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Hoch lebe das Defizit?

Haupt- und Finanzausschuss lehnt das Ein-Euro-Ticket in Bad Vilbel mehrheitlich ab

Fahrten im Vilbus werden wohl nicht günstiger. Die Mehrheit des Haupt- und Finanzausschusses lehnt bei der Sitzung im Rathaus das Ein-Euro-Ticket ab. Fotos: Kopp
Fahrten im Vilbus werden wohl nicht günstiger. Die Mehrheit des Haupt- und Finanzausschusses lehnt bei der Sitzung im Rathaus das Ein-Euro-Ticket ab. Fotos: Kopp

Dass es die Stadt Bad Vilbel Geld kosten würde, einen Ein-Euro-Fahrschein für die öffentlichen Verkehrsmittel im Stadtgebiet einzuführen, das war allen Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses klar. Doch wie viel weiteres Defizit vertretbar ist, darüber scheiden sich die Geister. Auch beim Jobticket für städtische Angestellte entwickelt sich in der Sitzung eine ähnliche Diskussion.

 

Bad Vilbel. Vom erwarteten Defizit in Karben – 18 000 Euro – wird man bei Einführung eines Ein-Euro-Tickets für Vilbus und die anderen Busse sowie Züge in Bad Vilbel weit entfernt sein. Das macht auch Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gleich klar. „66 000 Euro sind mindestens für den Vilbus zu erwarten. Für die anderen Verkehrsmittel können wir keine Kalkulationen aufstellen, dafür fehlt es an der Grundlage.“ Doch prüfen lassen will es die SPD, die die Idee des vergünstigten Tickets aus Karben aufgegriffen hat, dann doch.

„Wir geben an anderen Stellen so viel Geld aus, das man einsparen kann. Das wäre ein guter Beitrag, um die Straßen in Bad Vilbel etwas weniger verstopft zu bekommen“, wirft Christian Kühl (SPD) ein. Die neue Routenführung ab Dezember 2017 werde zumindest teilweise zu mehr Attraktivität des Vilbus beitragen. Günstigere Tickets wären ein weiterer Baustein.

Doch die Berechnungsgrundlage sei eben viel zu wacklig, entgegnet Stöhr. Nur für den Vilbus gebe es verlässliche Zahlen. „Und hier subventionieren wir – trotz eines Defizits von 600 000 Euro pro Jahr – Fahrten aus Gronau und Dortelweil.“ Wie genau, das wurde selbst im Ausschuss nicht ganz klar, genaue Zahlen liegen dazu nicht vor.

Auf Anfrage bringt es Erster Stadtrat Sebastian Wysocki (CDU) auf den Punkt: Gronau und Dortelweil liegen in einer anderen Tarifzone als der Rest der Stadt. „Damit jeder im Vilbus das gleiche bezahlt, subventioniert die Stadt die Fahrten von und nach Gronau und Dortelweil mit 50 Cent.“ Und so kostet jede Vilbus-Fahrt zwei Euro, auch wenn der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) auf seinen Seiten Preise von zwei bis 2,50 Euro ausweist. Der Rabatt gilt aber nur, wenn die Tickets auch im Vilbus gelöst werden. Doch die 66 000 Euro mehr Defizit sind nicht alles.

Zusätzlich müsste die Stadt einen Ausgleich an RMV und die Verkehrsgesellschaft Oberhessen für deren Transportmittel bezahlen.

Durch ein Mehr an Fahrgästen bekomme die Stadt zwar später wieder etwas zurück, doch klar sei laut Stöhr, dass die ein bis 1,50 Euro Differenz zwischen Kaufpreis und RMV-Preis erst einmal an den RMV weitergeleitet werden müssten. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass Wochen- und Monatskarten innerhalb der Stadt dann weniger gekauft würden, weil die Einzelfahrt dann einfach günstiger werde.

Das will Christian Kühl so nicht stehen lassen. „Viele haben ihre Arbeit in Frankfurt und nutzen deswegen weiter ihre Zeitkarten“, ist er überzeugt und weist auch damit den Vorwurf, einen populistischen Antrag gestellt zu haben, von sich. 66 000 Euro wäre es der SPD schon wert, dafür diesen Vorteil für die Bürger zu bekommen.

Das Defizit wird weit höher, wiederholen Stöhr und Karl Peter Schäfer (CDU) und verweisen auf die defizitäre Haushaltslage. Doch wie viel genau, das wolle man wissen, antwortet Carsten Hauer (SPD). „Gar nicht erst prüfen, das reicht nicht“, steht ihm Ralph Mallmann (Grüne) zur Seite.

Trotzdem stehen die beiden Fraktionen am Ende alleine da, CDU, FDP und Freie Wähler stimmen gegen die Prüfung.

Gleiches Szenario ereignet sich beim SPD-Antrag, ein Jobticket für die städtischen Mitarbeiter, eventuell sogar für Dienstleistungsträger der Stadt wie Kindergartenbetreiber und deren Personal zu prüfen. Doch auch hier folgt das klare „Nein“ in gleicher Konstellation. Hauptamtsleiter Walter Lassek erinnert zuvor an eine Prüfung vor 15 Jahren. Damals hätten 21 der 350 städtischen Angestellten Interesse bekundet. Die Stadt hätte aber für alle Angestellten 16,54 Mark pro Monat bezahlen müssen. Das rechnete sich nicht, „und daran hat sich auch nicht viel geändert“, ist Lassek überzeugt. Dazu weist Jörg-Uwe Hahn (FDP) auf den Haushalt hin, auf dem Landrat Joachim Arnold (SPD) noch immer den Daumen draufhalte. Die Bedingungen hätten sich nicht wesentlich geändert, sagt auch Irene Utter (CDU): „Da hätten Sie heute Abend mal ganz locker 150 000 Euro verballert für Themen, die nicht gehen.“