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Gottes Einladung an alle

Der neue Zugang zur Dortelweiler Kirche ist nun barrierefrei und wie eine Straße angelegt, die zur Kirche im Ortskern hinführt. Nach langer Planung und dem Baustart im Frühjahr dieses Jahres ist das Bauprojekt nun abgeschlossen. Foto: Lori
Der neue Zugang zur Dortelweiler Kirche ist nun barrierefrei und wie eine Straße angelegt, die zur Kirche im Ortskern hinführt. Nach langer Planung und dem Baustart im Frühjahr dieses Jahres ist das Bauprojekt nun abgeschlossen. Foto: Lori

Bad Vilbel. Der Wunsch, die evangelische Kirche Dortelweil über einen barrierefreien Zugang zu erreichen, war bei der Gemeinde schon viele Jahre vorhanden. Kürzlich ist es so weit gewesen: Der barrierefreie Zugang zur Kirche ist mit einem Festgottesdienst und einem Empfang eingeweiht worden.
Kirchen prägen seit Jahrhunderten das Bild von Städten und Dörfern. »Sie sind steingewordene Zeugnisse des christlichen Glaubens. Die Geschichte der Dortelweiler Kirche umfasst annähernd ein Jahrtausend. Bis heute ist sie das geistliche Zentrum des Gemeindelebens«, sagte Pfarrer Johannes Misterek.
Für viele Menschen habe der Versammlungsort eine emotionale Bedeutung, etwa bei Taufen und Trauungen. 2017, nachdem Misterek seinen Dienst in der Kirche aufgenommen hatte, bekam er immer wieder zu hören, dass viele Menschen gerne in den Gottesdienst kommen würden, aber wegen der Treppe nicht kommen könnten.
Viele Barrieren seien im Vorfeld zu überwinden gewesen. Der neue Kirchenzugang sei nun Gottes steingewordene Einladung an alle, besonders an die Schwächsten, die Kirche zu besuchen. Jedem sei es nun möglich, zu singen und zu beten, die biblischen Lesungen und die Predigt zu hören oder das Abendmahl zu feiern.
Vereinbarung
mit der Stadt

Im Januar 2018 wurde zwischen dem Liegenschaftsausschuss, dem damals zuständigen Baureferenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Joachim Sykala, und der Architektin Tine Göllner besprochen, dass die Maßnahme erst im Jahr 2019 nach der Pfarrhaussanierung möglich sei.
Wie Göllner erläuterte, war die Kirche bislang über eine kleine Außentreppe zugänglich. Problematisch sei dieser Zugang jedoch für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Kinderwagen gewesen, weshalb über eine Rampe nachgedacht wurde. Die Ausführung einer barrierefreien Rampenanlage mit entsprechender Steigung und Länge sowie mit einem Ruhepodest dazwischen war vom Eingang bis zur Grenze des Kirchengeländes nicht herzustellen.
»Deshalb wurde der Zugang mehr in die Straße hineinverlegt, in Absprache mit der Stadt«, sagte Göllner.
Die Nutzungsvereinbarung mit der Stadt über knapp 15 Quadratmeter als Wegfläche für den barrierefreien Zugang wurde geschlossen und diese Fläche angepachtet. Die Rampe selbst wurde als Ellipse ausgeführt und links und rechts in den Berg, vergleichbar einem Kuchenstück eingeschnitten. Die Mauern umschließen das Gelände. »In der Mitte ist die Fläche ausgeweitet, sodass ein kleiner Platz entsteht«, fügte Göllner hinzu. Die Mäuerchen mit unterschiedlichen Höhen und einer Abschlussplatte aus Beton laden nun zum Verweilen ein. Die Mauern sind beleuchtet und symbolisieren offene Arme, die den Besucher zur Kirche leiten. »Hier wird deutlich, dass Architektur funktioniert und alltagstauglich sein muss«, sagte Göllner.
Ein Ort
der Versammlung

Die ehemalige Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Manuela Friedländer, erinnerte daran, dass der Bauantrag im September 2020 genehmigt wurde. Die Corona-Pandemie, der Renteneintritt des zuständigen Baureferenten und die lange vakante Neubesetzung der Stelle hätten zur Verzögerung geführt. Mit Einführung des neuen Kirchenvorstands im September 2021 übernahm Thomas Weber den Vorsitz. Am 15. März diesen Jahres erfolgte laut Weber dann der Spatenstich.
Tobias Utter, Präses des evangelischen Dekanats Wetterau, machte deutlich, dass der barrierefreie Zugang zur Kirche sehr wichtig ist. Er erinnerte an eine Geschichte, wo ein Kranker durch ein Loch im Dach Zugang zu Jesus gefunden hat, der ihn heilte. »Der historische Grund ist ein Ort der Versammlung in Dortelweil, doch die Menschen müssen auch abgeholt und eingeladen werden«, sagte Utter.
Bürgermeister Sebastian Wysocki (CDU) bedankte sich für das gute Miteinander zwischen der Kirche und den weltlichen Gemeinden. »Der neue Zugang ist ein bisschen ein Symbol dafür, wo sich Himmel und Erde berühren«, sagte er. Ortsvorsteher Herbert Anders betonte, dass Barrierefreiheit ein Menschenrecht sei. Denn immer dann, wenn Menschen auf Barrieren stießen, bliebe ihnen ein selbst bestimmtes Leben verwehrt. In Dortelweil werde nun allen Menschen der Zugang zur Kirche ermöglicht. Von Georgia Lori