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„Glänzende“ Fehleinschätzung

Führung über das zwischen Bergen und Vilbel gelegene historische Schlachtfeld von 1759 auf dem 6000 Soldaten starben

Die Schlacht von Bergen am Karfreitag des 13. April 1759 im Siebenjährigen Krieg ging als „Blutiger Karfreitag“ in die Geschichtsbücher ein. An das Gemetzel vor 257 Jahren auf der Berger Höhe und im angrenzenden Vilbeler Wald zwischen den preußisch alliierten und französischen Truppen erinnert Stadtführer Eckhardt Riescher in historischem Kostüm als „Schultheiß“ an den originalen Schauplätzen der Schlacht.

Bad Vilbel. Die Schlacht im Jahre 1759 geht für die preußischen Alliierten verloren. Nach Friedrich dem Großen, dem „Alten Fritz“ und preußischem König, ist sie jedoch nur „eine Lappalie“ auf dem Schachbrett der europäischen Geschichte und des Aufstiegs Preußens. Binnen eines Tages sind über 6 500 Tote und Verletzte sowie zirka 900 verendete Pferde auf beiden Seiten der Kriegsparteien auf der Berger Höhe zu beklagen.

Den Alliierten stehen damals mit 25 000 preußischen, hannoveranischen, braunschweigischen und hessischen sowie englischen Soldaten unter der Führung des Herzogs Ferdinand von Braunschweig den 35 000 Soldaten des französischen Marschalls und Herzog Victor-François de Broglie gegenüber. Das militärische Ziel der Alliierten ist, das von den Franzosen am Neujahrstag 1759 besetzte Frankfurt als freie Reichsstadt einzunehmen. Doch der Aufmarsch endet in einem blutigen Desaster.

Wenn auch die Frankfurter in zwiespältiger Loyalität zum deutschen Kaisertum die französische Besatzung hinnehmen, bringen diese doch auch moderne Vorteile, unter anderem eine Straßenbeleuchtung ein, so ist doch eine schweigende Mehrheit preußisch gesinnt. Grund für die Franzosen, sich in der wirtschaftlich und strategisch wichtigen Stadt am Main als europäischer Messe- und Finanzplatz gegenüber dem preußischen Machtstreben festzusetzen.

Wechselnde Fronten

Die Kampfhandlungen beginnen damals mit Scharmützeln im Morgengrauen. Vom osthessischen Fulda über Windecken rücken die Alliierten unter dem Herzog von Braunschweig an. Der Sturmangriff wird gegen 9.45 Uhr befohlen, erläutert Riescher. Bergen soll in Brand geschossen werden.

Es kommt zu ersten schweren Kämpfen, die sich im Laufe des Tages bei wechselnden Fronten zu einem brutalen Gemetzel entwickeln. Gegen Mittag zeigen sich erste Auflösungen und Fluchten bei den Alliierten, schildert Riescher die Lage: „Wo die Schlacht bei dem Einen schon zu Ende war, kamen die Letzteren mit schweren Waffen zu spät ins Feld, eine militärische Glanzleistung an Fehleinschätzungen.“

Diese Fehleinschätzungen seitens der preußisch Alliierten und mangelnde Informationen über die tatsächliche Strategie der Franzosen führen schließlich zur Niederlage der alliierten Truppen, die teilweise in zermürbenden Eilmärschen und strategisch konzeptionslos ins Feld geschickt werden. Anders die Franzosen: Sie sind auf die Schlacht vorbereitet und haben die Berger Höhe als freies Schussfeld zuvor gerodet und außerdem sichere Stellungen bezogen.

Ihre Stellungen sind nicht einzunehmen. Nach drei vergeblichen Vorstößen befiehlt der Herzog von Braunschweig mit dem Verlust von mehr als 2 400 Mann in der Nacht den Rückzug seiner Truppen. Unter den Toten ist auch der hessische General Johann Casimir von Isenburg. Aber der Sieg der Franzosen fordert ebenfalls einen hohen Blutzoll. Etwa 4 000 französische Soldaten verloren ihr Leben. Die Stadt Frankfurt wird zu einem Massen-Lazarett. „Zum Schluss war es ein grausamer Kampf Mann gegen Mann im Vilbeler Wald“, schildert Riescher die Kampfhandlungen. Der Kanonendonner soll von der Berger Höhe weit ins Land gegangen und noch in Friedberg, in Hanau und gar noch in Gelnhausen zu hören gewesen sein.

„Schlachtenbummler“

Das entscheidende Aufeinandertreffen auf der Berger Höhe sei aber zugleich auch ein Ereignis gewesen, das viele Zuschauer als „Schlachtenbummler“ angelockt habe, schildert Riescher. Die getöteten oder im Schlachtfeld zurückgelassenen und noch sterbenden Soldaten werden nachts ausgeraubt. Wertsachen, womöglich noch Waffen aber auch Stiefel und Bekleidung wechseln über Nacht als „Kriegsbeute“ ihre Besitzer. So werden auch viele nackte Soldatenleichen im Vilbeler Wald vorgefunden und begraben.

Vilbel und Bergen bleiben im wesentlichen von den Kämpfen verschont. Brandschatzungen und Zerstörungen der Dörfer bleiben aus, wenn auch die siegreichen Franzosen sich im Siegesrausch durch Plünderungen hervortun. Die Vilbeler Kirchenbücher verzeichnen laut dem Heimatforscher Willi Giegerich für das Jahr 1759 allein 70 Todesfälle mehr als in den Jahren zuvor. Ein Flurstück im Vilbeler Wald wird 1793 als „Totenfeldwiese“ benannt, deren zahlreiche Grabhügel noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts sichtbar gewesen sein sollen.

Heimatblätter


Mehr Informationen über den „Blutigen Karfreitag“ bei der Schlacht bei Bergen und Vilbel gibt es in der Dokumentation von Ingo Beringer im Band 52 der Bad Vilbeler Heimatblätter als Taschenbuch, ISBN-Nr. 978-3-000-27397-1 (sng)