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Heilsberger leben in Angst-Bad Vilbeler Anzeiger berichtete: SPD und Anwohner klagen über Jugend-Cliquen, die im Viertel ihr Unwesen treiben

Bad Vilbel. Es sind verschiedenste Vorkommnisse, die eine Heilsbergerin mit Sorgen erfüllen. Ihren Namen möchte sie beim Ortstermin nicht nennen, denn ihre Tochter kenne einige der Jugendlichen und fürchte negative Reaktionen.

Mal werde eine Feuerwerksrakete auf ein Toilettenhäuschen geworfen, mal sei es eine so heftige Schneeball-Attacke, dass ihre Tochter und andere Sternsinger ihre Tour über den Heilsberg hätten abbrechen müssen. Und dann sei da noch das Auto, das auf die Straße geschoben worden sei. Der neueste Dreh: Jugendliche klingelten in den Hochhäusern bei Senioren und behaupteten, sie müssten sofort 200 Euro für ein nicht abgeholtes Päckchen bezahlen.

Ob es immer dieselbe Gruppe ist – die Frau weiß es nicht. Sie hat jedoch eine Clique zwölf- bis dreizehnjähriger Kinder beobachtet und deren Eltern angesprochen. Die Resonanz sei: „Sie machen doch nichts“ und „Mein Sohn war nur mitgegangen“. In der Clique seien auch Mädchen, die „zeigen wollen, wie stark sie sind“.

Inzwischen hat sich die Heilsberger SPD des Themas angenommen. Besorgt reagiere sie auf „die steigende Jugendkriminalität im Stadtteil“, betont Ortsvorsitzender Christian Kühl. Anwohner berichteten, eine Jugendgang werfe auch Steine gegen Häuser und Fenster, Senioren würden beschimpft, Autos auf die Straße geschoben.

„Viele Ältere sind verängstigt“, wird Yvonne Ledwa zitiert, die Betreiberin des Edeka-Marktes in der Otto-Fricke-Straße. Nach Auskunft der Geschäftsfrau seien es etwa 15 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 15 Jahren, die seit Wochen die Gegend unsicher machten, schreiben die Genossen: „Sie erschrecken vor allem ältere Leute, beschimpfen sie mit obszönen Ausdrücken“. Im Supermarkt hinterließen die jungen Leute öfter Chaos. „Hinauswerfen nutzt kaum etwas, sie sind in ein paar Minuten wieder da“, zitieren sie die Kauffrau.

Polizeihauptkommissar Bernd Kalbhenn, der zum Ortstermin hinzugekommen ist, waren diese Vorfälle bisher unbekannt. Die Brandstiftungsserie von 2010 sei aufgeklärt. Lediglich von Schneeballwürfen sei ihm berichtet worden. Warum die Vorfälle aber niemand gemeldet habe, will er wissen. Ein weiterer Anwohner, auch er zieht Anonymität vor, zitiert Betroffene: „Wozu denn, die machen sowieso nichts“, laute die resignative Antwort.

Bei dem Treffen am Edeka-Markt berichtet Ledwa, es gebe eine Gruppe von zehn bis 15 Jugendlichen, im Alter von zehn bis 15 Jahren, die in wechselnder Besetzung auftauchten, wenn es dunkel werde, so ab 17 Uhr. Sie würfen Schneebälle, schrien so laut herum, „dass sich die Kunden erschrecken“. Das gehe schon Monate so, sagt Ledwa – und fügt hinzu: „Das sind Kinder!“

Genau das besorgt die Mutter der Sternsingerin: „Was machen die mal, wenn sie älter sind?“ Und sie fragt sich, was Zehn- oder Zwölfjährige um 20 Uhr noch auf der Straße zu suchen hätten. Ihm sei von zwei Cliquen berichtet worden, sagt Hans-Joachim Brings in Vertretung des Heilsberger SPD-Chefs Christian Kühl. Die einen seien zehn bis 15 Jahre alt, Deutsche „aus gutbetuchten Elternhäusern“. Eine zweite Gruppe, die die Besitzerin des Zeitschriftenladens „Happy Shop“ bedroht habe, habe Migrationshintergrund.

Kalbhenn macht sich Notizen. Es müsse geklärt werden, ob es sich um strafbare Handlungen oder „nur“ um Jugendstreiche handele. PHK Kalbhenn sagt aber auch, dass Werte wie Anstand und Respekt oft fehlten, Aggressivität und Anonymität zunehme. Er bittet die Anwohner, Verdächtiges sofort zu melden: „Wir sind auf Mithilfe angewiesen“. Einfach mehr Streifen loszuschicken, sei keine Lösung: „Wir sind ja kein Polizeistaat“.