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Pläne stoßen auf Protest

Diskussion im Ortsbeirat wegen Absichten, für Geringverdiener und Flüchtlinge zu bauen

Mit hitzigen Diskussionen kommt die Stadtpolitik nach dem Ende der Sommerpause wieder in Fahrt. Im Ortsbeirat der Kernstadt lieferten sich Bürger eine heiße Redeschlacht mit den Mandatsträgern. Dabei geht es um die geplante Errichtung von Häusern für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen, darunter auch anerkannte Flüchtlinge.

Bad Vilbel. Rund 15 Meter tief ist das Grundstück im Berkersheimer Weg, das als eines von dreien im Stadtgebiet (ein weiteres auf dem Heilsberg ist vor allem für Feuerwehrleute vorgesehen) für geringe und mittlere Einkommen und damit auch für anerkannte Flüchtlinge vorgesehen ist. Etwa zehn Anwohner des Viertels am Südbahnhof wollten die Planungen dazu im Ortsbeirat nicht unkommentiert hinnehmen.

Sie befürchten eine Wertminderung ihres von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägten Viertels. Vereinzelt waren Stimmen zu hören, die auch Kriminalität und Verwahrlosung befürchten, doch größtenteils ging es den Bürgern um Konkretes. Etwa darum, ob die Kopfparkplätze entlang der Straße wegfallen. Dazu konnte Erster Stadtrat Sebastian Wysocki (CDU) noch keine Angaben machen. Denn mit dem jetzt zu fassenden Aufstellungsbeschluss seien noch keine detaillierten Planungen verbunden. „Das geschieht erst im nächsten Schritt.“ Definitiv nicht wegfallen sollen allerdings die Parkplätze direkt am Südbahnhof und weiter entlang des Berkersheimer Wegs.

Viertel verändert sich

Bereits jetzt beschweren sich die Anwohner über den hohen Parkdruck, der auch in die parallel verlaufende Siesmayerstraße rage. „Ich bitte Sie bezüglich der Planungen um Transparenz, nehmen Sie die Bürger mit“, forderte ein Anwohner und ergänzte, dass die verbleibenden Parkflächen auch nicht für die Bewohner der Neubauten reserviert werden sollten. Noch wollten die anwesenden Bürger nicht genannt werden, doch sie signalisierten am Rande der Sitzung, dass sie nun weitere Mitstreiter suchen und dann an die Öffentlichkeit gehen wollen.

Auch der Fuß- und Radweg entlang der Straße wurde zur Sprache gebracht. Der werde umso wichtiger, wenn der Fußgängertunnel in Richtung Kläranlage wegen der Erweiterung der Main-Weser-Bahn zugeschüttet werde und diese Verbindung dann dauerhaft wegfalle. Wysocki bestätigte, dass der Radweg eine zentrale Rolle bei den weiteren Planungen spielen werde.

Ob der verbleibende Platz bis zu den Schrebergärten – diese sind nicht im Besitz der Stadt – ausreiche, um genügend Menschen dort unterzubringen, war nur eine der Anschlussfragen. Denn vor allem befürchten die Anwohner, dass ein Wohnblock das Viertel nachhaltig zum Schlechten verändern werde. „Die Preise für unsere Häuser und Grundstücke werden sinken“, sagte eine Anwohnerin.

Wenn schon gebaut werden müsse, eigne sich die gegenüberliegende Wiese in der Goethestraße besser, sagten manche. Doch andere Anwohner wollten auch hier keinen Block. Der sei dort auch überhaupt nicht möglich, da die Wiese im Gegensatz zu dem Grundstück gegenüber in einem bestehenden Bebauungsplan verankert sei und deswegen nur kleinere Häuser möglich seien, antwortete Wysocki.

Es wird kein Ghetto

Doch auch wenn mehrstöckig gebaut werde, „es handelt sich nicht um ein Flüchtlingsghetto, es gibt keine Container und keine Microappartements“, versuchte Wysocki zu beruhigen. Auch sei noch nicht gesagt, dass die Stadt selbst baue, die Genossenschaft für Bauen und Wohnen oder ein privater Investor könnten einsteigen. Auch deswegen kann Wysocki noch nichts zur Gestaltung des Baus sagen.

In diese Richtung stieß auch Stadtwerke-Betriebsleiter Klaus Minkel (CDU), bei dem die Planungen zusammenlaufen. „Wegen des langen Zeithorizonts bis zur Fertigstellung der Gebäude wird derzeit erwogen, auch auf frei werdende Wohnungen der Genossenschaft zuzugreifen. Das würde aber im Gegenzug bedeuten, dass die Genossenschaft zum Ausgleich Bauplätze bekommen muss, etwa in Massenheim, Dortelweil und am Berkersheimer Weg.“

Diese Bebauung müsse dann allen Berechtigten zur Verfügung stehen, um Gleichberechtigung zwischen Flüchtlingen und in Bad Vilbel Ansässigen herzustellen. „Dies entspricht dem Tübinger Modell, bei dem 1200 Flüchtlinge dezentral in rund 100 Wohneinheiten untergebracht sind“, schilderte Minkel. Pferdefuß an der Sache: Wie die Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft Nancy Kabisch erst kürzlich mitteilte, gibt es kaum freie Wohnungen, dafür eine umso längere Warteliste.

Nach der Aussprache stimmten im Ortsbeirat CDU und Grüne dem Vorhaben zu. Erhard Matern (FW) enthielt sich, Katja Meiner (SPD) stimmte dagegen.