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Alle an einem Tisch

Kleists „Familie Schroffenstein“ ist im Januar im Burgkeller zu sehen

Hier nehmen bei den Vorstellungen in der nächsten Woche nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Besucher Platz: Gespielt wird Kleists „Familie Schroffenstein“. Foto: Seipp
Hier nehmen bei den Vorstellungen in der nächsten Woche nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Besucher Platz: Gespielt wird Kleists „Familie Schroffenstein“. Foto: Seipp

Theater in der Bad Vilbeler Burg. Für viele klingt das nach Sommer. Doch nun müssen sich Besucher warm anziehen für ihren Besuch im Kellergewölbe.

Bad Vilbel. Heinrich von Kleists „Familie Schroffenstein“ – das ist eine Geschichte von Hass, Neid und Unglücken. „Etwas das auch heute eine große Aktualität besitzt“, erklärt Regisseur Ulrich Cyran. Der Dozent an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst ist in Vilbel schon für seine Inszenierungen von „Tschick“ und „Er ist wieder da“ bekannt.

Die Frage nach dem Erbe entzweit zwei Familienteile und plötzlich heißt es: Wir gegen die. „Dabei wird jede Freundlichkeit als Spott ausgelegt und hinter allem wird Böses vermutet“, führt Cyran aus. Nach einem Mordfall an einem der Familienmitglieder gerät die Lage außer Kontrolle.

In Abgründe eintauchen

Doch nicht nur die Geschichte, vor allem die Atmosphäre soll die Besucher in den Burgkeller locken. „Der Ort des Geschehens ist wirklich etwas ganz Besonderes“, begeistert sich Hochschulleiter Christopher Brandt. „Der Keller harmoniert wunderbar mit dem Stück, wir freuen uns schon , wenn die Besucher in die Abgründe der Familie Schroffenstein abtauchen können“, erklärt auch Intendant Claus-Günther Kunzmann. Und nicht zuletzt der Termin ist etwas Besonderes.

Denn mitten im Januar gab es bisher noch keine Aufführung im Burgkeller. „Es wird natürlich kühl werden, aber es wird Decken und heiße Getränke geben.“

Neben dem Ort ist auch die räumliche Nähe der Besucher zu den Schauspielern etwas besonders. Die statische Bühne im Burgkeller ist einer langen Tafel gewichen. „Diese Tafel ist das Herzstück unseres Stücks, alles findet an, um und unter ihr statt. Sie dient zeitgleich als Metapher für Familie. Die Enge des Kellers bringt die Zuschauer mit an den Tisch, sie erleben das Stück hautnah und persönlich“, verdeutlicht Cyran die Schlüsselrolle der Tafel. „Gleichzeitig geht es auch um ein Spiel mit der Perspektive, das Publikum wird mit eingezogen in die Handlung, soll parteiisch werden. Jeder Besucher bekommt von seinem Sitzplatz einen eigenen Blickwinkel auf das Geschehen, jeder bekommt eigene Erfahrung.“

Besondere Erfahrung

Gleichzeitig ist es auch für die jungen Schauspieler eine Herausforderung. „Eine solche Nähe zum Publikum ist für unsere Auszubildenden nicht alltäglich. Was passieren wird, kann man nicht wirklich vorhersehen, auf jeden Fall wird es auch für die angehenden Schauspieler eine besondere Erfahrung“, erklärt Ausbildungsleiterin Marion Tiedtke.

„Uns ist wichtig, unseren Absolventen Praxis zu geben, neben unserer Inszenierung am Schauspiel Frankfurt. Die Zusammenarbeit mit dem Team der Vilbeler Burgfestspiele klappt wunderbar“, sagt Tiedtke. Gespielt wird Kleists Stück von Studierenden im fünften Semester, die kurz vor ihrem Abschluss stehen.

„Es sind junge frische Leute, die eine große Energie an den Tag legen“, meint Jens Mahlstädt, der für Musik und Akustik zuständig ist. „Die Akustik hier ist spitze“, hat er herausgefunden, „die Schauspieler müssen nicht einmal laut reden und sind trotzdem überall verständlich.“


„Familie Schroffenstein“: Generalprobe: Montag, 16. Januar. Premiere: 17. Januar. Weitere Vorstellungen: 19., 20., 21. und 22. Januar. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr. Karten für 18,80 Euro, erm. 9,80 Euro, sind zu haben im Klaus-Havenstein-Weg 1, (0 61 01) 55 94 55.