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Eine Chance für Bürgerräte?

Ist mehr Bürgerbeteiligung ein Schritt gegen Politikverdrossenheit? Jan Renner (links) vom Verein »Mehr Demokratie«, Rouven Kötter und Gunther Salomon haben darüber in Dortelweil diskutiert. Foto: Mag
Ist mehr Bürgerbeteiligung ein Schritt gegen Politikverdrossenheit? Jan Renner (links) vom Verein »Mehr Demokratie«, Rouven Kötter und Gunther Salomon haben darüber in Dortelweil diskutiert. Foto: Mag

Bad Vilbel. Gunther Salomon hat Erfahrung damit, wie Bürger in einer Stadt sich für Themen einsetzen können, die ihnen wichtig sind. Daher will er Bürgerbeteiligung zu einem zentralen Thema seines Werbens für den Einzug ins Rathaus bei der Bürgermeisterwahl machen.
Salomon war im Jahr vor seiner Kandidatur bereits federführend an einer Petition beteiligt, die den Holzeinschlag im Bad Vilbeler Stadtwald kritisierte, 1600 Stimmen sammelte er dafür. Sein Einsatz führte dazu, dass sich Bürgermeister Stöhr (CDU) mit den Initiatoren an einen Tisch setzte. »Bürger mitnehmen und als Stadt zusammenwachsen. Das ist mir ein wirkliches Anliegen«, sagt der SPD-Kandidat bei einer Hybrid-Veranstaltung zum Thema Bürgerbeteiligung, die vorige Woche aus dem Dortelweiler Forum übertragen wurde.
»Für mich bedeutet Bürgerbeteiligung die Möglichkeit, dass alle Bürger ihre Perspektive und Sichtweise einbringen können.« Das sehe er als Prozess. In diesem müssen Argumente gesammelt werden, alle Beteiligten tragen so ihr Wissen zusammen und Entscheidungen können getroffen werden. Das helfe, dass Konflikte vermieden werden können und Streitthemen nicht so stark hochkochen. »Auch kann gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Für viele Leute ist die Politik weit weg, da kann Bürgerbeteiligung helfen.«
Gerade Neubürger würden auf diese Weise viel schneller in die Stadtgemeinschaft hineinfinden. Salomon fragte, wie könnte Bürgerbeteiligung in Bad Vilbel aussehen? Der politische Wille müsse da sein. Bürgerbeteiligung sei sicherlich anstrengend, weiß Salomon, zudem kostet diese Geld und müsse finanziert werden. Dafür müssten aber keine neuen Ressourcen geschaffen werden, diese verlagern sich nur. »Langfristige Verfahren werden durch Bürgerbeteiligung deutlich effizienter, da bereits frühzeitig eine Planungs- und Entscheidungssicherheit vorliegt. Was man hier am Anfang investiert, holt man am hinteren Ende wieder auf«, argumentiert Salomon. »Ich möchte eine Stelle in der Verwaltung schaffen, um klarzumachen, dass die Stadt es ernst meint mit dem Thema.«
Prozesse und Instrumente seien ebenfalls nötig: Online, analog wie bei Bürgerveranstaltungen und es müsse eine wertschätzende Moderation des Ganzen geben. »Wo bauen wir noch weiter, was machen wir mit den Flächen, wie organisieren wir Mobilität in der Zukunft? All das sind Fragen, wo wir gemeinsam überlegen müssen.«
Menschen mit guten
Ideen und Kompetenzen

In der Stadt gebe es viele Bürger mit guten Gedanken und Kompetenzen. Allein deshalb sollte das Rathaus öfter auf die Bürger hören. Er sehe die Aufgabe des Bürgermeisters als Moderator und Bindeglied zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern zu sein. Jan Renner aus München vom Verein Mehr Demokratie gibt während der Hybrid-Veranstaltung Tipps, mit welchen Mitteln Bürgerbeteiligung ermöglicht werden kann: »Bürgerräte sind da ein Schlagwort, außerdem gibt es die Beteiligungsplattform ›Consul‹. Die Demokratie muss auf allen Ebenen ausgebaut werden, dazugehören analoge Konzepte wie Bürgerräte oder auch Online-Beteiligung.«
Bei Bürgerräten würden per Zufall Menschen ab 16 Jahren ausgesucht, die dann in einem Gremium unter Anleitung von Experten ein bestimmtes Thema besprechen. (nma)