So wünschen wir uns den Frühlingsbeginn: Ein laues Lüftchen weht, die Vögel zwitschern, Spaziergänger verweilen zum Gespräch und auf den Spielplätzen toben fröhliche Kinder. In diesem Jahr lachte am 21. März die Sonne. Aber es war auch kalt, morgens sogar bitterkalt.
Mit dem Frühlingsanfang möchte ich das Osterfest vergleichen: Oft wünschen wir uns, dass die Freude über die Auferstehung Jesu, dass Gottes Sieg über den Tod sich machtvoll die Bahn bricht und dass damit unser Leid und alle Traurigkeit ein für alle Mal ein Ende haben. Aber so leicht ist es nicht.
Ostern ist ohne die Passionszeit nicht zu haben. Ohne durch Kälte, Ungerechtigkeit und Leid hindurchzugehen, können Menschen ihr Leben nicht durchschreiten. Alle Menschen und Tiere machen die Erfahrung, dass dunkle und schwere Stunden zu ihrem Leben dazugehören.
Jesu Leben endete mit seinem schmerzhaften Tod, als er von den römischen Besatzern am Kreuz hingerichtet wurde. Hinter ihm lag sein schwerer Weg zum Kreuz: die Verzweiflung darüber, dass all seine Anhängerinnen und Anhänger ihn allein gelassen hatten, das tiefe Gefühl der Gottverlassenheit und grausame Schmerzen. Durch dunkle Stunden hindurch musste Jesus seinen Lebensweg zu Ende gehen.
Seitdem ist Gott menschliches Leiden nicht mehr fern, sondern es ist ihm ganz nahe gekommen. Unser christlicher Gott ist bei uns in unserem Leiden, weil er selbst tiefes Leid erfahren hat. Er thront nicht unberührt hoch oben in den Wolken, sondern ist der Christus, der uns zur Seite steht.
Die Passionszeit mit ihren traurigen, schwermütigen Liedern scheint so gar nicht zum Frühlingsbeginn in den Gärten, Parks und Wäldern zu passen. Aber wenn wir genau hinschauen, ist auch dort nicht nur beginnendes Leben zu finden, sondern immer auch sterbendes Leben zu sehen: kranke Tiere, absterbende Pflanzen. Der Durchbruch wachsenden Lebens ist nie ohne den Verlust von Leben zu haben.
Wir segeln nicht unverletzt, glanzvoll und gänzlich erfolgreich durchs Leben hindurch und lassen alle Mühe und Verletzungen an uns abprallen wie eine strahlend weiße Mittelmeerjacht. Strahlend weiß ist kein menschliches Leben – und das Dasein einer Mittelmeerjacht auch nicht, wenn sie älter wird und so manchen Sturm überstanden hat.
Jesu Lebensgeschichte ist nicht nur in frohen Liedern zu besingen, sondern geht durch Tiefen hindurch bis zum Sieg des Lebens in der Auferstehung.
Ostern ist ohne die Passionszeit nicht zu haben. Und die Passionszeit läuft immer auf Ostern zu. Ostern gehört zu jedem Frühling. Deshalb können wir uns am Frühling, am Wiedererwachen der Natur, am Aufblühen neuen Lebens freuen – Gott sei dank dafür!
Pfarrerin Dr. Irene Dannemann,
Ev. Heilig-Geist-Gemeinde
Bad Vilbel – Heilsberg