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Grüße aus der Jungsteinzeit – Ausgrabungen im Neubaugebiet »Im Bachgange« beendet

Fast 11 Hektar groß war die Fläche, die die Archäologin Heike Lasch (Mitte) mit sechs Mitarbeitern, darunter Alf Steinbrecher (rechts), untersucht hat. Hier zusammen mit Bürgermeister Klaus Büttner (links). Foto: Niehoff
Fast 11 Hektar groß war die Fläche, die die Archäologin Heike Lasch (Mitte) mit sechs Mitarbeitern, darunter Alf Steinbrecher (rechts), untersucht hat. Hier zusammen mit Bürgermeister Klaus Büttner (links). Foto: Niehoff

Niederdorfelden. Dass man in Niederdorfelden gut wohnen kann, wussten offensichtlich schon die Steinzeitmenschen schon. Denn die jüngsten Ausgrabungen auf dem Gelände des künftigen Wohngebietes »Im Bachgange« zeigen, dass dort Menschen schon vor 6000 Jahren gelebt haben.
Als die Ausgrabung am 12.September auf der fast 11 000 Quadratmeter großen Fläche begann und die Bagger den Ackerboden auf eine Höhe von etwa 50 Zentimetern zur Seite schoben, fiel der Vorhang für die Öffentlichkeit. »Wir wollten hier nichts verbergen. Die Geheimnistuerei diente vielmehr dazu, eventuelle Grabräuber von der Ausgrabungsfläche fernzuhalten«, verteidigte Archäologin Dr.Heike Lasch den Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Erfahrung habe gezeigt, dass den Archäologen oftmals Personen folgten, die nachts oder an den Wochenenden privat oder geschäftsmäßig nach alten Schätzen suchen würden. Die Funde gingen dann nicht nur den Museen und , sondern auch der Forschung verloren, wie der Bezirksarchäologe Dr. Dieter Neubauer vom Wiesbadener Landesamt für Denkmalpflege betonte. Zwar seien nicht alle Funde gleich wertvoll und für die Forschung wichtig, »jedoch weiß man nicht schon zu Ausgrabungsbeginn, was sich unter der Erde versteckt«, ergänzt der Kreisarchäologe Claus Bergmann.
Gefunden haben die Archäologen unter Anleitung von Dr. Heike Lasch, die vom Landesamt für Denkmalpflege mit der Ausgrabung auf dem Terrain »Im Bachgange« betraut wurde, verschiedene Tonscherben, steinerne Werkzeuge und zwei Gruben.
Die größere der beiden Gruben ist zehn mal zwölf Meter groß und bis zu 2,20 Meter tief.« Das ist deshalb so besonders, weil die Menschen zu der Zeit weder Bagger noch richtiges Werkzeug hatten, mit denen man so tiefe Gruben ausheben konnte«, verriet die Archäologin.
Ganz systematisch mit den neuesten technischen Möglichkeiten hatte ihr Team zuvor das rund elf Hektar große Gelände an der L 3008 abgesucht. Da, wo die Zeiger der hochempfindlichen Messgeräte ausschlugen, wurden erst rund 60 Zentimeter Ackerboden beseitigt und anschließend mit kleinen Spachteln oder teilweise sogar nur mit den bloßen Fingern weitergegraben. »Das war zum Teil Schwerstarbeit, denn bei der Trockenheit in diesem Sommer war der Lehmboden oftmals knüppelhart, teilweise sogar so hart wie Beton«, berichtet Alf Steinbrecher, Mitarbeiter im Archäologen-Team Lasch.
Die zahlreichen Funde, Befunde und Proben aus diesem Bereich deuten schon nach der ersten Inaugenscheinnahme darauf hin, dass die beiden Areale diesseits und jenseits der Bischofsheimer Straße zu unterschiedlichen Zeiten bewohnt waren.
Im Neubaugebiet »Im Hainspiel«, also jenseits der Bischofsheimer Straße, wurden bei Ausgrabungen Gegenstände aus dem brandkeramischen Kulturzeitraum (5600 bis 4800 v. Chr.) gefunden. Diesseits der Bischofsheimer Straße, also im Neubaugebiet »Im Bachgange« stammen die Fundstücke dagegen aus der Zeit um 4800 bis 4450 v. Chr., der sogenannten Rössener Kultur. »Schon damals haben die Leute offensichtlich gewusst, wo es sich gut leben lässt«, kommentiert Niederdorfeldens Bürgermeister Klaus Büttner (SPD) die Erläuterungen des Kreisarchäologen Claus Bergmann scherzhaft.
Da die Funde ein Fenster in die Vergangenheit öffnen, werden sie nun zunächst wissenschaftlich aufbereitet. Unter anderem sind Bodenproben zu »schlämmen« und von einem Archäobotaniker unterm Mikroskop zu untersuchen. So können Informationen zu Vegetation, Ernährung, oder menschliche Eingriffe der betrachteten Zeit herausgefunden werden. Oder gefundene Schlacken sind von Metallurgen zu untersuchen, um Rückschlüsse auf den Verhüttungsprozess herstellen zu können.
Alle sind gespannt, welche Geheimnisse sich so noch lösen lassen. »Wir möchten nämlich zu gern auch wissen, wozu die Gruben damals ausgehoben wurden. Auf dem Boden haben wir jedenfalls Knochenreste, wahrscheinlich Speisereste gefunden«, berichtet die Archäologin Lasch. Bis zu sieben Personen waren an den Ausgrabungen beteiligt. Spätestens im Februar 2019 müssen sie abgeschlossen sein, denn dann soll das Baugebiet erschlossen werden.