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Ein „besonderes Osterei“

Investoren bieten für Stada 5,3 Milliarden Euro • Aktionäre müssen noch zustimmen

Die Unternehmenszentrale von Stada wird ihren Standort Bad Vilbel nicht verlassen. Foto: Neumann
Die Unternehmenszentrale von Stada wird ihren Standort Bad Vilbel nicht verlassen. Foto: Neumann

Der Verkauf des Bad Vilbeler Pharmakonzerns Stada an das englisch-amerikanische Konsortium aus den Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven scheint nur noch eine Formalität. Vorstand und Aufsichtsrat von Stada empfahlen den Aktionären die Übernahme. Bain Capital und Cinven erhielten den Zuschlag für ihr Angebot, 5,3 Milliarden Euro für Stada zu zahlen. Diese Offerte greift, wenn die bisherigen Anteilseigner innerhalb von sechs Wochen mindestens 75 Prozent der Papiere Bain Capital und Cinven zum Kauf anbieten.

Bad Vilbel. „Hoch gepokert und gewonnen“, titelte die Frankfurter Neue Presse am Dienstag und kommentierte so bereits in der Überschrift, dass Stada den Preis noch einmal um 750 Millionen nach oben getrieben hatte. Angesichts dessen wird das Pharma-Unternehmen einschließlich der Schulden mit 5,3 Milliarden Euro bewertet. Pro Aktie sind dies 65,28 Euro plus einer Dividende von 72 Cent. Damit hat sich der Wert von Stada innerhalb von 14 Monaten mehr als verdoppelt. Finanzieren wollen die Investoren die Übernahem von Stada mit 2,6 Milliarden Eigenkapital, was für Stada eine zusätzliche Schuldenlast von rund 1,5 Milliarden Euro bedeutet.

„Wir haben in den vergangenen zwei Monaten einen strukturierten Bieterprozess durchgeführt und in gemeinsamen, vertrauensvollen Verhandlungen mit den Bieterkonsortien die Angebote signifikant verbessert“, zeigt sich Stada-Vorstandsvorsitzender Matthias Wiedenfels mit dem Ergebnis zufrieden.

Bestes Angebot

So sieht es auch der Aufsichtsratsvorsitzende von Stada, Ferdinand Oetker: „Unsere Verhandlungsstrategie der vergangenen Wochen war sehr erfolgreich. Wir freuen uns, dass wir den Transaktionswert um 7,28 Euro je Aktie und damit von zunächst rund 4,7 Milliarden Euro auf mehr als 5,3 Milliarden Euro steigern konnten und damit das beste Angebot für unsere Aktionärinnen und Aktionäre erreicht haben“, sagte er. Das nun den Aktionären empfohlene Angebot beinhalte „das beste Gesamtpaket“. Neben dem „höchsten Preis“ seien auch „umfangreiche Schutzbestimmungen insbesondere für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ erreicht und „eine zukunftsgerichtete Wachstumsstrategie“ auf den Weg gebracht worden, so Oetker.

Lange mit im Rennen für die Übernahme war ein weiteres internationales Bieterbündnis, bestehend aus den Finanzinvestoren Permira und Advent. Bevor Bain Capital und Cinven nach Verhandlungen mit Stada ihr Angebot noch einmal ordentlich erhöhten, habe die Offerten der beiden anderen Bieter bei 58 Euro pro Aktie gelegen. Von Börsen-Analysten sei die Stada-Aktie mit 60 Euro bewertet worden, berichtete der HR.

Schutzbestimmungen

„Das vorliegende Angebot von Bain Capital und Cinven entspricht einer Prämie von etwa 48,9 Prozent auf Stadas unbeeinflussten Aktienkurs und einer Prämie von circa 19,6 Prozent auf den volumengewichteten Durchschnittskurs der Stada-Aktie der letzten drei Monate“, teilt das Pharma-Unternehmen in einer Presseerklärung mit. Auch beinhalte die mit Bain Capital und Cinven abgeschlossene Investorenvereinbarung „umfangreiche Schutzbestimmungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Standorte und Unternehmensstrategie“.

Globale Ausrichtung

Unter anderem wurde demnach vereinbart, „dass Bain Capital und Cinven Stadas Position als global tätiges Pharmaunternehmen stärken, seine Wachstumsstrategie unterstützen und so zu einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswerts beitragen werden“. Sowohl der Standort der Unternehmenszentrale in Bad Vilbel als auch die Standorte der wesentlichen Geschäftsbereiche „sollen unverändert bleiben“, hieß es. Und weiter: „Zudem erkennen Bain Capital und Cinven die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Betriebsräte von Stada und der Gewerkschaften an. Bain Capital und Cinven werden den konstruktiven Dialog mit der Belegschaft fortsetzen und weiter stärken. Bestehende Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge sollen weitergeführt werden. Zusätzlich haben sich Bain Capital und Cinven im Grundsatz zu einem weitgehenden Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen für vier Jahre bereit erklärt, die über die bereits in der aktuellen Geschäftsplanung vorgesehenen Personalmaßnahmen hinausgehen.“

Es werde aber nicht vollkommen ohne einen Abbau von Arbeitsplätzen abgehen, die Zahl werde sich aber „im Rahmen“ halten, erklärte Stada-Chef Wiedenfels. Große Restrukturierungen seien nicht geplant. Allerdings wolle Stada mit Markenprodukten stärker ins Ausland expandieren und mit Nachahmer-Medikamente punkten. Wiedenfels: „Wir wollen Stada in die Spitzengruppe des Wettbewerbs bringen.“

Alexander Wiesbach von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie sieht die genannten Vereinbarungen kritisch. Formulierungen wie Vereinbarungen „sollen“ weitergeführt werden und auf betriebsbedingte Kündigungen solle „im Grundsatz“ und nur „weitgehend“ verzichtet werden, sind ihm zu vage. Auch der hohe Kaufpreis lasse bei ihm Zweifel aufkommen. Wenn sich die wahrscheinlich auch hohen Renditeerwartungen der Investoren nicht erfüllten, dann liege der Verdacht nahe, dass dies mit Sparmaßnahmen zu Lasten der Belegschaft ausgeglichen werden solle.

Kritische Töne schlägt auch der Bad Vilbeler Magistrat an. Im „Direkten Draht“ (siehe Seite 6) ist von einem „besonderen Osterei“ die Rede, das die Investoren mit der Übernahme der Stada AG „zu einem horrenden Preis“ ins Vilbeler Nest gelegt haben. Der hohe Preis werde unter anderem damit bezahlt, „dass ein Teil, nämlich 1,5 Milliarden Euro, in die Stada-Bilanz eingebucht wird. Das macht die Bilanz, die von hohen immateriellen Werten geprägt ist, sicher nicht schöner. Da kann man im Interesse der Mitarbeiter und des Standorts nur hoffen, dass Investoren und Management ihr Geld wert sind und die Schulden auch wieder verdient werden.“

Die Stada AG in Zahlen


Die im MDAX börsennotierte Stada Arzneimittel AG setzt nach Eigenangabe „konsequent auf eine Mehrsäulenstrategie aus Generika und Markenprodukten (OTC) bei zunehmend internationaler Marktausrichtung“. Der Konzern bezeichnet sich als „Deutschlands einziger unabhängiger Generika-Hersteller“. Stada ist weltweit mit rund 50 Vertriebsgesellschaften in mehr als 30 Ländern vertreten. Im Geschäftsjahr 2016 erzielte Stada einen bereinigten Konzernumsatz von 2.167,2 Millionen Euro, ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 398 Millionen und einen bereinigten Konzerngewinn von 177,3 Millionen Euro. Ende 2016 beschäftigte Stada weltweit rund 10.900 Mitarbeiter. (hir)