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In würdigem Andenken!

Der Entwurf des Frankfurter Bildhauers Paul Seiler (1873 – 1934) gewann im Wettbewerb gegen vier weitere Vorschläge. Das Denkmal im Bad Vilbeler Kurpark wurde am 21. und 22. Juli 1934 mit einem aufwendigen Fest eingeweiht, finanziert wurde es weitgehend über private Spenden. Foto: Deul
Der Entwurf des Frankfurter Bildhauers Paul Seiler (1873 – 1934) gewann im Wettbewerb gegen vier weitere Vorschläge. Das Denkmal im Bad Vilbeler Kurpark wurde am 21. und 22. Juli 1934 mit einem aufwendigen Fest eingeweiht, finanziert wurde es weitgehend über private Spenden. Foto: Deul

In einem sehr schlechten Zustand befinde sich das Kriegerdenkmal im Kurpark, monierte kürzlich ein Besucher in Bad Vilbel und mahnte eine würdevollere Erinnerungskultur an. Das hat auch die Stadt vor, und zwar mit einer Info-Tafel, denn das Denkmal ist nicht unumstritten.

Bad Vilbel. „Vor einigen Tagen unternahmen wir einen Ausflug nach Bad Vilbel und besuchten auch den Kurpark“, schriebt Hans Günter Thorwarth aus Dreieich. Dort fiel ihm das Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges auf. „Wenn auch die abgebildeten marschierenden Soldaten und die Inschrift nicht mehr in unsere Zeit und Gedenkkultur passen, so ist es doch ein Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges und sollte als Zeitdenkmal erhalten werden“, merkt Thorwarth an.

Ihn habe der aktuelle Zustand des Denkmals erschüttert: „Die Namenstafeln der gefallenen und vermissten Soldaten befinden sich in einem sehr schlechten Zustand und sind kaum noch lesbar. Eine Platte wurde ersatzlos herausgerissen und bietet ein hässliches Bild. Die halbrunde Mauer ist sehr marode und durch Efeu fast zugewachsen. Durch die Eibenbüsche kann man kaum noch erkennen, dass es sich um ein Ehrenmal handelt. Das Schlimmste aber ist, dass der Platz anscheinend als öffentliche Toilette genutzt wird und eher einem Hundeklo ähnelt als einem Ehrenmal.“

Gerade im 100. Gedenkjahr zum Beginn des Ersten Weltkrieges müsse die Stadt etwas angemessener mit dem Gedenken an ihre Gefallenen umgehen, mahnt Thorwarth: „Dass es auch anders und besser geht, sahen wir auf dem nahe gelegenen Friedhof Ihrer Stadt. Diese Anlage kann man nur als vorbildlich bezeichnen.“ Ein gutes Beispiel sei das Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges aus Kelsterbach an der Mainuferstraße anzusehen, wo man an ein 1938 eingeweihtes „Heldendenkmal“ eine Informationstafel angebracht habe, „die den Bürger über die Zusammenhänge informiert.“

Genau das plant auch die Stadt, allerdings nach langem Vorlauf. Einstimmig hatte das Parlament bereits im September 2007 beschlossen, eine Informationstafel an dem Denkmal aufzustellen. Beantragt hatten dies die Grünen mit der Begründung: „Hier könnte die Wandlung Deutschlands von einem kriegstreibenden Staat hin zum Motor der europäischen Einigung erläutert werden.“ Dafür vorgesehen ist der Platz in der Mitte der halbrunden Mauer, an der Stelle der entfernten Widmungstafel.

Nach dem Ende des tragischen Ersten Weltkriegs sei in Vilbel von Teilen der Bevölkerung der Wunsch nach einem Denkmal für die gefallenen Soldaten geäußert worden, das dem Ehrenmal für die Gefallenen von 1870/71 am Südbahnhof entsprechen solle, erläutert Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann, der auch Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins ist. Zum Text der Info-Tafel wollte er vor der offiziellen Einweihung nichts sagen. Er erläutert jedoch die Vorgeschichte des Denkmals: „Die Idee kam maßgeblich aus dem national gesinnten politischen Lager, wurde hauptverantwortlich vom Kriegerverein, einer Veteranenorganisation, getragen, politisch aber abgelehnt.“Eine politische Mehrheit habe sich erst nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Vilbel 1933 gefunden.

Der neu eingesetzte Bürgermeister Joseph Seitz und der Vorsitzende des Kriegervereins Wilhelm Beuler setzten das Projekt durch. Der Entwurf des Frankfurter Bildhauers Paul Seiler gewann gegen vier weitere Vorschläge. Das Denkmal wurde am 21. und 22. Juli 1934 mit einem aufwendigen Fest eingeweiht, finanziert wurde es weitgehend über private Spenden. Seilers Entwurf kombiniere Elemente klassischer antiker Bauformen mit regionalen Materialien, so Kunzmann. Für Mauerflächen sowie für den Plattenboden um die Stele wurden Vilbeler Bruchstein und Taunusschiefer verwendet. Damit seien Erdverbundenheit und Heimattreue zum Ausdruck gebracht worden. Im Zentrum der Anlage befindet sich die zwölf Meter hohe Stele mit rechteckigem Grundriss. Mit dem aufgesetzten „Eisernen Kreuz“ auf einer Kugel ist sowohl das militärische Ehrenzeichen als auch christliche Symbolik verbunden. Die zwei Relieftafeln auf den Längsseiten der Stele zeigen jeweils drei marschierende Soldaten in Uniform und Waffen. Ihre Ausrichtung nach Westen vermittele eine doppelte Bedeutung, so Kunzmann: „Einerseits sind fast alle Vilbeler Gefallenen an der Westfront ums Leben gekommen. Und andererseits drücken diese sechs Soldaten eine unverhohlene Drohung gegen Frankreich aus“. Auf der Frontseite der Stele steht die Widmung an die Gefallenen: „Den gefallenen Helden Ehre und Dank“, mit einem übergroßen „H" und somit einer besonderen Betonung der „Helden“. Auf der Rückseite des Denkmals steht zu lesen: „Die Stadt Vilbel ihren gefallenen Söhnen“.

In dieser heroisierenden Darstellung werde aber dem Elend des Krieges, dem Leiden der Soldaten und der Trauer der Hinterbliebenen kein Raum gegeben. An der halbkreisförmig gemauerten Umrahmung waren ursprünglich fünf Tafeln angebracht. Die Namen der Gefallenen sind auf den vier seitlichen festgehalten. Auch ein jüdischer Gefallener ist genannt.

Auf der mittleren Tafel stand unter einem Hakenkreuz der Text: „Den von 1919 bis 1933 für Deutschlands Freiheit und Auferstehung gefallenen Helden in Ehrfurcht gewidmet“. Gemeint sind Todesopfer aus den Reihen der nationalsozialistischen Bewegung in den politischen Auseinandersetzungen und Kämpfen der Weimarer Republik. Diese Tafel sei unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entfernt worden, vermutet Kunzmann. Die Form des Halbkreises wurde in der ursprünglichen Anlage durch eine parallel zur Ummauerung verlaufende Baumreihe aufgenommen. Zwei kleinere Bruchstein-Säulen links und rechts vor der Denkmalsäule trugen eiserne Feuerschalen. Damit wurde der ganzen Anlage ein sakraler, pseudoreligiöser Charakter gegeben, betont Kunzmann. Vor der eigentlichen Anlage – in Richtung Kurhaus – entstand weiter ein mit Kies und Schlacken bestreuter, ebenfalls symmetrisch angelegter „Festplatz“.