aber auch auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Doch auch einen Pilgerführer gibt es. Der beschreibt auf 136 Seiten die genaue Wegführung, geht auf Sehenswürdigkeiten, Lokale und Unterkünfte auf der Strecke mit insgesamt 18 Etappen ein. Das reicht vom Schlafen im Stroh bis zur Übernachtung im feinen Hotel. Doch einige Kriterien müssen sie erfüllen, etwa ob es Essenspakete zum Mitnehmen gibt und ob Kleidung hier getrocknet werden kann.

Buch und Broschüre


Neben dem 136-seitigen Pilgerführer gibt es auch ein Faltblatt. Es soll bald unter anderem in der Touristen-Information in Bad Vilbel ausliegen. Der Pilgerführer zum Preis von 13,95 Euro kann über den Buchhandel bestellt werden. Weitere Informationen zu den einzelnen Etappen gibt es im Internet unter www.lutherweg1521.de.
Offiziell eröffnet wird der Weg am 14. Mai in Romrod. (kop)