Das Verwaltungsgericht Gießen (VG) hat die Klagen des Bad Vilbeler Magistrats gegen die Stadtverordnetenfraktionen von SPD und Grünen abgewiesen. Es ging um Aussagen zu Grundstücksgeschäften für die Neue Mitte.
Bad Vilbel. Die Fraktionen hatten vor zwei Jahren nach Akteneinsicht in Zusammenhang mit dem Verkauf städtischer Grundstücke an die Humanistische Stiftung zur Finanzierung der Bibliotheksbrücke Stellung genommen und behauptet, der Abschluss des Kaufvertrages sei ohne erkennbare Gründe durch den Magistrat verzögert worden. Außerdem habe es Abweichungen von den im Parlament beschlossenen Vereinbarungen gegeben. Das habe zu einem Zinsnachteil für die Stadt von 156 800 Euro geführt. Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr (CDU) und der Magistrat sehen darin den Vorwurf, die Kaufvertragsparteien hätten das Verfahren verzögert. SPD und Grüne unterstellten Rathauschef und Magistrat pflichtwidriges Verhalten, was als „Untreue“ ausgelegt werden könne.
Das Gericht versuchte, beide Seiten zu einer einvernehmlichen Lösung ohne Urteil zu animieren. Doch Stadtrat Klaus Minkel (CDU) wollte davon nichts wissen, es sei denn, die Fraktionen nähmen ihre Statements zurück und entschuldigten sich öffentlich. Das wiesen SPD und Grüne aber zurück. Sie pochten auf ihr Recht auf Meinungsfreiheit, da auch politische Meinungsäußerungen in den Schutz des Grundgesetzes fielen. Sie hätten nur wertende Schlüsse aus den im Ausschuss vorgelegten Akten gezogen – und nicht falsche Behauptungen aufgestellt.
Dem schloss sich die 8. Kammer des Gerichts an. Der Streit gehe darum, ob die Äußerungen als ehrverletzende falsche Tatsachenbehauptungen zu werten seien oder als politische Werturteile. Nach Ansicht des Gerichtes sei Letzteres der Fall.
SPD und Grüne sind mit diesem Urteil hoch zufrieden, Klaus Minkel grollt. Die Richter hätten damit „ehrabschneidende Lügen“ in der Politik als erlaubt zugelassen, sagt er. Er überlegt, ob er Berufung einlegen und damit den Weg zum Verwaltungsgerichtshof in Kassel einschlagen wird. Bürgermeister Thomas Stöhr kommentiert: „Da hat sich das Gericht die Sache recht einfach gemacht.“ Stöhr kann den Prozessausgang nicht nachvollziehen. Er halte die Behauptung der beiden Fraktionen für eine eindeutige Tatsachenbehauptung und nicht für ein politisches Werturteil. Und da die aufgestellte Behauptung nachweislich falsch sei, müsse man seiner Meinung nach einen Anspruch auf Richtigstellung oder Unterlassung haben, kommentierte der Rathauschef. Seite 6