Bad Vilbel / Berlin. „Meine Damen und Herren – der Bundespräsident und seine Gattin, Frau Köhler!“ Stilecht und feierlich kündigt der Saaldiener seinen Chef an. Die etwa 110 geladenen Gäste im Schloss Bellevue, dem Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten Horst Köhler, erheben sich höflich applaudierend von ihren Sitzen. Auch die Bad Vilbelerin Hannelore Lotz (57) und ihr Mann Alfred (69). Denn Frau Lotz bekam am Dienstag, 4. November, aus den Händen von Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen.
„Ich war vorher schon ziemlich nervös“, gesteht Hannelore Lotz nach der Auszeichnung, die sie mit 20 anderen Bundesbürgern aus ganz Deutschland erhielt. Doch jetzt, kurz nach der Verleihung beim Empfang im festlichen Saal des Schlosses, lächelt sie. Und fügt bescheiden hinzu: „Ich bin stolz, es ist ein erhebender Moment. Aber das ist ja nicht allein mein Verdienst.“ Blickt zu ihrem Mann – meint auch ihn.
Und alle rund 950 Mitglieder der Bad Vilbeler Nachbarschaftshilfe, von denen allein rund 100 in diesem Jahr beitraten. Die ehrenamtliche Sozial-Initiative hat sie 1999 mitbegründet, engagierte sich zuvor bereits beim Initiativkreis „Geplantes Leben im Alter“. Ihre jüngsten „Kinder“ sind die „Tafel für Bedürftige“, die vor wenigen Wochen startete, und das geplante „Haus der Begegnung“, bei dem alle Generationen zusammen finden sollen (die FNP berichtete).
Genau dieses Thema ist es auch, warum sie der Bundespräsident nach Berlin eingeladen hat: Der Dialog zwischen Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren. „Die Freundschaft zwischen Jung und Alt wächst“, freute sich Horst Köhler. Und fügt hinzu: „Das verdanken wir besonders denjenigen, die mit Projekten und Initiativen das Gespräch und die gegenseitige Unterstützung zwischen den Generationen fördern!“
Um 11.37 Uhr hat sie ihren großen Moment, den Ehemann Alfred natürlich mit der Videokamera dokumentiert: „Hannelore Lotz aus Bad Vilbel“, ruft der Moderator und frühere Fernsehjournalist Sven Kuntze sie aus der dritten Reihe nach vorne zur großen schwarz-rot-goldenen Deutschland-Fahne, wo schon Horst Köhler und seine Gattin auf sie warten, nachdem bereits so prominente Leute wie Schlagersängerin Andrea Berg (engagiert sich in der Hospizarbeit) oder der bekannte Altersforscher Professor Andreas Kruse ihr Bundesverdienstkreuz erhalten haben. Händeschütteln, Urkunde und Orden entgegennehmen, sich den Fotografen und Kamerateams stellen. Und was hat sie mit dem Bundespräsidenten geredet? „Er wollte wissen, ob wir auch nach dem 1000. Mitglied bei der Nachbarschaftshilfe weitermachen“, erzählt die nahe Gummersbach geborene gelernte Industriekauffrau, die seit 1975 in Bad Vilbel lebt. „Klar!“, habe sie direkt geantwortet. Ihr Mann Alfred schmunzelt, als er das hört. Schließlich kennt er seine Gattin lange genug, weiß, dass sie oft 40 Stunden und mehr pro Woche für das Ehrenamt unterwegs ist. Beide teilen dieses Engagement zum Glück, helfen sich oft gegenseitig.
Entsprechend hat das Paar, das schon 34 Jahre verheiratet ist, eine Tochter (32) und einen Sohn (30) sowie einen neun Monate alten Enkel hat, den Berlin-Aufenthalt genossen. Schon am Sonntag sind die beiden auf eigene Rechnung angereist, nachdem Hannelore Lotz von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) für die seltene Ehrung (nur knapp 90 mal im Jahr verleiht der Bundespräsident den Orden eigenhändig) vorgeschlagen wurde. Sie haben sich den Reichstag angesehen, das Holocaust-Mahnmal, das Brandenburger Tor. Und hatten sogar mal Zeit fürs Kino („Nordwand“).
Nach dem Empfang, bei dem auch einige neue Kontakte in Sachen Ehrenamt geknüpft wurden, mit dem ICE zurück nach Bad Vilbel. Schließlich hatten Hannelore und Alfred Lotz am nächsten Tag schon wieder Termine bei der Nachbarschaftshilfe . . . (zlp)