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Demente in guten Händen – Bad Vilbeler Betreuungsgruppe Café Kleeblatt kümmert sich um kranke Menschen

Bad Vilbel. Immer mehr Menschen in Deutschland leiden unter Demenz. Für Betroffene in Bad Vilbel haben die Initiatoren des Betreuungsprojektes Café Kleeblatt erfreuliche Nachrichten parat: Es gibt noch freie Plätze bei den Nachmittags-Treffen im Awo-Café.

Hell und gemütlich ist es im AWO-Café in der Wiesengasse 2. An einer Tischrunde hebt dienstags und mittwochs nachmittags ein reges Begrüßen und Plaudern der Besucher an. Dass die Gäste dabei etwas wortkarg sind, fällt in der freundlichen Atmosphäre gar nicht weiter auf. Auch nicht, dass die älteren Besucher dement sind.

Ihnen ein bis zwei Mal wöchentlich einen Ort zu geben, an dem sie in Gesellschaft kommen, war im Januar 2005 der Anlass zur Gründung des Café Kleeblatt mit dessen Motto „Zeit für Menschen“. Initiator war Pfarrer Konrad Schulz von der Christuskirchengemeinde, erinnert sich Hans-Ulrich Callies vom Trägerverein.

Das Café ist breit aufgestellt. Neben der Arbeiterwohlfahrt, die die Räumlichkeiten und den Fahrdienst zur Verfügung stellen, sind auch die Diakoniestation und die Caritas mit Fachkräften dabei. Sie werden von ehrenamtlichen Helfern der Nachbarschaftshilfe und mit Geldern der Stadt unterstützt. „Die Betreuung kostet 15 Euro pro Nachmittag, die von der Pflegeversicherung übernommen wird.

Das Angebot solle die pflegenden Angehörigen entlasten und die Dementen aus der Isolierung holen, betont Callies. „Wir haben acht Betreuer für acht Gäste“, berichtet Café-Leiterin Lucia André. Derzeit gibt es knapp 25 Helfer, die alle eine Schulung absolviert haben.

So konnte das Angebot von zunächst einem auf zwei Wochentage ausgebaut werden. Es gebe sogar finanzielle und organisatorische Kapazitäten, das Angebot noch zu erweitern, sagt Callies.

Doch zunächst suchen die Helfer noch weitere Gäste für ihre Mittwochs-Gruppe von 14 bis 17 Uhr. In den Gruppen gibt es nämlich eine rege Fluktuation. Es gebe ein enges Zeitspektrum, in dem die Gäste noch geh- und kommunikationsfähig seien und sich selbst die Demenz eingestehen – bis zu dem Zeitpunkt, wo sie ins Heim müssten oder bettlägrig würden, erläutert André. Dabei sei die Zeitspanne, in der sie das Café besuchten, sehr unterschiedlich: von vier Wochen bis zu zwei Jahren. Das Alter variiert von Anfang 70 bis 98.

Doch eines verbindet alle Gäste: die Geselligkeit. Es seien schon viele Freundschaften im Café Kleeblatt geschlossen worden, berichtet die Leiterin. Das Angebot setze vor allem darauf, die Gefühle der Senioren anzuregen. „Singen ist ein Hauptbestandteil“, so André. Deshalb wird rege musiziert, es gibt drei Stammmusiker: den Akkordeonisten Quido Faludi und die Pianisten Waldemar Kunath und August Güth.

Die Lieder, auch das Tanzen, schüfen eine vertraute Atmosphäre. Dazu gibt es nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch Spiele. Sogar Schach habe ein dementer Besucher gespielt und dazu sein verbliebenes Langzeitgedächtnis genutzt. „Wenn man da nicht aufpasste, hatte man schon verloren“, erinnert sich André. Zusätzlich nutze man die Zeit auch, um Spaziergänge im Kurpark zu machen.

Seit fünf Jahren habe sich das Bild der Demenz in der Öffentlichkeit stark gewandelt. Es werde intensiv darüber berichtet und sei kein Tabu-Thema mehr. Aus eigener Erfahrung hat sich Gudrun Laux vor vier Jahren dazu entschieden, Betreuerin zu werden. Zuvor hatte sie selbst ihre demenzkranke Mutter gepflegt. „Damals hatte ich aufgehört zu arbeiten und eine sinnvolle Beschäftigung gesucht – und man kriegt wahnsinnig viel zurück“, hat sie erfahren.

Auch Wolfgang Gessner, der als Lokführer berufsunfähig wurde, fand beim Café Kleeblatt eine Aufgabe. Er findet es spannend, was die Senioren so alles aus ihren Biografien erzählten: „Neulich traf ich eine 94-jährige Dame, die hat mir von ihrer Teilnahme an den Deutschen Turnmeisterschaften 1936 erzählt.“

Auskünfte zum Thema bei der Diakoniestation, Telefon (0 61 01) 8 50 53, oder der Caritas Sozialstation, Telefon (0 61 01) 6 49 67.