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Das Glück als Staatsziel

Auf dem Dottenfelderhof berichtet ein Gast aus Bhutan

Vandana Shiva und Drona D. Chetri bei ihrem Besuch auf dem Dottenfelderhof Foto: Fauerbach
Vandana Shiva und Drona D. Chetri bei ihrem Besuch auf dem Dottenfelderhof Foto: Fauerbach

Bis 2020 will das Himalaya-Königreich Bhutan seine Landwirtschaft komplett ökologisch gestalten. Hilfe dazu gibt der Dottenfelderhof, wo sich die Besucher aus Asien über Saatgut und Saatzucht informierten.

Bad Vilbel. In Bhutan ist das Bruttonationalglück (Gross National Happiness) das Maß aller Dinge. Es wurde von der bhutanischen Regierung zum Staatsziel ernannt. „Das Bruttonationalglück (GNH) ist wichtiger als das Bruttoinlandsprodukt (BIP)“, erkannte Jigme Singye Wangchuck, der vierte König von Bhutan, vor mehr als vierzig Jahren. Als er seine Gedanken zu Gross National Happiness erstmals öffentlich äußerte, wurde er belächelt. Glück als Staatsziel zu erklären wurde als Utopie in einer Welt, für die allein wirtschaftliches Wachstum zählt, abgetan. Heute genießt diese einzigartige Entwicklungsphilosophie, die auf einer angeblich zeitgemäßeren Form des Wirtschaftens und des gesellschaftlichen Zusammenwirkens basiert, internationales Interesse.

Was sich hinter der Lehre des Glücks als Staatsziel und des implizierten wirtschaftlichen Modells verbirgt, war Thema eines Power-Point-Vortrags auf dem Dottenfelderhof. Referent war mit Drona D. Chetri (27) der Jugendprogrammdirektor des GNH-Zentrums, in dem Ausbildungs- und Lernprozesse mit dem Ziel entwickelt werden, einen globalen Bewusstseinswandel zu bewirken. Chetri hat in Indien je einen Bachelor in BWL und Hotelmanagement, einen Master in internationaler Wirtschaft, in Bio-Ökologie und Agrarwirtschaft gemacht.

Er arbeitete während des Studiums bei einer indischen Reiseagentur und später eineinhalb Jahre als Manager für Praktikanten auf dem 1987 gegründeten Hof Navdanga (Neue Saaten) von Dr. Vandana Shiva, die ebenfalls mit auf dem Dotti war.

Saatgut für die Zukunft

Die indische Wissenschaftlerin, soziale Aktivistin und Trägerin des Right Livelihood Award, setzt sich seit 1989 für den Erhalt des Saatgutes ein. Sie gründete in Nordindien die erste von inzwischen 120 Saatgutbanken. „Sie hat 2500 Arten gerettet, davon sind 710 in der Saatgutbank ihrer Farm, die Forschungsstelle und Schule ist, angesiedelt.

Das Saatgut wird kostenlos an die Bauern in 18 der 28 indischen Staaten, mit denen sie zusammenarbeitet, abgegeben“, so Chetri. Auf dem Hof gelte Handarbeit, nur Ochsen würden als Zugtiere eingesetzt. Gedüngt werden die Felder ausschließlich mit Kompost aus Kuhdung, Urin und Heu, den Regenwürmer zersetzten. Er informierte bei seinem Vortrag in Bad Vilbel die 80 Zuhörer über die 1980 entwickelten vier Säulen und neun Domains des GNH, dessen Geschichte, Entwicklung, Umsetzung und Erfolge. „Glück ist ein kurzer Moment. Es kann nicht existieren, wenn andere Not leiden“, erkannte Bhutans Ex-Premierminister Hon Jigmi y Thinley.

Die vier Säulen des GNH sind eine gerechte und nachhaltige sozio-ökonomische Entwicklung, die Erhaltung einer gesunden Umwelt, die Förderung und Erhaltung einer lebendigen Kultur und eine gute Regierung. Gemessen wird das GNH an Indikatoren wie Erzie-hung, Gesundheit, Lebensstandard und Wohlstand (das heißt „es gibt keine Hungernden, obwohl die Ge-sellschaft wenig Geld hat“), Bild-ung, psychischem Wohlbefinden und Umwelt.