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Ich lasse mich typisieren

Das Schicksal von Till März (27) hat auch ZLP-Mitarbeiterin Jana Kötter (25) die Augen geöffnet - und so lässt sie sich zusammen mit zahlreichen anderen bei der großen DKMS-Aktion typisieren. Helferin Carmen Scharff nimmt ihr dazu Blut ab. Foto: Kötter
Das Schicksal von Till März (27) hat auch ZLP-Mitarbeiterin Jana Kötter (25) die Augen geöffnet - und so lässt sie sich zusammen mit zahlreichen anderen bei der großen DKMS-Aktion typisieren. Helferin Carmen Scharff nimmt ihr dazu Blut ab. Foto: Kötter

Till März aus Niederdorfelden ist schwer krank. Er braucht dringend eine Stammzellenspende, um weiter leben zu können. Seine Familie und die DKMS Deutsche Knochen- markspenderdatei haben zur großen Typisierungs-Aktion nach Schöneck geladen. Auch FNP-Mitarbeiterin Jana Kötter (25) ist dem Aufruf gefolgt und hat sich typilassen. sieren

Schöneck. Es ist ungewöhnlich viel los in Oberdorfelden an diesem Sonntagmorgen. An der Hauptstraße parkt ein Auto am anderen, vor der Nidderhalle hat sich ein kleiner Stau gebildet. „Hier ist die Hölle los“, sagt ein Feuerwehrmann zu seinem Kollegen. Und verweist den nächsten Autofahrer auf den Shuttlebus aus Kilianstädten.

Dass so viel los ist, lässt meine Nervosität steigen. Ich werde mich typisieren lassen. Für Till März (27), den Schönecker, der an Blutkrebs erkrankt ist. Aber auch für all die anderen Patienten weltweit, die zum Überleben eine Stammzellenspende benötigen. 3,8 Millionen Menschen sind bereits in der Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) erfasst – und auch ich will mich in die Datenbank eintragen lassen.

Die Hoffnung bleibt

Dass dem Aufruf zur Typisierung viele Menschen nachkommen würden, damit hat Tills Mutter bereits gerechnet. „Wir hoffen, dass sich 1000 Leute typisieren lassen“, sagt Christel Bleckwehl-März. „Aber letztlich kann man im Voraus nicht berechnen, wie viele tatsächlich kommen werden. Wir können nur hoffen.“ Hoffen – das ist es, was die Familie seit der Diagnose Tills wohl am meisten tut. Der 27-Jährige braucht dringend eine Stammzellenspende, und damit ist er keinesfalls alleine. Alle 16 Minuten erhält in Deutschland ein Patient die Diagnose Blutkrebs.

Der Beginn meiner Typisierung ist bürokratischer als erwartet. Name, Kontaktdaten, aber auch Größe, Gewicht und Alter werden gemeinsam mit einem freiwilligen Helfer erfasst. Besiegelt wird meine Bereitschaft mit meiner Unterschrift. Die Freundin von Tills Cousine geht den Bogen mit mir durch. „Nur keine Eile, lies dir alles in Ruhe durch“, sagt die 20-Jährige mit einem Lächeln. Sie heißt Jasmin Glück. Ihr Name ist bezeichnend für die Aktion. Denn um den einen geeigneten Spender zu finden, braucht es wahrlich großes Glück.

Insgesamt sind über 9100 verschiedene Gewebemerkmale bekannt, die in Abermillionen Kombinationen auftreten können – für eine Stammzellenspende jedoch müssen die Merkmale des Patienten genau mit denen des Spenders übereinstimmen.

Auf meinem Weg in die Datei heißt der nächste Schritt „Zwischenkontrolle“. Schönecks Gemeindebrandinspektor Thomas Walter nimmt mein noch leeres Röhrchen entgegen, auf dem eine Nummer klebt, die es ermöglicht, meine Spende zwar anonym auszuwerten, später jedoch zuzuordnen. Konzentriert gleicht Walter die Zahlencodes ab. Und winkt mich durch zur Blutentnahme.

Nur fünf Milliliter Blut reichen, um meine Gewebemerkmale zu bestimmen. Zeigen diese eine Übereinstimmung mit denen eines Patienten, folgen weitere Tests. Zur Stammzellenspende gibt es zwei Verfahren: die periphere Entnahme, die in 80 Prozent aller Fälle durchgeführt wird und bei der die Zellen direkt aus dem Blut entnommen werden, und die Entnahme aus dem Knochenmark.

Die Blutentnahme zur Typisierung ist im Normalfall ein kleiner Pieks. In meinem Fall hat es Carmen Scharff etwas schwerer: Erst beim zweiten Versuch entlockt die Arztherlferin meinem Körper die Probe, gemeinsam können wir über den ersten Fehlversuch lachen. Die Stimmung in der Halle ist entspannt, die Helfer fröhlich.

Fast 200 von ihnen sind vor Ort: Feuerwehrmänner, Arzthelferinnen, Tills Familie, Freunde, Bekannte. So traurig der Anlass ist, der hinter dieser Aktion steht, so groß ist die Hoffnung, hier jemanden zu finden, der helfen kann. „Es geht dabei ja nicht nur um Till allein“, sagt seine Mutter. „Es ist uns auch ein Anliegen für all die anderen Kranken.“ In einigen Wochen erhalten die Spender Post von der DKMS – zunächst einmal, dass sie registriert sind. Irgendwann vielleicht auch, weil ihre Stammzellen die richtigen sein könnten.