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Am Anfang war die Idee-50 Jahre Kooperation • Schenken & Stiften ermöglicht Bio-Landwirtschaft

Bad Vilbel. Gemeinsam wurde – lange vor der 68er-Bewegung, als der heutige Bio-Boom noch undenkbar war – an einer innovativen Landwirtschaft geschmiedet. Diese sollte sich ökologisch und unabhängig vom Korsett wirtschaftlicher Zwänge entwickeln können. Statt nur einer Familie, die privat einen Bauernhof betreibt, wollten das viele Menschen in einer starken Gemeinschaft übernehmen. Heute leben auf dem Dottenfelderhof mehr als 100 Menschen, die sich kreativ in die Vielfalt des Hoforganismus’ einbringen.

Der Dottenfelderhof bei Bad Vilbel ist nicht irgendein Bio-Bauernhof. Der Hof mit rund 200 Hektar Land bietet Arbeitsplätze für 130 Menschen, die die biologisch-dynamische Landwirtschaft und Direktvermarktung gemeinschaftlich tragen. Darüber hinaus erforschen sie artgerechte Tierhaltung und Saatgut, betreiben einen Schulbauernhof und vieles mehr. Die Landbauschule des Hofes ist die einzige staatlich anerkannte Fachschule für biologisch-dynamischen Landbau in Deutschland.

Zu Beginn der gemeinsamen Bewirtschaftung 1968 benötigte die Gemeinschaft dringend Geld, um den Hof überhaupt übernehmen zu können. Die GLS Treuhand in Bochum hatte das notwendige Vertrauen und half bei der Finanzierung. Was Stifter und Bauern verband, war die Idee einer neuen Landwirtschaft. Diese sollte sich vielseitig, nachhaltig und weitgehend unabhängig von wirtschaftlichen Zwängen entwickeln können.

Seitdem pflegen die beiden Einrichtungen eine enge Zusammenarbeit. Davon überzeugten sich vergangenen Freitag rund 150 Gäste.

Die GLS Treuhand feierte ihr 50-jähriges Bestehen auf dem Hof, um zu zeigen, was Schenken und Stiften in der Landwirtschaft erreichen können. In den großzügigen Ställen sahen die Besucher die artgerechte Tierhaltung und bewunderten die 16 am Vortag geborenen Ferkel. Nach der ausführlichen Führung war GLS-Treuhand-Vorstand Lukas Beckmann sichtlich beeindruckt. Er dankte dafür, in so schöner Atmosphäre auf diesem inspirierenden Hof das Jubiläum feiern zu können. Mit dem Thema „Gemeinsam Zukunft schaffen – der Saatgutfonds“ befassten sich Oliver Willing (GLS-Zukunftsstiftung) und Dr. Hartmut Spieß (Biologisch-dynamische Züchtungsforschung in der Landbauschule Dottenfelderhof) im Rahmen einer nachmittäglichen Diskussion.

Bei der Jubiläumsveranstaltung beschrieben GLS-Vorstand Lukas Beckmann und Antje Tönnis (Leiterin GLS-Öffentlichkeitsarbeit) die Kräfte des Schenkens. Schenkgeld ermöglicht zum Beispiel den Saatgutfonds, der der größte Förderer der ökologischen Pflanzenzüchtung in Deutschland sei. Einer der Geförderten ist Dr. Hartmut Spieß vom Dottenfelderhof. Auf seinen Versuchsfeldern entwickelt er immer neue Sorten ökologischen Weizens. In einem Vortrag erläuterte er seine Arbeit und während einer anschließenden Traktorrundfahrt gab er einen konkreten Einblick in die Züchtungsforschung, ihre Ziele und ihre Vorteile gegenüber der Arbeit globaler Saatgutkonzerne.

Abends war Musik und Beisammensein am Feuer mit Linden- und Rosenduft – und ein bisschen Kuhstallluft – angesagt sowie Käsen zur Blauen Stunde – eine „kleine Käseschule“ mit Sigi Baßner, in der Teilnehmer ihren eigenen Käse herstellen konnten. (sam)