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Sie wollen eine Stadt ohne Plastik

Gemeinsam mit ihren Mitstreitern wollen Kalle Heitmüller-Faltinat (links) und Olaf Deller die Bad Vilbeler sensibilisieren und zu einer Reduzierung ihres Plastikverbrauchs bewegen. Unter anderem informieren sie, für welche schädlichen Produkte es guten plastikfreien Ersatz gibt. Foto: Ihm-Fahle
Gemeinsam mit ihren Mitstreitern wollen Kalle Heitmüller-Faltinat (links) und Olaf Deller die Bad Vilbeler sensibilisieren und zu einer Reduzierung ihres Plastikverbrauchs bewegen. Unter anderem informieren sie, für welche schädlichen Produkte es guten plastikfreien Ersatz gibt. Foto: Ihm-Fahle

Bad Vilbel. Vor Olaf Deller und Kalle Heitmüller-Faltinat liegen verschiedene Utensilien, die alle eins gemeinsam haben: Sie enthalten kein Plastik, waren auch nicht in solchem verpackt. Die zwei gehören zum neuen Arbeitskreis »Bad Vilbel plastikfrei«, der am Samstag erstmals öffentlich mit einem Stand auf dem Niddaplatz informierte und unter anderem auch auf eine Müllsammelaktion hinwies, die am Samstag, 17. Oktober, ab 14 Uhr am Ritterweiher stattfinden wird. (Freiwillige können gerne mithelfen, Müllbehälter und Zangen stellt die Stadt zur Verfügung.)
Dies sind die ersten Aktionen, obwohl sich die achtköpfige Gruppe schon beim Bienenaktionstag vergangenes Jahr formierte. »Das hat etwas mit der Corona-Pandemie zu tun«, erklärt Deller. Ein Gespräch mit Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) ist ebenfalls vereinbart, um auszuloten, was die Stadt in dieser Sache machen kann.
Hoher Anspruch
In der Zwischenzeit haben sich die Akteure dem Thema intensiv genähert, welches die Besucher beim Bienenaktionstag immer wieder ansprachen. »Der Anspruch, plastikfrei zu leben, ist hoch. Deshalb haben wir für uns selbst überlegt, uns zuerst auf Verpackungen zu konzentrieren: Zumal man sich bei anderen Produkten aus Kunststoff gar nicht vorstellen kann, dass die aus einem anderen Material hergestellt werden«, sagt Heitmüller-Faltinat. Als Beispiel nennt er Medizinprodukte wie Herzklappen und Einwegspritzen,
Um Plastik einzusparen, gebe es viele Möglichkeiten, wie Deller schildert. »Man kann etwa Wurst, Käse und Gemüse in kleinen Geschäften kaufen statt im Supermarkt.« Wie er zu bedenken gibt, ist der Kunststoff sehr hochwertig, den die Industrie für Verpackungen herstellt. »Mit allem, was dazugehört, auch der Umweltbelastung.« Da sei es schade, das Produkt als Wegwerfartikel zu verschwenden. »Die Wertschätzung von Kunststoff ist nicht vorhanden und eigentlich müsste man es viel höher schätzen«, fügt Heitmüller-Faltinat hinzu. In seiner Anfangszeit sei Kunststoff ähnlich wertig wie Seide behandelt worden. Heute sei es anders: 40 Prozent des in Deutschland hergestellten Plastiks werde nicht länger als einen Monat verwendet.
10 000 Tonnen Mikro-Plastik gelangen laut Heitmüller-Faltinat im Klärschlamm als Düngemittel auf die landwirtschaftlich genutzten Böden. Die Gesellschaft sei in vielem schon weitergekommen, fahren die beiden fort. Es würden weniger Plastiktüten verwendet, aber immer noch zu viele. Corona habe dies wieder geändert, etwa, da Verbraucher nicht mehr mit der Dose an Wurst- und Käsetheke kaufen können.
Verbraucher, die Plastik reduzieren wollen, sollten sich laut Deller die Frage stellen: »Wo kann ich weniger Plastik benutzen?« Anschließend komme der Schritt, sich zu informieren und Anregungen zu holen, wofür das Netzwerk gerne bereitstehe. Drittens müsse jeder seinen eigenen Weg finden. »Das Verhalten muss etwas geändert werden, aber ohne moralische Wertung und schlechtes Gewissen, falls es nicht gleich klappt.«
Bienenwachstücher
Praktische Tipps sind beispielsweise Bienenwachstücher zum Verpacken statt Plastikfolie. »Sie sind vielfach wiederverwertbar«, sagt Deller. Bioläden, Reformhäuser und Drogeriemärkte böten sie an. Zum Aufbewahren von Lebensmitteln empfählen sich Edelstahlbehälter.
»Dann gibt es den Hygienebereich, wo viel Plastik im Umlauf ist.« Alternativprodukt zum Shampoo in der Kunststoffflasche sei Haarseife, was in Gegenden mit weicherem Wasser wie Bad Vilbel gut funktioniere. Zahnpaste aus der Tube lasse sich gut durch Zahnputztabletten ersetzen. Deller schmunzelt: »Da gehörte für mich Mut dazu, zuerst die Tablette kauen und dann mit der feuchten Zahnbürste normal putzen.«
Waschnüsse nutzen
Waschmittel könne man selbst herstellen, aber beide haben es noch nicht probiert. Doch sie kaufen bewusst: »Es gibt die Waschnüsse und wichtig ist es, das Waschmittel als Pulver zu kaufen. Wenn möglich im Karton.«
Wer an »Fridays for Future« denke und überlege, dass nicht mehr viel Zeit für den Wandel sei, müsse bestimmte Wege ändern. Es lohne sich aber, denn: »Die Lebensqualität steigt dadurch.«
Weitere Infos zu dem Arbeitskreis gibt es auf der Homepage www.bad-vilbel-plastikfrei.de.
Von Petra Ihm-Fahle