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Fitness-Check für Drahtesel

Eine knifflige Aufgabe für die ehrenamtlichen »Schrauber«: Bei diesem spontan vorbeigebrachten Fahrrad mussten die richtigen Ersatzspeichen gefunden werden. Foto: Thomas Seifert
Eine knifflige Aufgabe für die ehrenamtlichen »Schrauber«: Bei diesem spontan vorbeigebrachten Fahrrad mussten die richtigen Ersatzspeichen gefunden werden. Foto: Thomas Seifert

Schöneck. Es wehte am Samstagvormittag ein kalter Wind durch den Kilianstädter Rathaushof, was aber die ehrenamtlichen Aktiven der Fahrradwerkstatt des Repair-Cafés Schöneck und einige »Kunden« nicht abhielt, die mitgebrachten Zweiräder einer gründlichen Frühjahrskur für Fahrräder zu unterziehen.
»Nicht nur Autos müssen nach dem Winter durchgecheckt werden, auch Räder sollten einer solchen Prozedur unterzogen werden«, betonte Werner Fröhlich, der Mann der ersten Stunde dieser Einrichtung.
In Schöneck reparierte Fröhlich 2015 erstmals Fahrräder auf Anfrage für den Arbeitskreis Asyl und organisierte zusammen mit Genoveva Firnges und Stefanie Nöthen Radfahrkurse für Frauen aus Syrien.
Im Laufe der Jahre wurden immer wieder Reparatur- und Inspektionstermine angeboten, es kamen weitere »Schrauber« hinzu und in einem Raum in der ehemaligen Scheune am Rathaus konnte die Gruppe eine provisorische Werkstatt einrichten. Diese füllte sich mit den Jahren mit dem notwendigen Werkzeug, dient als Materiallager und wird zur Aufbereitung von gespendeten Rädern genutzt, die für kleines Geld an Menschen weitergegeben werden, die sich sonst ein Fahrrad nicht leisten können.
»Wir sind inzwischen ganz gut ausgestattet, aber natürlich könnte man das eine oder andere Werkzeug noch gebrauchen«, betonte Fröhlich. So zum Beispiel ein nicht ganz billiges Hilfsmittel, mit dem an Speichen ein Gewinde geschnitten werden kann, um so die Länge auf den Millimeter genau anzupassen. Bei einem spontan angelieferten Rad mussten nämlich einige der gelagerten Speichen ausprobiert werden, bis die Reparateure das richtige und passende Ersatzteil gefunden hatten. »Mit diesem fehlenden Werkzeug wäre das alles viel schneller gegangen«, kommentierte Werner Fröhlich die Millimeterarbeit.
Solche Arbeiten, die Geduld und Fingerspitzengefühl benötigen, schrecken den ehemaligen Lehrer und seine Mitstreiter Michael Wolff, Heiko Gottfried, Klaus Pölderl, Reinhold Volz und Hartmut Schnaperelle aber nicht von einer Instandsetzung ab. Und es gibt eine klare Absprache mit dem ortsansässigen Fahrradgeschäft, dass die »Schrauber« von größeren Reparaturen die Finger lassen.
Überhaupt ist der eigentliche Sinn der Reparaturtermine, die Radler mit einfachen Wartungsarbeiten vertraut zu machen, die weder spezielles Werkzeug noch gewisse Fertigkeiten voraussetzen. Aus diesem Grund ist auch Klaus Ackermann mit seinem zwei Jahre alten Zweirad von Oberdorfelden nach Kilianstädten geradelt und hat sich für den Termin angemeldet. Er fährt sehr regelmäßig mit dem Rad, »im Durchschnitt 20 Kilometer am Tag« und ist auch ständiger Teilnehmer bei der Aktion »Stadtradeln«. Nun nutzt er die Gelegenheit, um mit Werner Fröhlich an der Seite die wichtigsten Komponenten des Drahtesels zu überprüfen.
»Wir haben die Bremsen und die Beleuchtung getestet, die Reifen überprüft, den Rahmen auf Risse untersucht, die Ritzel und die Kette gereinigt und geölt, die Schaltung eingestellt und eine Endabnahme gemacht«, zählte Ackermann auf. »Jetzt ist mein Fahrrad wieder fit für Frühling und Sommer«.
Ein neues Mitglied in der Mannschaft der Fahrradwerkstatt, organisatorisch angegliedert an das Repair-Café der Gemeinde und somit rechtlich und versicherungstechnisch im grünen Bereich, ist Sascha aus der Ukraine, der beim Samstagstermin den künftigen Kollegen über die Schulter geschaut hat. »Wir verstehen die Fahrradwerkstatt gerade für geflüchtete Menschen auch als Integrationshilfe und geben ihnen bei uns die Möglichkeit, sich handwerklich zu betätigen«, weist Fröhlich auf einen nicht zu vernachlässigenden weiteren Aspekt der Arbeit hin. »Und wir freuen uns natürlich über jeden, der bei uns mitmachen will, denn Arbeit gibt es immer«, betonte der 81-Jährige.
Bei der Gemeindeverwaltung koordiniert Ralf Ottenheim (06187 9562401) die Arbeit von Repair-Café und Fahrradwerkstatt. Von Thomas Seifert

Nächster Termin
Das Team der Fahrradwerkstatt steht am Samstag, 6. Mai, ab 10 Uhr am Kilianstädter Rathaus, Herrnhofstr. 8, allen Fahrradinteressierten wieder mit Rat und Tat zur Verfügung. Notwendig ist nur eine Voranmeldung unter Tel. 9562-401, E-Mail: r.otten heim@schoeneck.de (zlp)