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Neues zum „alten“ Park

Unerwarteter Fund im Stadtarchiv eröffnet Perspektiven für das Gartenbaudenkmal

Bislang eher unscheinbar: Die Blickachse vom Kurhaus zum „Kriegerdenkmal“ war ein zentrales Element in Siesmayers Parkkonzept. Foto: Deul
Bislang eher unscheinbar: Die Blickachse vom Kurhaus zum „Kriegerdenkmal“ war ein zentrales Element in Siesmayers Parkkonzept. Foto: Deul

Ein Zufallsfund im Stadtarchiv belegt, dass der Bad Vilbeler Kurpark nicht nur mit dem Gartenkünstler Heinrich Siesmayer verknüpft ist. Auch sein Sohn Philipp hat ihn maßgeblich gestaltet. Mit dem Kurhaus-Umbau gibt es nun die Chance, an sie zu erinnern und ihr Werk wieder sichtbarer zu machen.

Bad Vilbel. Auf einem überdimensionierten Holzsessel macht es sich ein Mann gemütlich, kommuniziert mit einem fernen Gesprächspartner. Ein Passant kreuzt den Weg. Trotz des sonnigen Spätherbstes ist sonst jedoch nichts los im Bad Vilbeler Kurpark. Ein Umstand, den auch Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann bedauert. Obwohl es etliche Wege gibt, fehlt vor allem eines: der Flaneur, der sich mit Müßiggang hingibt, der dabei die Schönheit einer gestalteten Kulturlandschaft genießen kann.

Die Realität ist jedoch so, dass sich selbst an Sonntagen die meisten Familien bei ihrem Spaziergang auf dem nebenan verlaufenden Niddaradweg tummeln. Viele nutzen den Park nur als Abkürzung, um von der Stadt etwa über den Schützernhofsteg schnell auf die andere Stadtseite zu gelangen. Und bei nasser Witterung versinken einige der Parkwege unterhalb des Radwegs im Schlamm.

So hat sich Philipp Siesmayer, der Sohn des berühmten Gartengestalters Heinrich Siesmayer, sein Werk wohl nicht vorgestellt, das er vermutlich 1934 in einer großen Planskizze entwarf. Per Zufall ist Kunzmann im Stadtarchiv auf das Dokument gestoßen, als er dort Unterlagen für die geplante Kurhaussanierung sichtete. Zwar war auch schon vorher der große Name Siesmayer mit dem Park verbunden, allerdings eher mit Heinrich. Der war einer der bedeutendsten Gartenkünstler seiner Zeit. Als Schöpfer so berühmter Parks wie des Frankfurter Palmengartens, des Kurparks Bad Nauheim und als Gestalter des Mainzer Stadtparks hat er mit seinen Gartenschöpfungen weit über die Rhein-Main-Region hinaus Maßstäbe gesetzt.

Seine 1877 neben dem Bahnhof der Main-Weser-Bahn (Südbahnhof) errichtete Baumschule war eine der größten im Deutschen Reich und war gerade in Konkurs gegangen. Teile des Baumbestandes wurden im Vilbeler Park neu angepflanzt.

Doch nun zeigt der handschriftliche Plan klar Philipps Urheberschaft. Sogar die bei der Überarbeitung des Kurhausplatzes vor vier Jahren wieder aufgebaute Steinmauer zwischen Platz und Park entspringt einer Idee von Siesmayer. Nicht eingezeichnet ist der Teich vor dem Kurhaus; dieser wurde erst wenige Jahren nach der Anlage des Park gebaut. Deutlich erkennbar ist das „Kriegerdenkmal“, für das 1934 ein Künstlerwettbewerb ausgeschrieben wurde.

Strenge Wegeführung

Eine Sichtachse führt von dort zur Kurhaustreppe, doch das allein reicht nicht. Verschwunden ist der flankierende Baumbestand, der die Perspektive einfasst. Auch die Pappelallee gibt es schon seit den 1970ern nicht mehr, das Gehölz war damals als unfallträchtig gefällt worden.

In Siesmayers Plan erkennbar sind für Kunzmann die strenge Wegeführung in halbrunden Strecken, Alleen, ein kleiner Rosenpark neben dem Kurhaus und eine ebenfalls mit halbrundem Weg eingefasste Verweilzone, die heute „wild verwachsen“ aussieht, mit Sitzbänken und dem Ginkgo, der 1990 von der Bahai’i-Gemeinde als „Friedensbaum“ gesetzt worden ist, aber gar nicht zur Park-Vegetation passe, moniert Kunzmann. An dieser Stelle könne er sich, wenn der Kurpark für den Hessentag vorbereitet werde, auch einen „Erinnerungspunkt“ für die Siesmayers vorstellen. Bislang gibt es keinerlei Hinweise auf die Gartenkünstler. Der Kurpark soll, so heißt es in der Hessentagsbewerbung, zwischen Ehrenmal und Kurhaus aufgewertet werden, damit die Kurparkeigenschaft noch besser hervorgehoben und das Profil geschärft wird.

Zum einen ist eine komplette Wegesanierung in Form eines schwerlastfähigen, aber optisch einer Kiesfläche ähnelnden Aufbaus geplant, zum anderen müssen die Randflächen in einen ansprechenden Zustand versetzt werden. Darüber hinaus sollen gestalterische Akzente aus den ursprünglichen Planungen anhand der Originalpläne von Phillip Siesmayer bei der Planung berücksichtigt werden.

Auch an die Siesmayer’sche Baumschule könne erinnert werden, regt Kunzmann an. Dafür eigne sich die Parkanlage längs des Berkersheimer Wegs. Doch das ist noch Zukunftsmusik, denn mit der Hessentagsausrichtung 2020 und des Kurhaus-Umbaus wird es weitere massive Eingriffe in die Gestaltung des Kurparks geben: Der City-Parkplatz wird wieder begrünt. Das Hallenbad wird abgerissen – mitsamt dem Spielplatz nebenan.