Ich erinnere mich gut: Als Schulkind hatte ich auf einer Klassenfahrt wirklich schreckliches Heimweh. Anders als heute war Abholen ebenso wenig möglich wie ein Handytelefonat. Ich war einfach weg. Wie gut, dass eine mütterliche Begleitung dabei war. Wie gut, dass ich nach ein paar Tagen dann wieder zu Hause sein konnte. Wie gut, wenn einen die eigene Mutter trösten kann – nach überstandenem Heimweh, beim Streit mit anderen Menschen, beim Erleben von Tod und Leid. Als Vater in unserer Zeit bedauere ich schon, dass Jesaja, der Prophet des Alten Bundes, vom mütterlichen Trost spricht, wenn er das Dasein Gottes in unserem Leben beschreibt (Jesaja 66,13). Aber auch heute ist es sicher so, dass vor allem Mütter da sind für den Trost, für das In-den-Arm-nehmen, für das Abwischen von Tränen…
An diesem Sonntag erinnern wir uns in den evangelischen Kirchen an den Tod geliebter Menschen. Meist werden die Namen der seit dem vergangenen November Verstorbenen vorgelesen und ins Gebet aufgenommen. Oft gibt es noch einmal die Möglichkeit, eine Kerze für sie anzuzünden. Das alles ist gut und tut gut: Ein Mensch ist auch nach seinem Sterben nicht vergessen. Er bleibt lebendig in den Erinnerungen derer, denen er besonders fehlt. Aber er oder sie fehlt eben auch und es bleiben die Trauer und der Schmerz. Im Jahreszyklus der absterbenden Natur wird uns dies im Herbst noch einmal ganz besonders deutlich. Die Trauer wird noch einmal stärker.
Es tut gut, dass in diese Trauer hinein die Bibel vom mütterlichen Trost spricht. Ja, so wird Gott beschrieben: Er tröstet wie eine Mutter. Diesem Gott darf ich vertrauen, darf ich mich anvertrauen. Er meint es unbedingt gut mit mir. Und das sogar auf doppelte Weise: Die Menschen, die verstorben sind und um die wir so sehr trauern, die dürfen wir bei Ihm geborgen wissen. Und in meinem Leben will er der gute Hirte sein, der mich eben nicht nur in den grünen Auen des Lebens begleitet, sondern ganz besonders und erst recht in den finsteren Tälern. So beschreibt es der Psalm 23 und ergänzt den Propheten Jesaja: Gott ist wie ein guter Hirte. Sein Trost ist wie der mütterliche Trost meiner Kindheit. Es tut gut, darauf vertrauen zu dürfen, darauf vertrauen zu können.
Ich grüße Sie zum Ewigkeitssonntag.
Pfarrer Klaus Neumeier
Ev. Christuskirchengemeinde