Bad Vilbel. Die Beschwerden über das Stockheimer Lieschen reißen nicht ab. Nach lauten, stinkenden Lokomotiven und der Alternative nicht barrierefreier Triebwagen (wir berichteten) sind es nun die Warnpfiffe vor dem unbeschrankten Bahnübergang in der Berger Straße, die Anwohner aufregen. Im Namen der Nachbarn fordert Rainer Wokun aus der Dresdener Straße in Gronau deshalb in einem Brief an Rathauschef Dr. Thomas Stöhr (CDU), dass der Übergang beschrankt wird, damit der Zug nicht mehr pfeifen muss. Das Signalhupen sei „nicht nur ärgerlich, sondern im jetzigen Ausmaß auch unzulässige Lärmbelästigung im Sinne des Nachbarschaftsrechts“, sagt Wokun.
Angesichts der Kosten in sechsstelliger Höhe sträubt sich die Bahn dagegen. Ihre bevorzugte Lösung ist billiger: Schließung des Übergangs. Doch dann wäre der Hauptwirtschaftsweg der Bauern abgeschnitten, 350 Hektar landwirtschaftliche Fläche wären nicht mehr erreichbar.
Da im Rathaus Erster Stadtrat Jörg Frank (CDU) für diese Frage zuständig ist, hat er Wokun geantwortet: „Seit jeher“ pfeife der Zug an der Berger Straße, um die querenden Fußgänger, Radfahrer und den landwirtschaftlichen Verkehr zu warnen. Dies sei nach den Bestimmungen der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung ausreichend. Auch Ortsvorsteher Karl Peter Schäfer (CDU) sieht „kein Sicherungsproblem“. Da die Züge vor der Ausstattung des Bahnübergangs an der Vilbeler Straße mit einer Schranke auch dort hupen mussten, seien die Anwohner sogar entlastet worden.
Allerdings räumen die Politiker ein, dass der Verkehr gerade am Wochenende zugenommen habe. Frank macht deutlich, dass die Stadt keinerlei Veranlassung sehe, in die Installation zusätzlicher, teurer Sicherungen am Übergang zu investieren. Auch die Bahn sei dazu nicht bereit. Wie ein Sprecher auf Anfrage sagte, verfolge sie vielmehr die Auflösung des Übergangs, so dass die Bauern die Gleise künftig an der Kreisstraße (Vilbeler Straße) queren und über einen neu anzulegenden Weg ihren Hauptwirtschaftsweg erreichen. Dazu wären Grundstücke notwendig, die im Eigentum der Landwirte liegen. Mit langwierigen Enteignungsverfahren sei zu rechnen, zeigten erste Anfragen. Für den Ortslandwirt Gerhard Knorr ohnehin eine Vorstellung fern jeder Realität. Denn die schweren landwirtschaftlichen Geräte und in der Erntezeit bis zu 40 Tonnen schwere Gespanne mit zwei Hängern wären für schnellere Fahrzeuge auf der abschüssigen Kreisstraße nicht nur ein lästiges Hindernis, sondern eine unverantwortliche Gefahr. Hinzu kämen Verschmutzungen der Fahrbahn, wenn Schlamm und Dreck vom Feld sich aus den Reifen lösen.
Der Ortsvorsteher steht hinter den Landwirten. Besonders Knorrs Argument, dass bei einer Schließung des Übergangs in der Berger Straße Gronau von Bad Vilbel aus nicht mehr erreichbar wäre, wenn ein Unfall auf der Kreisstraße passieren würde, findet seine volle Zustimmung. Die Landwirte fühlen sich aus gutem Grund im Recht. Mit dem Planfeststellungsbescheid vom 25. Januar 1973 wurde festgeschrieben, dass bei der Auflösung des Übergangs in der heutigen Bachwiesenstraße der Übergang in der Berger Straße erhalten werden muss.