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Der letzte Joker!

Einen besonders kurzen Weg zum Ärztlichen Notdienst hatten bislang die Bewohner der Seniorenresidenz Quellenhof, ist das Angebot doch im gleichen Gebäude untergebracht, wie das kleine Schild hinten anzeigt. Ab 1. Juli soll die neue Regelung gelten, dann ist Frankfurt zuständig.Foto: Kopp
Einen besonders kurzen Weg zum Ärztlichen Notdienst hatten bislang die Bewohner der Seniorenresidenz Quellenhof, ist das Angebot doch im gleichen Gebäude untergebracht, wie das kleine Schild hinten anzeigt. Ab 1. Juli soll die neue Regelung gelten, dann ist Frankfurt zuständig.Foto: Kopp

Es klingt endgültig: Ab 1. Juli soll der Ärztliche Bereitschaftsdienst Bad Vilbel mit und in Frankfurt zusammengelegt werden. Die Stadt setzt nun auf einen letzten Joker: die Hessische Landesregierung.

Bad Vilbel. Gerade neun Tage ist es her, als Erster Stadtrat Jörg Frank (CDU) mitteilte, dass eine Lösung für den Bad Vilbeler Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) gefunden sein könnte. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) habe sich den Argumenten der hiesigen Ärzte gegenüber aufgeschlossen gezeigt, trotz einer geplanten Fusion könnte der Standort Bad Vilbel erhalten bleiben. Jetzt der Schock!

In einem Schreiben kündigt die KV an, dass bereits am 1. Juli der Standort Bad Vilbel Geschichte sein soll. „Nach intensiven Beratungen hat der Vorstand der KV Hessen beschlossen, dass der ÄBD Bad Vilbel zum 1. Juli in den ÄBD Frankfurt integriert wird.“

Der ÄBD-Bezirk Bad Vilbel mit rund 31 800 Bürgern sei mit einer Ausdehnung von rund sechs Kilometern sehr klein. Mit 44 Arztsitzen umfasse er zudem nach den Vorgaben der Bereitschaftsdienstordnung zu wenige Ärzte, um eigenständig zu bestehen.

Bei der Reform des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes geht es um die Organisation von rund 11 000 Vertragsärzten für rund 6,1 Millionen Bürger. Sie wird zum 1. Januar 2015 abgeschlossen sein. Etwa 50 Prozent Hessens werden bereits seit April durch die neuen Strukturen versorgt.

Mediziner geben auf

Die einheitliche Struktur sei stabil, wenig fehleranfällig und kostengünstig. Ziel ist, dass Patienten auch zukünftig immer Hilfe bekommen und man vor allem immobilen Patienten mehr Hausbesuche anbieten kann. Durch die Fusionen sollen größere Einheiten entstehen. Ärzte versorgen dann entweder nur Patienten bei Hausbesuchen oder sie sind nur in der Bereitschaftszentrale anzutreffen. „Im Gegenzug wird allerdings von mobilen Patienten erwartet, dass sie etwas weitere Wegstrecken in Kauf nehmen“, heißt es in der Begründung.

Für Bad Vilbeler heißt das ab 1. Juli: Wenn sie außerhalb der ärztlichen Sprechzeiten Hilfe benötigen wenden sie sich an die bundesweite Rufnummer 116 117 und schildern ihre Symptome. Danach wird entschieden, ob ein Hausbesuch erfolgt oder der Patient nach Frankfurt kommen soll.

„So ein Vorgehen überrascht uns nicht mehr, wir sind das von der KV schon gewohnt“, sagt dazu Dr, Ansgar Schultheiß, einer der Ärzte, die für den Erhalt in Bad Vilbel kämpften. Noch vor zwei Jahren sei schriftlich garantiert worden, dass an bestehenden Strukturen nicht gerüttelt werden solle. Und auch die jüngsten Gespräche seien sehr positiv verlaufen. Nun gebe es für die Ärzte kaum noch Chancen für eine erneute Kehrtwende. „Wir haben alles versucht“, so Schultheiß.

23 Jahre sei der Dienst bestens gelaufen, habe finanziell auf soliden Füßen gestanden. Deswegen sei die Entscheidung der KV als Willkür einzustufen, zumal es hier – im Gegensatz etwa zum Vogelsberg – nicht darum gehe, den Beruf des niedergelassenen Arztes attraktiver zu machen, Ärzte zu entlasten und mehr Nachfrage für frei werdende Praxen zu schaffen.

Bürger sollen helfen

Noch heute will sich Schultheiß mit Kollegen treffen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Das betrifft aber eher die Abwicklung der Strukturen. Etwas am Beschluss zu ändern könnten wohl nur noch andere. Das sieht auch Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) so: „Wir werden jetzt rechtliche Schritte prüfen und Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) als Aufsicht der KV einschalten. Geplant ist auch eine Unterschriftensammlung in der Bürgerschaft, die mit den Ärzten organisiert werden soll. Auch wenn es nicht einfach wird, die KV von ihrem falschen Weg abzubringen, würden wir uns freuen, wenn sich die Bürger solidarisch zeigen.“

Stöhr bezeichnet die Entscheidung als „unzumutbar“ und hegt – ganz Jurist – rechtliche Zweifel an der Reform. Die KV verkenne die Situation von Bad Vilbel und der Umlandgemeinden wie Niederdorfelden, dass sich der Bad Vilbeler Initiative angeschlossen hatte. In Bad Vilbel gebe es keine ärztliche Unterversorgung. Dank des Quellenparks und auch neuer Seniorenzentren werde die Stadt kräftig wachsen. Und die Ärzte stünden für den Notdienst bereit. „Bei uns ist ein gut eingespieltes, gewolltes Konzept entstanden. Beenden kann man so was schnell, solche Strukturen aber wieder aufzubauen ist schwierig“, sagt Stöhr.

FDP-Fraktionschef Jörg-Uwe Hahn teilte mit, man werde sich weiter einbringen. „Es nutzt nichts, jetzt zu schimpfen und zu drohen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die KV eine eigenständige Einrichtung ist, die sich wie die Stadt Bad Vilbel ihrer Finanzaufsicht stellen muss.“ Am Dienstag, 17. Juni, 19.30 Uhr wird im Ahrenshof in Massenheim bei der Reihe „FDP-Fraktion vor Ort“ der Mitinitiator der Vilbeler Notärzte Peter Ziers Rede und Antwort stehen. „Wir haben die Hoffnung, dass es noch eine Lösungsgibt, vielleicht in Form einer Außenstelle mit kleinen Räumlichkeiten“, so Hahn. Seite 3