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Pfarrer auf Moped suchte verschwundene Bauarbeiter

Am 7. Oktober war es auf den Tag genau 50 Jahre her, dass die evangelische Christuskirche im Grünen Weg feierlich ihrer Bestimmung übergeben wurde. Zeit zum Feiern – und zum Erinnern.

Bad Vilbel. Kirchenpräsident Martin Niemöller hatte sich damals die Ehre gegeben. Und die aus rotem Sichtmauerwerk errichtete offene Zelt-Architektur des dafür berühmten Architekten Olaf Andreas Gulbransson (1916-1961) seiner Bestimmung übergeben. Jetzt gaben sich der damalige Bauherr und nachmalige Dekan Rudolf Trey (91) sowie Architekt Fritz Stäter (81) ein Stelldichein – umrahmt von einer großen Zahl Gemeindemitglieder. Trey und Kollege Hans Siebert kamen aus dem Händeschütteln teils mit erwachsenen Menschen, die sie einst konfirmiert und getraut hatten, gar nicht mehr heraus.

Erinnerungen wurden wach. Wie Trey während der Bauphase 1961 mit seinem NSU-Quickly-Moped durch die Stadt von Baustelle zu Baustelle gekurvt war, um einen Baggerfahrer ausfindig zu machen, der eigentlich im Grünen Weg arbeiten sollte, aber still und heimlich an einer anderen Baustelle eingesetzt worden war. Trey: „Ich habe den Mann an meine Baustelle geholt und eine Woche lang nicht mehr aus den Augen gelassen.“

Stolz berichtet der damalige, heute in Butzbach lebende Gemeindepfarrer, dass der Kostenrahmen für den Kirchenbau nicht ausgeschöpft wurde, so dass noch Geld für die Orgel und die Kirchglocken übrigblieb. Für das Schwesternwohnheim wurde ohne Not ein Landesbauspardarlehen über 30 000 Mark aufgenommen. Das Geld blieb auf der Bank und die Zinsen flossen in den Krankenpflegeverein. Trey: „Ein Pfarrer musste halt auch rechnen können.“ Architekt Stäter, der später am Wiederaufbau der Alten Oper Frankfurt beteiligt war, berichtete von einer guten Zusammenarbeit mit der Bad Vilbeler Firma K.L.Schmidt. Die sei zwar klein gewesen, aber man habe dem örtlichen Unternehmen diese große Aufgabe zugetraut – und sei damit gut gefahren. Aber Stäter verschwieg nicht, dass Gulbransson schon kurz nach Baubeginn nach einer Herzattacke mit seinem Auto tödlich verunglückt war und auch der bauausführende Architekt Rolf Vollhard noch in der Bauphase verstarb. Stäter hat das Werk dann zu Ende gebracht.

Trey und Stäter waren die Hauptpersonen der Jubiläumsfeier, die mit einem besonderen Gottesdienst begonnen hatte. Das Kirchenrund füllten sieben Chöre – Kirchenchöre vom Heilsberg, aus Dortelweil und Massenheim sowie der Gospelchor und die junge Kantorei der Christuskirche. Einem modernen Kirchenlied „Singt Gott“ folgte der vierstimmige Mendelssohn-Chorsatz „Verleih uns Frieden gnädiglich“, dirigiert von Kantor Simon Harden. Die Festpredigt hielt Stefan Claaß, Professor am Theologischen Seminar Herborn, der vor Jahren einmal bei einem Predigertausch in Bad Vilbel den Gottesdienst gehalten hatte und in bester Erinnerung geblieben war.