
Bad Vilbel. Die Urkunden, Auszeichnungen und Dankschreiben füllen einen Ordner. Kürzlich hat Ralf Spiegler eine weitere Ehrung erhalten: Bürgermeister Sebastian Wysocki überreichte ihm, der seit 2001 Ehrenvorsitzender und seit 1954 aktiver Musiker der Stadtkapelle ist, den Landesehrenbrief.
Ralf Spiegler blickt auf ein erfülltes Leben als Unternehmer, Musiker, Schöffe am Landgericht und Ehrenbeamter zurück. Neben seinem unternehmerischen Engagement spielten seine Ehrenämter in der Stadtpolitik und in der Musik stets eine große Rolle. Nun gab’s den Landesehrenbrief. »Diese Auszeichnung ist ein sichtbares Zeichen staatlicher Anerkennung für ein außergewöhnliches, jahrzehntelanges ehrenamtliches, demokratisches, soziales und kulturelles Engagement«, sagte der Bürgermeister.
Der Opa von Ralf Spiegler war Oberkellner im Frankfurter Albert-Schumann-Theater am Hauptbahnhof und spielte Geige. Der Enkel kam mit 16 Jahren als Musikschüler 1954 zur Stadtkapelle. Zusammen mit fünf anderen Jungen absolvierte er seine Ausbildung bei Karl Rabe, der Schlagzeuger im Opernorchester Frankfurt und Mitglied in der Stadtkapelle Bad Vilbel war. »Ich wollte Klarinette lernen«, erinnert sich der 87-Jährige. Daraus wurde nichts, denn es fehlten Schlagzeuger. Und so lernte er das Schlagzeugspielen. »Ich bin dann dabei geblieben.«
Gespielt hat er als Schlagzeuger unter anderem bei der Stadtkapelle Bad Vilbel und bei Bands wie »Milano« in Karben und bei der »Roxy Band«, den »Rubinos«, der »Party Sound Band« und den »Vilbeler Musikanten«. Außerdem half Ralf Spiegler stets bei anderen Kapellen aus, wenn Musiker bei Auftritten fehlten. Zudem spielte er bei Aufführungen des Gesangvereins »Liederzweig« im Kurhaus mit.
Vielfältiges
Engagement
Als in der Stadtkapelle ein Mangel an Tubaspielern herrschte, lernte er das tiefste Instrument aller Blechblasinstrumente spielen. Als Dankeschön für seinen Einsatz überreichte ihm die Stadtkapelle einen »originalgetreuen Bass aus Silber« zum 60. Geburtstag. Ralf Spiegler spielt das Instrument bis heute und ist eine große Stütze dieses Registers.
Er bringt sich bei der Stadtkapelle Bad Vilbel aber nicht nur musikalisch ein, sondern war auch auf organisatorischer Ebene aktiv. Von 1981 bis 1989 war er Jugendleiter. Er hat 1973 das Schülerorchester der Stadtkapelle gegründet und aufgebaut. Hier führte er mit Können und Begeisterung junge Menschen ans Musizieren heran und versorgte das Hauptorchester mit jungen, gut ausgebildeten Musikern. Ausgebildet hat er unter anderem den heutigen Vorsitzenden Alexander Fry und den ehemaligen, langjährigen Dirigenten Thomas Mohr. Zudem war er von 1971 bis 1976 und dann von 1994 bis 2001 Vorsitzender des Musikvereins der Stadtkapelle.
In Würdigung seiner Verdienste verlieh ihm unter anderem die Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Musikverbände 1994 für 40 Jahre aktive Tätigkeit die Ehrenurkunde und das Bundesehrenzeichen in Gold. 2008 bekam er vom Verband für 50 Jahre aktive Tätigkeit die »Ehrennadel in Gold mit Diamanten« samt Ehrenbrief. Ralf Spiegler war darüber hinaus als Delegierter der Stadtkapelle Bad Vilbel im Hessischen Musikverband aktiv. Die Stadt Bad Vilbel verlieh ihm 1993 die Ehrennadel in Gold. Spiegler liebt Schlager und volkstümliche Lieder. Zu seinen Lieblingsliedern gehört »Jeder Tag bringt neue Hoffnung«.
Verantwortung übernommen hat der Sozialdemokrat Ralf Spiegler auch als Stadtverordneter von 2020 bis 2022 und im ersten Seniorenbeirat von 2012 bis 2017. In Frankfurt ernannte ihn Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) jeweils 1992, 1994 und 1997 zum stellvertretenden Stadtbezirksvorsteher für den Frankfurter Bezirk 13.80. »Ich habe mit meiner Familie 25 Jahre lang in Nieder-Erlenbach gewohnt.« Zudem war er jahrelang Schöffe am Landgericht.
Spiegler hat Buchbinder beim SPD-Verlag »Schaffende Jugend« der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken gelernt. »Dort habe ich nach der Lehre zehn Jahre lang bis zur Verlagsschließung gearbeitet.« Von der Abfindung kaufte er sich eine Druckmaschine und machte sich mit Ehefrau Ingrid 1976 in einem Keller in der Alten Straße in Vilbel selbstständig. Seine Frau, die 1999 verstarb, hat anfangs nach Feierabend das Büro ihres Mannes gemanagt.
»Meine ersten Kunden waren die IG Metall, die Frankfurter Buchmesse, die SPD Frankfurt und Hassia Mineralquellen.« Die Druckerei hatte Erfolg und zog an die Friedberger Straße auf das Gelände der Firma Rapp um. Die Druckerei bildete bisher mehr als 20 junge Menschen zu »Medientechnologen Ausbildung Druck« aus. »Im Juni 2007 sind wir an unseren heutigen Standort ›Im Rosengarten‹ umgezogen«. Sohn Michael Spiegler übernahm 1996 den Betrieb, der in der Druckerei 15 Mitarbeiter hat.
Jeden Morgen kommt Ralf Spiegler, der inzwischen wieder in Bad Vilbel wohnt, in »seinen Betrieb«, um hier seine Zeitungen zu lesen und einzuspringen, wenn ein Fahrer fehlt. Bürgermeister Wysocki lobte: »Wenn man alles zusammenzählt, ihre über 70 Jahre Vereinsarbeit, ihre Funktion als Vorsitzender und Jugendleiter, ihre musikalische Aktivität und ihre politischen Ehrenämter, dann ergibt sich ein beeindruckendes Lebenswerk.«
Von Christine Fauerbach